Radweg an der Bahn:Schädliches Schnäppchen

Der in Vaterstetten an der Bahn geplante "schnelle Radweg" wird weiter geplant. Gut möglich, dass am Ende ein Irrweg herauskommt.

Kommentar von Wieland Bögel

Sollte man in Vaterstetten das Gemeindewappen großflächig auf allen Straßen anbringen? Sollten die Fußgängerampeln künftig Warteschleifenmusik spielen? Und wären die Linienbusse nicht viel gemütlicher, wäre drinnen Parkett verlegt? All diesen Vorschlägen ist gemein, dass sie zwar etwas mit Verkehr zu tun haben, aber nichts mit vernünftiger Verkehrspolitik. Gefordert hat diese Dinge bislang auch niemand - was aber vielleicht daran liegt, dass es dafür kein Fördergeld gibt. Denn dank Fördermitteln könnte in der Großgemeinde bald ein Verkehrsprojekt entstehen, das nicht nur nutzlos, sondern auch auf mehreren Ebenen schädlich ist.

Die Rede ist vom schnellen Radweg entlang der Bahn. Der ist nicht zu verwechseln mit den Schnellradwegen, einem durchaus sinnvollen Verkehrsprojekt für radelnde Pendler. Der schnelle Radweg ist dagegen eher so ein Placebo, weil es mit den Schnellradwegen nicht so schnell vorangeht, wie es sollte. Die Idee dahinter ist, vorhandene Wege neben Bahnstrecken so zu ertüchtigen, dass sie für Radel-Pendler interessant werden. Dafür gibt es Fördergeld vom Freistaat, vermutlich eingestellt in der Hoffnung, auf einige der richtigen - und sehr teuren - Radwege verzichten zu können, wenn nur genügend Wege ausgebaut würden.

Jener in Vaterstetten ist eher ein Wegerl im besten Sinn: unbefestigt und schmal, mit Büschen und Gestrüpp eingewachsen. In der immer weiter verdichteten und versiegelten Großgemeinde ist die Umgebung eines der letzten größeren Rückzugsgebiete für Insekten und Vögel, die in den aufgeräumten und oftmals geschotterten Kleingärten keine Lebensräume mehr finden. Damit könnte bald Schluss sein: Stattdessen gäbe es eine mehrere Meter breite Teerfläche, damit im Sommer die Kehrmaschine und im Winter der Schneepflug durchfahren kann. Natürlich dürfen auch Straßenlaternen nicht fehlen, allen Beteuerungen, man wolle die Lichtverschmutzung reduzieren, zum Trotz.

Dass dadurch die Situation für Radler besser wird, kann man bezweifeln - dass sie für Fußgänger schlechter wird, nicht. Denn bisher ist das Bahn-Wegerl ein - wie es in der Sprache der Verkehrsplaner heißt - "shared space" im besten Sinne: So wie er ist, zwingt der Weg die Verkehrsteilnehmer zur Vorsicht. Was, das zeigen auch Studien, auf gut ausgebauten, gut beleuchteten und geraden Straßen meist nicht der Fall ist. Ob der schnelle Radweg daher am Ende wirklich auch für Fußgänger freigegeben werden kann, muss sich zeigen. Ebenso, ob ihn die Radler auch verstärkt nutzen werden. Denn diese - auch dazu wurden schon des öfteren Studien im Gemeinderat vorgestellt - wünschen sich zwar mehr Radwege, aber entlang bestehender Straßen im Ort. Dafür wiederum könnte das Geld fehlen, baute man den schnellen Radweg an der Bahn, denn trotz Fördergeld wird die Gemeinde einiges zuzahlen müssen.

Es bleibt also ein ökologisch fragwürdiges Projekt, mit zweifelhaften Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit und mit negativen Folgen für den Radwegebau in der Gemeinde. Dass es trotzdem umgesetzt wird, ist dennoch nicht unwahrscheinlich - schließlich gibt es ja Fördergeld.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: