Süddeutsche Zeitung

Großprojekte in Vaterstetten:Ein Programm fürs Programm

Eine Reihe von teuren Vorhaben warten in Vaterstetten auf die Umsetzung. Nach den Sommerferien soll der Gemeinderat erneut über eine Priorisierung beraten.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Gemeinde Vaterstetten hat viel Großes vor - und das teilweise schon seit Jahren: Zahlreiche Projekte stehen auf der Agenda, erst im Juli ist die Geothermie als jüngstes dazugekommen. Ein Vorhaben, das ebenfalls schon mehr als zwei Jahre auf die Umsetzung wartet, soll nun aber endlich vorankommen: Die Priorisierung der Großprojekte. Eine solche hatte Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) bereits kurz nach seinem Amtsantritt im Mai 2020 angekündigt, nun hat er erklärt, dass das Thema nach der Sommerpause im Gemeinderat behandelt werden soll.

Die Liste der Vorhaben, die in Vaterstetten noch zu erledigen sind, ist traditionell lang - und wird seit Jahren immer länger. Gleich mehrere davon sind gewissermaßen in Blickweite des Rathauschefs zu finden. Da ist zum einen das Rathaus selbst, der mehr als ein halbes Jahrhundert alte Bau ist nicht nur längst zu klein für die sich seitdem einwohnermäßig verdoppelte Gemeinde, auch der Zustand lässt mitunter zu wünschen übrig. Oder, wie es der Bürgermeister selbst sagt: "Wenn es regnet, holen wir wieder die Eimer raus." Grund ist das trotz wiederholter Reparaturen undichte Dach. Auch energetisch ist die Verwaltungszentrale ziemlich ungünstig, die Heizkosten hatte schon Spitzauers Amtsvorvorgänger Robert Niedergesäß als einen Grund für einen Neubau angeführt.

Dieser war damals eingebettet in ein weiteres Großprojekt: Die Neugestaltung der Vaterstettener Ortsmitte - auch sie steht nach wie vor auf der Agenda. Seit 2003 gab es zwei Versuche, ein echtes Zentrum für Vaterstetten zu etablieren - der erste scheiterte an den knappen Finanzen der Gemeinde, der zweite an jenen des Investors. Beide Male blieb Vaterstetten auf nicht unerheblichen Planungskosten sitzen, einer Schätzung aus dem Jahr 2015 zufolge insgesamt 1,3 Millionen Euro.

Der nächste Anlauf für ein Gemeindezentrum soll kleiner ausfallen

Was nicht zuletzt an den durchaus ambitionierten Plänen lag. So war in beiden Entwürfen etwa ein großer Veranstaltungssaal vorgesehen, bei Entwurf Nummer eins auch noch ein Kino, bei Nummer zwei eine Art neuer Ortsteil inklusive Wohnbebauung und Bürogebäuden. Auf eine solche Größenordnung, so viel lässt der Bürgermeister schon durchblicken, solle bei einer Wiederaufnahme der Planung eher verzichtet werden. Zwar sei weiterhin eine Zusammenarbeit mit einem Investor denkbar, vielleicht müsse die Gemeinde dazu auch das eine oder andere Grundstück verkaufen, um das Vorhaben bezahlen zu können - aber der Umgriff dürfte wesentlich bescheidener ausfallen und auch Kino- sowie sonstige Veranstaltungssäle würden wohl nicht eingeplant.

Was zumindest indirekt mit dem zweiten Großprojekt im Blickfeld des Rathauses zusammenhängt: der Wendelsteinschule. Zwar ist der Neubau der Turnhalle - Kostenpunkt mindestens zehn Millionen Euro - seit gut einem Jahr Beschlusslage, für den Rest der Schule fehlt aber seit Jahren ein Konzept. Unbeantwortet ist auch die Frage, ob man das mittlerweile 71-jährige Schulgebäude generalsanieren oder abreißen soll - und was davon günstiger wäre.

Wer soll an der Gluckstraße bauen?

Der Abriss einer anderen Schule ist dagegen schon sicher: Die Grund- und Mittelschule ist 2019 in einen Neubau umgezogen und eigentlich sollten die alten Gebäude an der Gluckstraße längst verschwunden und das Grundstück verkauft sein. Doch weil die Grundschule mittlerweile einen Kindergarten und die Mittelschule das Jugendzentrum beherbergt, wurde daraus nichts. Außerdem gibt es noch keine Entscheidung darüber, ob die Gemeinde überhaupt verkaufen oder das Grundstück selbst entwickeln soll.

Der Bürgermeister ist ganz klar für letztere Option, genau wie bei einem seit geraumer Zeit geplanten Vorhaben im Norden Vaterstettens. Auf einem gemeindeeigenen Grundstück an der Dorfstraße sollen bis zu 130 bezahlbare Wohnungen entstehen. Spitzauer würde diese am liebsten durch die Gemeinde selbst bauen lassen, Teile des Gemeinderates und seiner eigenen Fraktion halten dies für zu teuer, immerhin geht es um mehr als 50 Millionen Euro.

2025 könnte die Geothermie ans Netz gehen

Mindestens das Eineinhalbfache könnte das im Juli beschlossene Geothermie-Projekt kosten - allerdings verteilt auf einen Zeitraum von sechs Jahren. Hierbei will die Gemeinde mit einem Investor zusammenarbeiten, idealerweise könnte in zwei Jahren die erste Bohrung und schon 2025 die Einspeisung ins Netz erfolgen.

Bereits im kommenden Jahr hätte ein anderes Vorhaben zumindest zur Hälfte fertig sein sollen: Die Umgehungsstraße für die nördlichen Ortschaften. Denn nur wenn der Abschnitt bei Parsdorf bis 2023 "unter Verkehr" ist, kann die Gemeinde einen mit dem Investor des Gewerbegebietes vereinbarten Zuschuss von 4,5 Millionen Euro einstreichen. Dass dieses Geld weg ist, wurde indes bereits im Frühjahr im Bauausschuss offen kommuniziert. Ebenso offen ist aber, ob das Straßenprojekt damit erledigt ist, aus den Fraktionen von CSU, SPD und FDP gibt es gegenteilige Meinungen - dass die Straße indes nicht ganz oben auf der Agenda steht, sehen selbst ihre größten Befürworter so.

Darüber, was wo auf der Agenda steht, müsse auf jeden Fall öffentlich beraten werden, sagt der Bürgermeister. Nach den Sommerferien soll es aber zunächst darum gehen, wie das Procedere ablaufen soll, das am Ende zur Prioritätenliste führt. Bis diese final feststeht, kann es laut Spitzauer noch etwas dauern, aber vielleicht könne man schon auf der Bürgerversammlung im Oktober etwas Neues zu den Projekten berichten.

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