Kinderbetreuung in Vaterstetten:Protest auf Wiedervorlage

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Der Fuhrpark dieser Kita in Vaterstetten muss wohl nicht groß erweitert werden - die Zahl der Kindergartenkinder soll bis 2042 annähernd gleich bleiben. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vaterstettener Eltern beschweren sich über die vielen Ausfälle in den Kitas. Die Gemeinde lädt deshalb zu einem Krisentreffen - da war doch schon mal was.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Den Kita-Eltern in der Großgemeinde stinkt es. So steht es auf dem Flyer mit dem für eine Kundgebung am 24. Mai vor dem Rathaus geworben wird. Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) hat bereits reagiert, er will sich mit Eltern und Kita-Trägern zusammensetzen und Lösungsvorschläge sammeln, wie sich die Situation in den Kitas verbessern lässt. Einige Ideen dazu gibt es auch schon - aber auch ein grundsätzliches Problem.

Dieses besteht darin, dass Vaterstetten nur indirekt an den Schwierigkeiten der Kitas etwas ändern kann, denn kommunale Kindergärten oder Krippen gibt es in der Gemeinde nicht. Vor diesem Problem stand schon Spitzauers Amtsvorgänger Georg Reitsberger (FW) im Frühsommer 2016. Da gab es nämlich schon einmal einen Hilferuf aus den Kitas. Wie auch jetzt wieder, ging es um große Fehlzeiten in den Einrichtungen, ausgelöst vor allem durch Personalmangel.

In einigen Einrichtungen endet die Betreuung schon am frühen Nachmittag

Wie sich das aktuell darstellt, beschreibt Kerstin Lottriz, Organisatorin der geplanten Demo am Rathaus. So hätten einige Kitas hätten ihre Betreuungszeiten einschränken müssen, weil Personal fehle, ist am frühen Nachmittag Schluss. Was berufstätige Eltern vor einige Probleme stellt. Ebenso, dass immer wieder Notbetrieb herrsche, wenn etwa vom ohnehin knappen Personal jemand krank wird. Was bedeutet, dass an solchen Tagen nur eine begrenzte Zahl an Plätzen verfügbar sei - wer zu spät kommt, kann gleich wieder heimgehen.

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Sehr ähnlich las sich das vor sieben Jahren, damals schrieben Kita-Eltern einen offenen Brief ans Rathaus, in dem unter anderem von Einschränkungen bei den Betreuungszeiten die Rede war, dass Eltern ihre Kinder früher abholen müssten und sogar ganze Gruppen geschlossen seien. Damals wie heute ein Kritikpunkt: Für das kommende Betreuungsjahr könnten nicht genügen Plätze in der Gemeinde verfügbar sein. Ein Vorschlag der Eltern damals war, dass die Gemeinde den Trägern finanziell unter die Arme greift, etwa durch Zuschüsse, die dann an die Beschäftigten in den Kitas in Form von Zulagen ausgezahlt werden.

Eine Idee, für die sich damals weder der Bürgermeister, noch die Gemeinderatsmitglieder erwärmen wollten. Quer durch die Fraktionen wurde auf einen Grundsatzbeschluss verwiesen, in dem sich das Gremium gegen eine Beteiligung an Personalkosten in Kitas ausgesprochen hatte - dazu zählen auch Zulagen. Zudem, so die einhellige Meinung damals, sei der Nutzen zu bezweifeln. Schließlich liege das Problem ja in einem generellen Fachkräftemangel begründet, und den werde die Gemeinde nicht beheben können.

In den Nachbargemeinden gibt es verschiedene Ideen gegen Personalmangel in Kitas

Zumindest für die Zuschuss-Frage scheint es allerdings im Gegensatz zu 2016 etwas mehr Offenheit zu geben. Etwa von Cordula Koch, Gemeinderätin der SPD und eine der drei Familienreferentinnen des Gremiums. Sie verweist darauf, dass ihre Fraktion bereits Ende der vergangenen Wahlperiode mehrere Anträge dazu gestellt hat. Etwa, dass die Gemeinde für die Kita-Angestellten die München-Zulage übernehmen soll - welche die Träger selbst nicht zahlen wollen. Auch den 2011 abgeschafften Defizit-Ausgleich bei Personalkosten der Kitas könnte die Gemeinde wieder einführen, schlägt Koch vor, allerdings gedeckelt.

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Beide Vorschläge seien "Evergreens", sagt Bürgermeister Spitzauer, generell ausschließen will er aber nichts. Es gehe zunächst darum, alle Vorschläge der Eltern und Kita-Träger zu sammeln. Diese sollen dann im Gemeinderat diskutiert werden, Beschlüsse sollen aber erst fallen, wenn erneut ein Treffen mit Eltern und Trägern stattgefunden hat. Natürlich, so der Bürgermeister, werde es zu guter Letzt auch immer ums Geld gehen: "Es hat natürlich alles finanzielle Auswirkungen."

Eine Tatsache, derer man sich bei den Eltern durchaus bewusst ist, wie Lottritz sagt, dies sei auch eine der zentralen Forderungen: "Wir wollen, dass die Gemeinde Geld in die Hand nimmt, um die Arbeitsbedingungen in den Kitas zu verbessern." Welche Maßnahmen das dann im einzelnen sein könnten, dazu sei man offen. Zulagen für Personal könnten aber schon helfen, Lottritz verweist auf Kirchseeon, dort wurde vor gut einem Jahr im Gemeinderat beschlossen, den Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen eine Großraum- und Arbeitsmarktzulage gewähren.

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Allerdings - und da ist man wieder beim Eingangsproblem - gehen die insgesamt rund 500 000 Euro nicht direkt an die Angestellten der Kitas, sondern an die Träger - ob diese das Geld dann an ihre Leute weiterreichen, darauf hat die Gemeinde keinen Einfluss. Cordula Koch bringt darum eine weitere Idee ins Spiel: einen Fördertopf für Qualifizierungsmaßnahmen in den Kitas im Gemeindegebiet. Im März hatte Poing einen solchen eingeführt, für heuer stehen dazu 100 000 Euro zur Verfügung. In den Vorberatungen war in der Nachbargemeinde auch über Zulagen diskutiert worden, wie sie nun auch in Vaterstetten im Gespräch sind - die größeren Träger hatten sich indes dagegen ausgesprochen.

Die Qualifizierungsförderung nennt auch Spitzauer als eine Möglichkeit zur Verbesserung der Kita-Situation, allerdings - da sind sich Spitzauer und Koch einig - sei dies eine eher langfristige Maßnahme. Und auch eine Gehaltszulage, sollte sie denn beschlossen werden, dürfte wohl an den akuten Probleme der Kitas erst einmal wenig ändern.

Vor sieben Jahren stand am Ende der Beratungen eine lange Liste an Vorschlägen, etwa Platzsharing, Personalgewinnung in Sozialen Medien, Anwerbung ausländischer Fachkräfte oder auch eine Fachakademie zur Ausbildung weiterer Erzieherinnen und Erzieher. Umgesetzt wurde allerdings vor allem eine Maßnahme: Im neuen Wohnhaus auf dem Gelände der ehemaligen Baldhamer Brennerei entstanden günstige Wohnungen für Kita-Personal. Ob dies oder eine allgemein verbesserte Gesamtsituation am Arbeitsmarkt dafür verantwortlich war, lässt sich wohl nicht mit letzter Sicherheit sagen - aber zum 2017 startenden Betreuungsjahr bekamen alle angemeldeten Kinder einen Kitaplatz.

Die Demonstration "Uns stinkts! Unsere Kinder brauchen Betreuung" für bessere Betreuung in den Vaterstettener Kitas beginnt am Mittwoch, 24. Mai, um 18 Uhr vor dem Rathaus in der Wendelsteinstraße.

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