Katastrophenschutz:Im Notfall mit dem Radl nach Ebersberg

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Im Parsdorfer Feuerwehrhaus steht das bislang einzige Notstromaggregat der Gemeinde Vaterstetten, nun soll ein weiteres gekauft werden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Vaterstetten wird der Katastrophenschutzplan vorgestellt. Der fällt sehr ausführlich aus, was auch an einer Besonderheit der Gemeinde liegt.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Anschaffungen der öffentlichen Hand, die niemand braucht, sind normalerweise ein Ärgernis, über das in so manchem Gremium ausgiebig diskutiert wird. Nun wurde in Vaterstetten ebenfalls über Anschaffungen geredet, die vielleicht nie im Einsatz sein werden - allerdings soll das so sein. Es ging um den Katastrophenschutz und was die Gemeinde dafür tun und welche Ausrüstung sie beschaffen muss, eben in der Hoffnung, dass man sie nie brauchen wird.

Die nun vorgestellten Maßnahmen haben den Schwerpunkt Stromausfall, erläuterte Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU). Konkret gehe es darum, handlungsfähig zu bleiben, auch wenn die Elektrizität für längere Zeit nicht zur Verfügung stehe. Hier werde man die Voraussetzungen schaffen, selbst Strom zu produzieren, weshalb man ein weiteres großes Notstromaggregat beschaffen wolle. Eines besitzt die Gemeinde bereits, es steht bei der Feuerwehr in Parsdorf.

Nun soll ein weiteres bei der Neufarner Feuerwehr eingestellt werden, so der Bürgermeister. Dieses ist dafür gedacht, im Notfall das Rathaus mit Strom zu versorgen. Rund 100 000 Euro würde das auf einen Anhänger montierte Aggregat kosten - der Finanzausschuss bewilligte die Summe nun ohne Gegenstimmen.

Bei längerem Stromausfall sollen das Rathaus und die Brunnenschule Anlaufstationen werden

Ein elektrifiziertes Rathaus ist eines der Kernpunkte des Vaterstettener Katastrophenschutzplans. Dort soll eine Anlaufstation, ein sogenannter Leuchtturm, eingerichtet werden, ein weiterer wäre die Brunnenschule in Baldham. In diesen Leuchttürmen würden dann beispielsweise Notrufe angenommen und weitergeleitet, wenn bei Stromausfall das Telefonnetz nicht mehr funktioniert. Auch eine Art Lazarett soll dort eingerichtet werden, die Ersthelfer wären dort stationiert und es würden allgemeine Hilfeleistungen angeboten, etwa wenn jemand auf Medikamente angewiesen ist, die gekühlt zu lagern sind. Bei längeren Notlagen sollen in den Anlaufstellen auch Hilfsgüter gesammelt werden. Zusätzlich würden sämtliche Feuerwehrhäuser in den Ortschaften zu Notruf-Annahmestellen.

Auch in der Grund- und Mittelschule soll eine Notbetreuungsstelle eingerichtet werden, die allerdings ohne Notstromaggregat auskommen muss. Dafür gebe es in dem Gebäude einige Dinge, aufgrund derer es für eine Anlaufstelle geeignet sei, so Spitzauer. Etwa die Mensa, die Turnhalle - und das Schwimmbad. Denn dieses könne im Notfall als eine Art Wärmespeicher dienen.

Das warme Wasser im Schulschwimmbad könnte im Notfall das Gebäude darüber wärmen. (Foto: privat/oh)

Wichtig im Notfall ist natürlich auch Information - sowohl an die Bevölkerung als auch für die Helfer selbst. Für ersteres wolle man weitere Lautsprecheranlagen für Autos beschaffen, so dass man bei Bedarf Durchsagen machen kann, so der Bürgermeister. Auch die Amtstafeln - über deren Abbau in der Gemeinde auch schon mal laut nachgedacht wurde - könnten sich im Notfall als wichtig erweisen.

Auch den örtlichen Amateurfunkern kommt im Notfall eine wichtige Rolle zu

Um bei längerem Stromausfall etwa mit dem Katastrophenschutzstab im Landratsamt oder mit den Zuständigen der Bezirksregierung in Kontakt zu bleiben, sollen zudem drei Satellitenfunkgeräte beschafft werden. Auch die örtlichen Amateurfunker sollen einbezogen werden. Denn deren Technik komme mit vergleichsweise wenig Strom aus, sei also vom Netzbetrieb notfalls unabhängig.

Das Ganze sei "ein undankbares Thema", sagte Albert Wirth (CSU), Referent des Gemeinderates für die Feuerwehren: Man bereite sich intensiv auf etwas vor, das dann idealerweise nie eintritt. Sei man aber nicht vorbereitet - wie es im vergangenen Jahr im Ahrtal gewesen sei - "wissen es hinterher alle besser". Mit dem nun vorgestellten Plan sei die Gemeinde aber "bestimmt nicht schlecht aufgestellt", auch im Vergleich mit anderen Kommunen der Region.

Dass man sich so ausgiebig mit dem Katastrophenschutz beschäftigt, hat aber auch mit einer Besonderheit der Gemeinde Vaterstetten zu tun, wie Wirth weiter ausführte. Denn Vaterstetten ist Untere Katastrophenschutzbehörde, eine Aufgabe, die normalerweise den Landratsämtern zufällt. Allerdings hat die Großgemeinde eine verwaltungsrechtliche Sonderstellung, die "Große Delegation". Damit übernimmt Vaterstetten einige Zuständigkeiten vom Landkreis, neben der Katastrophenschutzbehörde etwa die Bearbeitung von Baugenehmigungen.

Die letzte Stufe der Informationsbeschaffung sind dann übrigens die Melder. Wie das konkret aussieht, erklärte der Bürgermeister dann anhand seines Büroleiters Georg Kast: "Er schwingt sich dann aufs Radl und fährt nach Ebersberg ins Landratsamt." Ihm wäre ein Auto dann doch lieber, entgegnete der Angesprochene - was tatsächlich auch Bestandteil des Katastrophenschutzplanes ist: Eigentlich war geplant, den gesamten Fuhrpark der Gemeinde auf Elektroautos umzustellen - nun wolle man aber zumindest ein Fahrzeug mit Benzinmotor in der Garage stehen haben, sicher ist sicher.

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