Wohngebiet Vaterstetten Nordwest:Auf Zickzackkurs

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Auf dieser Fläche am Baugebiet an der Dorfstraße sollen bald gemeindliche Wohnhäuser entstehen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Planung für die nördliche Ortseinfahrt der Großgemeinde steht nun fest. Statt des ursprünglich an der Dorfstraße vorgesehenen langen Riegels soll ein Ensemble aus zueinander versetzten Häusern entstehen.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Wer auf einer Straße unterwegs ist, sollte dies tunlichst nicht in Schlangenlinien tun. Neben einer Straße können diese aber durchaus erwünscht sein - so kann man zumindest das Votum des Vaterstettener Bau- und Straßenausschusses zum Wohngebiet Vaterstetten Nordwest verstehen. Dieser billigte nun einstimmig eine neue Planung für das Areal an der Dorfstraße. Statt eines parallel dazu verlaufenden Gebäuderiegels ist an der Straßenseite nun ein Ensemble aus mehreren zueinander versetzten und miteinander verbundenen Häusern vorgesehen.

In dem Baugebiet will die Gemeinde um die 130 Wohnungen errichten, die dann zu günstigen Preisen vermietet werden sollen. Ebenfalls dort einziehen sollen das Offene Haus der Awo (OHA), welches derzeit im ehemaligen Jugendzentrum untergebracht ist, das mittelfristig aber wieder ein solches werden soll. Geplant ist außerdem eine Großtagespflege und es sollen Gewerbeflächen entstehen, vorgesehen sind kleine Lebensmittelgeschäfte für die Nahversorgung. Das Baugebiet hat neben seiner sozialen aber auch eine städtebauliche Funktion, schließlich liegt es am nördlichen Ortseingang von Vaterstetten.

Im Februar 2020 wurde im Vaterstettener Rathaus der Entwurf für das Wohngebiet Nordwest von Bauamtsleiterin Brigitte Littke, Jury-Vorsitzendem Hans-Peter Hebensperger-Hüther und dem damaligen Bürgermeister Georg Reitsberger vorgestellt. (Foto: Christian Endt)

Wie man den ersten Eindruck der Großgemeinde möglichst positiv gestaltet, darüber hatten sich mehrere Architekten im Rahmen eines Wettbewerbs Gedanken gemacht, im Jahr 2020 wurde der Entwurf des Büros H2R zum Sieger gekürt. Dieser sah vor, die in der Umgebung vorhandenen Strukturen auch beim neuen Wohngebiet aufzugreifen. In diesem Fall sind das lange Gebäuderiegel, beziehungsweise in Reihen angeordnete Häuser, die allesamt in Richtung Ortsrand ausgerichtet sind. Dementsprechend sah der erste Entwurf von H2R einen langen und bis zu fünfstöckigen Riegel parallel zur Dorfstraße zwischen Pfarrer-Aigner-Allee im Süden und dem Kreisverkehr im Norden vor. Im Westen davon, zur Bestandsbebauung, haben die Planer drei ebenfalls in Nord-Süd-Richtung hintereinander angeordnete Gebäude vorgesehen, zwischen dem nördlichsten und dem Riegel dagegen ein um 90 Grad zu den übrigen gedrehtes. Dadurch, so das Konzept, sollte ein möglichst großer Innenhof entstehen, der auf der Südseite dann durch ein Gebäude für öffentliche Nutzung - etwa das OHA oder die Kinderbetreuungseinrichtung - abgeschlossen würde.

So sah der Wettbewerbs-Sieger für das Baugebiet Vaterstetten Nordwest 2020 aus. (Foto: Gemeinde Vaterstetten/oh)

Wie Bauamtsleiterin Brigitte Littke nun in der jüngsten Sitzung erläuterte, hatte es aber aus Politik und Verwaltung Einwände gegen den langen Riegel gegeben. Daher habe man das Siegerbüro mit einer Umplanung beauftragt, demnach hätten drei Gebäude parallel zur Dorfstraße entstehen sollen. Was aber offenbar immer noch nicht dem Geschmack der Gemeindevertreter entsprach, so dass man ein anderes Büro - Händel Junghans Architekten - mit der Planung beauftragte. Deren Entwurf biete mehr Wirtschaftlichkeit, so Littke, ein nicht ganz unwichtiger Hinweis. Denn zwar gibt es grundsätzlich bei einem Realisierungswettbewerb die Regel, dass einer oder mehrere Preisträger mit der weiteren Bearbeitung zu beauftragen sind. Allerdings nur, wenn dem kein wichtiger Grund entgegensteht - als solcher kann auch ein wirtschaftlicher gelten, etwa wenn der ursprüngliche Entwurf in der Umsetzung zu teuer gekommen wäre. Im aktuellen Fall ist der wichtige Grund offenbar, dass man sich durch den neuen Entwurf mehr Nutzfläche verspricht. "Hierdurch wird zusätzlicher Wohnraum geschaffen und damit die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens verbessert", heißt es dazu in der Stellungnahme der Verwaltung.

So soll das gemeindeeigene Wohngebiet an der Dorfstraße (rechts im Plan) einmal aussehen. (Foto: Gemeinde Vaterstetten/oh)

Im Ausschuss gab zwar keine grundsätzlichen Einwände zu der neuen Planung, Stefan Huber (CSU) lobte sogar, durch die versetzten Gebäude an der Dorfstraße "ist es nicht mehr so ein Kasernenhof-Stil". Dass nun Flach- statt Satteldächer gebaut werden sollten, sei ebenfalls eine Verbesserung. Er regte aber auch an, das erste Gebäude im Norden etwas niedriger zu bauen, eventuell könne man dafür eines der Häuser in der zweiten Reihe oder weiter südlich an der Dorfstraße aufstocken. Auch Stefan Ruoff (Grüne) hatte seine Zweifel, ob ein vierstöckiges Gebäude plus Dach der Optik direkt am Ortseingang wirklich entgegenkommen wird.

Laut Architekt Sebastian Händel könne man die Höhen durchaus noch variieren. Allerdings - das hatte er bei seiner Eingangspräsentation bereits erläutert - könnten die westlich gelegenen Häuser nicht mehr als drei Geschosse bekommen, da man sonst eine andere Feuerwehrzufahrt bauen müsste. Diese wiederum ginge dann zulasten der Tiefgarage, die unter den Gebäuden und einem großen Teil des Innenhofes liegen soll. Zweite Bürgermeisterin Maria Wirnitzer (SPD) sprach sich auch grundsätzlich für die Umplanung aus, allerdings habe ihr der etwas größere Innenhof im alten Entwurf besser gefallen. Daher müsse man nun besonders darauf achten, "dass das auch Aufenthaltsqualität hat und nicht sowas wird, wie der Baldhamer Marktplatz".

Ruoff regte noch an, dass das geplante Café sowohl von der Dorfstraße als auch vom Innenhof aus einen Zugang erhalten solle und stellte die Frage, ob es auch mehr Einzelhandel dort geben könne. Beides ist laut Verwaltung und Architekt grundsätzlich möglich, Littke verwies aber darauf, dass es Fördergeld nur für Wohnraum gebe. Für das im vergangenen Jahr auf rund 35 Millionen Euro taxierte Vorhaben erwartet man Zuschüsse aus dem kommunalen Wohnbauförderprogramm des Freistaates. Diese betragen je 30 Prozent der Baukosten und des Grundstückswertes.

Klaus Willenberg (FDP) stellte die Frage nach dem Zeitplan. Laut Bauamt könne im Herbst 2023 mit den ersten Arbeiten begonnen werden, Bezug der Wohnungen sei dann 2027.

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