Natur und Umwelt:Baumschutz bringt FDP auf die Palme

Natur und Umwelt: Trotz Nachverdichtung gibt es in Vaterstetten noch viele Grundstücke mit alten Bäumen. Damit diese erhalten bleiben, gibt es eine Baumschutzverordnung.

Trotz Nachverdichtung gibt es in Vaterstetten noch viele Grundstücke mit alten Bäumen. Damit diese erhalten bleiben, gibt es eine Baumschutzverordnung.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Statt einer Neufassung fordern die Vaterstettener Liberalen die komplette Streichung der Satzung.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Wie absolut ist das Recht am eigenen Besitz? Diese Frage, so banal sie auf den ersten Blick klingt, ist in der Rechtswissenschaft sehr umstritten und längst nicht abschließend geklärt. Aber auch abseits juristischer Seminare kommt sie gelegentlich zur Diskussion - etwa kürzlich im Vaterstettener Umweltausschuss bei der Novelle zur Baumschutzverordnung.

Eine solche steht in Gemeinden, die eine solche Verordnung haben, regelmäßig an - und ist eigentlich eine Formalität. So auch nun in Vaterstetten, wo nach zehn Jahren einige Formulierungen der Baumschutzverordnung präzisiert und einige Vorschriften zugefügt wurden. So gibt es in der neuen Fassung beispielsweise konkretere Vorgaben zu Ersatzpflanzungen, außerdem wurde ein neuer Paragraph aufgenommen, wonach Baumbesitzer zur Pflege ihrer Gehölze verpflichtet werden.

Für FDP-Gemeinderat Klaus Willenberg ist die Verordnung ein "bürokratisches Ungetüm"

Für FDP-Gemeinderat Klaus Willenberg zeige besonders dieser Passus, was für ein "bürokratisches Ungetüm" die Verordnung sei. Schließlich sei es doch selbstverständlich, dass man seine Bäume ordentlich pflege. Außerdem sei dies seitens der Gemeinde auch wohl kaum zu kontrollieren. Aber Willenberg kritisierte auch die Verordnung insgesamt: Sie sei ein "Eingriff in die Eigentumsrechte".

Zudem, so der FDP-Gemeinderat weiter, könnte man dadurch unter Umständen genau das Gegenteil bewirken, von dem, was eigentlich beabsichtigt ist: Statt den Erhalt großer Bäume zu fördern, könnte es sein, dass man genau dies verhindere, da die Gehölze dann eben gefällt würden, bevor sie unter den Schutz der Verordnung fallen. In Vaterstetten beginnt dieser ab einem Stamm-Umfang von einem Meter. Nicht zuletzt würden in den Kommunen, die keine solche Verordnung haben, auch nicht in großem Umfang Bäume umgeschnitten.

Die Gegenrede in Form eines "Plädoyer für die Baumschutzverordnung" kam von Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU). Dass darin viel Selbstverständliches stehe, wolle er gar nicht bestreiten - aber das gelte für sämtliche kommunale Verordnungen: "Wir machen die für vielleicht fünf Prozent der Bürger, die nicht wissen, wie man sich verhält." In dem Zusammenhang empfahl der Rathauschef einen Blick in die Verordnung zur Hundehaltung.

Natur und Umwelt: Nur noch Kleinholz blieb nach einer Rodungsaktion Anfang 2020 auf einem Grundstück in der Erika-Köth-Straße, doch aufgrund der Vaterstettener Baumschutzverordnung musste nachgepflanzt und ein Bußgeld gezahlt werden.

Nur noch Kleinholz blieb nach einer Rodungsaktion Anfang 2020 auf einem Grundstück in der Erika-Köth-Straße, doch aufgrund der Vaterstettener Baumschutzverordnung musste nachgepflanzt und ein Bußgeld gezahlt werden.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Jene zum Baumschutz habe sich auf jeden Fall als sehr nützlich erwiesen, der Bürgermeister erinnerte an die illegale Rodungsaktion im Frühjahr 2020, als auf einem Grundstück in der Erika-Köth-Straße 150 Bäume gefällt wurden, von denen 59 unter Schutz standen. Letztlich hatte die Gemeinde durch die Baumschutzverordnung ein Bußgeld verhängen - damals war von einem Betrag in "mittlerer fünfstelliger Höhe" die Rede - und vor allem habe man zu Nachpflanzungen verpflichten können.

Vor allem letzteres sei sehr wichtig, pflichtete Stefan Ruoff (Grüne) bei. Auch wenn die Verordnung das Fällen von Bäumen nicht verhindere, sorge sie doch dafür, dass Ersatz geschaffen werde. Laut Umweltamtsleiter Wolfgang Kuhn wurden im vergangenen Jahr 121 Bäume als Ersatz gepflanzt - ohne die Verordnung vermutlich kein einziger davon. "Gerade jetzt, wo wir viele Bäume brauchen" sei es keine gute Idee, die Verordnung abzuschaffen, so Kuhn. Laut Ruoff sei es im Übrigen nicht so, dass die Leute ihre Bäume vor dem Hineinwachsen in den Schutzstatus fällen lassen würden, dies könne er aus seiner langjährigen Erfahrung als Gärtnermeister nicht bestätigen: "Ich habe nie einen Baum mit 99 Zentimetern Umfang fällen sollen."

Im Jahr 2011 gab es schon einmal den Versuch, die Verordnung abzuschaffen

Auch wenn es die Baumschutzverordnung in der Großgemeinde schon seit fast vier Jahrzehnten gibt, war sie nie ganz unumstritten. So gab es vor elf Jahren sogar einen Antrag auf der Bürgerversammlung, die im Jahr 1984 erstmals eingeführte Verordnung zu kippen. Der Gemeinderat folgte dem zwar nicht, setzte aber einen Arbeitskreis ein, der über eine Novellierung beraten sollte. Beschlossen wurde letztlich eine Lockerung des Baumschutzes, zuvor waren alle Bäume ab 80 Zentimeter Stamm-Umfang geschützt, dann nur noch ab einem Meter. Außerdem wurde die Liste der Ersatzpflanzungen auf 38 Baumarten verdoppelt.

Eine solche Erweiterung gibt es auch in der jüngsten Novelle, nun kann man für eine Ersatzpflanzung aus einer Liste von insgesamt 53 Baumarten wählen. Gegen die Novellierung und für eine Abschaffung stimmte am Ende neben Willenberg nur noch Manfred Vodermair (CSU). Final zustimmen muss der neuen Fassung - die zum 1. Januar 2023 in Kraft treten soll - noch der Gemeinderat, angesichts der Mehrheiten im Ausschuss, scheint dies aber sicher.

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