Süddeutsche Zeitung

Tourismus im Landkreis Ebersberg:Endlich ist wieder was los

Nach zwei mageren Jahren gibt es im Landkreis wieder mehr Übernachtungen. Auch die Zahl der Tagesausflügler steigt deutlich und ist annähernd so hoch wie vor der Pandemie.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

So einen Zuwachs gibt es selten: Um ganze 206 Prozent hat der Fremdenverkehr im Landkreis Ebersberg in den ersten fünf Monaten 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zugenommen. Dies hat das Statistische Landesamt nun ermittelt. Und das sind lediglich die Gäste, die zum Übernachten geblieben sind - Tagestouristen sind noch nicht erfasst. Allerdings hat die schöne Statistik ein kleine Einschränkung: Anfang 2021 galten noch Corona-Beschränkungen, die Zahlen lagen damals auf einem besonders niedrigen Niveau.

Das betont auch Augustinus Meusel, im Landratsamt zuständig für Wirtschafts- und Tourismusförderung. Dennoch sehe man in diesem Jahr eine positive Entwicklung: Das Tourismusgeschäft normalisiere sich wieder. Das bestätigt auch Brigitte Binder, Vorsitzende des Tourismus-Vereins Grafing, in dem Vermieter von Ferienwohnungen und -zimmern organisiert sind. "Man merkt, dass wieder mehr Leute kommen." Binder vermietet selbst eine Ferienwohnung und die sei heuer wieder komplett ausgebucht. Vor allem die Stammgäste seien wieder da, die in den vergangenen Jahren nicht hatten kommen können.

Im Mai, also dem Monat, in dem heuer laut Statistik sogar fast dreimal so viele Touristen in den Landkreis kamen wie 2021, gab es 35 079 Übernachtungen. Im Juni - aktuellere Daten liegen noch nicht vor - wurden sogar schon 37 183 Übernachtungen gezählt. Die Zahl der Gäste liegt bei etwas weniger als der Hälfte der Übernachtungen, laut einer Statistik aus dem letzten Jahr vor der Pandemie bleibt der Durchschnitts-Urlauber 2,4 Nächte im Landkreis Ebersberg. So wurden von Januar bis Mai 2019 insgesamt 49 225 Übernachtungsgäste und 120 027 Übernachtungen gezählt. Die meisten davon - nämlich 97 619 - werden von Gästen aus dem Inland gebucht, diese machen mit 39 528 auch den Großteil der Übernachtungsgäste aus.

Wie in den Jahren vor der Pandemie zeigt sich auch heuer wieder ein kontinuierlicher Anstieg in Richtung warme Jahreszeit: So waren es im Januar 15 723 Übernachtungen, im Februar bereits 19 229 und im März schon 23 526. Allerdings liegen die Werte trotz Erholung der Lage noch ein gutes Stück unter jenen vor der Pandemie: Im Januar 2019 zählten die Statistiker noch 33 996 Übernachtungen, im Februar waren es 33 210 und im März 34 704.

Für August und September ist alles ausgebucht

Aber zumindest scheint die gute Entwicklung auch für die kommenden Monate anzuhalten. Binder kann berichten, dass bei allen Privatvermietern, mit denen sie in letzter Zeit gesprochen hat, die Wohnungen für diesen Monat und für September komplett ausgebucht seien. Und das, obwohl sämtliche Vermieter nur geimpfte Gäste übernachten lassen. Etwas verhaltener stelle es sich noch für Oktober dar, da waren in früheren Jahren immer viele Besucher der Messe Bauma gekommen - heuer warteten diese offenbar noch ab, ob in München wirklich wieder wie früher die großen Baumaschinen präsentiert werden. Gebucht werde aber trotzdem, Binder sagt, sie habe auch bereits Reservierungen für Dezember angenommen.

Bei den Tagesausflüglern scheint indes schon wieder annähernd der Wert von vor der Pandemie erreicht zu sein, schätzt Meusel. Dazu gibt es eine Hochrechnung, welche ein Marktforschungsunternehmen im Auftrag des Landkreises erstellt hat. Demnach gab es 2019 insgesamt 3,5 Millionen sogenannte Tagesreisen im Landkreis, das sind knapp 10 000 pro Tag. Allerdings unterscheidet die Erhebung nicht, ob die Tagesausflügler von inner- oder außerhalb des Landkreises kommen. Auch weisen die Verfasser explizit darauf hin, dass es sich um keine genauen Zahlen handelt - weil es diese nicht gibt. Denn es wird eben nicht registriert, wer einfach nur im Landkreis einen Biergarten besucht oder durch den Ebersberger Forst radelt.

Radeln im Forst wird immer beliebter

Gerade letzteres sei übrigens in jüngster Zeit immer beliebter geworden, sagt Meusel: "Der Forst ist ein Highlight." Dies liege an den in den vergangenen Jahren immer weiter verbesserten Angeboten für Radler, etwa bessere Wege, aber auch mehr Informationen darüber, wo man im Landkreis welche Touren radeln kann. Immer beliebter werde etwa das Radeln von einer Bahnlinie zur andern mit einem Zwischenstopp zur Einkehr, etwa im Forsthaus Hubertus. Natürlich sei auch das Wetter heuer ideal zum Radeln unter Bäumen. Auch bei den Übernachtungsgästen werden Ausflüge mit dem Fahrrad immer beliebter, sagt Binder, etwa auf dem Isar-Inn- oder dem Sempt-Mangfall-Radweg, die beide durch Grafing verlaufen. Überhaupt sei die gute Lage zwischen der Landeshauptstadt einerseits und vielen Ausflugszielen andererseits eine der großen Stärken des Landkreises, wenn es um Übernachtungsgäste gehe.

Wirtschaftlich gesehen wird der Tourismus im Landkreis auch immer wichtiger. Laut der Erhebung der Marktforscher generierten die Übernachtungsgäste 2019 Einnahmen von 69,1 Millionen Euro, die Tagesausflügler 66,9 Millionen. Von diesen insgesamt 136 Millionen Euro entfielen 70,4 auf das Gastgewerbe, 36,7 auf den Einzelhandel und 28,9 Millionen Euro auf Dienstleistungen aller Art. Abzüglich Steuern und anderer Ausgaben kommen die Analysten auf eine Wertschöpfung von 63,7 Millionen Euro, etwa ein Fünftel davon komme der öffentlichen Hand zugute. Zwischen 2014 und 2019 seien die Tourismus-Einnahmen für den Landkreis zudem um gut 23 Prozent gestiegen.

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