Süddeutsche Zeitung

Sänger mit Botschaft:Farbe in das Miteinander

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Der Aßlinger Sänger Sio Steinberger ist Sozialarbeiter und Profi-Musiker: Über den bisweilen anstrengenden Spagat zwischen beiden Berufen - und ihre Gemeinsamkeiten.

Von Charlotte Haft, Aßling

Sieben Mal nominiert, sieben Mal gewonnen: Beim Deutschen Rock- und Pop-Preis 2022 hat der Aßlinger Sänger und Songwriter Sio Steinberger richtig abgeräumt. Nun hat er ein neues Projekt: Sein Studioalbum "Farbspieler" wurde am 16. August online veröffentlicht, im September folgt der physische Release. Neben der Musik widmet Sio Steinberger sich seit mehr als 30 Jahren der sozialen Arbeit, und es gelingt ihm oft, beide Welten zu verbinden.

"Die Sozialarbeit spielt schon immer eine große Rolle in meinem Leben", sagt der 57-Jährige. Er kommt aus einer Familie, die seit vielen Jahren eine Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung leitet. Für ihn sei es deshalb immer klar gewesen, dass die Arbeit im sozialen Bereich der richtige berufliche Weg sei.

"Kreative Wege als Chance war hier immer mein Credo", erzählt Sio Steinberger. So habe er schon verschiedenste Projekte bedient, die sich auf Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen mit Hilfe von Kreativität und Musik fokussieren. "Ich möchte den Kindern ihre kreative Ader, die im Prinzip jeder Mensch hat, aufzeigen und ihnen Alternativen zur Gewalt als Verarbeitungsmöglichkeit ihrer Emotionen zeigen", erklärt der Sänger. In den Projekten hätten die Kinder beispielsweise die Möglichkeit, Texte zu schreiben, Beats zu entwickeln oder Musikvideos zu drehen und somit ganze Songs zu produzieren.

Bis 2006 setzte er dies in der Nähe von Glonn in einer Einrichtung für straffällige Kinder und Jugendliche im Rahmen eines Modellprojekts um. Als die Einrichtung nach 15 Jahren geschlossen wurde, war für Sio Steinberger ein Tiefpunkt erreicht, wie er sagt. Jahrelang habe er dafür gebrannt, den Kindern zu helfen und sie weg von der Kriminalität zu bringen. Nach der Schließung mussten jedoch einige Jugendliche zurück ins Gefängnis. Die Musik half Steinberger dabei, wieder aufzustehen und weiterzumachen, besonders der preisgekrönte Song "Ich komm wieder" aus seinem neuen Album ist von dieser Erfahrung inspiriert.

"Ich wollte unbedingt ein Zeichen setzten, es liegt irgendwie in meinen Genen, den Kids immer wieder einen neuen Weg aufzuzeigen. Deshalb ist dann 2006 auch der Verein Erde & Mensch entstanden", erzählt der sozialpädagogische Berater. Durch die Gründung des eigenen Vereins konnte er seine Arbeit mit Kindern fortsetzen, in den Jahren 2008 und 2009 entstand hieraus ein Charity-Album mit vielen deutschen Berühmtheiten aus der Musikszene wie Silbermond, Culcha Candela, Ich & Ich oder Rio Reiser.

Akzeptanz, Toleranz und Respekt - das präge seine Arbeit

Dennoch sei der Spagat zwischen zwei Vollzeit-Jobs oft eine echte Belastungsprobe gewesen, sagt Sio Steinberger. Mittlerweile finde er die Balance zwischen der Musik und der Arbeit mit den Kindern aber ganz gut. "Die Musik ist auch eine schöne Möglichkeit, um abzuschalten und die schwierige Arbeit mit den Kindern auszugleichen", erklärt er. Und eins hätten beide Jobs gemeinsam: Sie basierten auf den Werten Akzeptanz, Toleranz und Respekt, welche er durch seine Arbeit vermitteln möchte.

Am 15. September um 20 Uhr findet in den "Groundlift Ammersee Live Studios" in Stegen am Ammersee eine Release Party zu seinem neuen Album "Farbspieler" statt. Die Veranstaltung ist öffentlich, der Eintritt kostet 24 Euro zuzüglich Vorverkaufsgebühren und 28 Euro an der Abendkasse. Sio Steinberger und einige seiner Bandkollegen wie Groundlift-Studios-Inhaber Daniel Betz werden ebenfalls vor Ort sein. Das Ziel seines neuen Albums sei, Farbe in das Leben der Hörerinnen und Hörern zu bringen. "Du als Mensch hinterlässt überall Farbspuren und streichst das Land und dein persönliches Umfeld mit deinen einzigartigen Farben mit", so Sio Steinberger. "Ich persönlich sehe mich als Farbspieler, der versucht, über sein Wirken, ob mit den Kindern oder über die Musik, Farbe in das Leben und das Miteinander zu bringen. Durch kreative Farbtupfer möchte ich ein farbenfrohes Leben für mein Umfeld schaffen."

Von seiner Arbeit als Musiker leben könne er nicht. Dies sei für ihn aber auch zweitrangig. "Das positive Feedback gibt mir viel mehr", erklärt der Sänger, "und mir geht es darum, ganz viel positive Energie nach außen zu senden. Ich glaube, jeder Mensch hat die Fähigkeit, in irgendeiner Art und Weise positive Energie zu kreieren, und ich habe das Glück, dass ich das über die Musik kann, dass ich diese Gabe habe und auch nutze."

Ein zweites Charity-Album ist geplant

Die nächsten Jahre möchte er seine Projektarbeiten mit den Kindern ausbauen, sein Ziel sei es hier, dass die Projekte auch über Bayern hinaus stattfinden können. Zudem sei ein zweites "Erde & Mensch"-Charity-Album mit dem Namen "Wir sind auf Sendung" geplant, hierfür habe er auch schon einige Zusagen von Musikerinnen und Musikern bekommen, die sich beteiligen möchten. Um welche es sich genau handelt, verrät er aber noch nicht. Es solle sich unter anderem über Crowdfunding und diverse Sponsoring-Firmen finanzieren, der Erlös gehe in die Musik- und Video-Projektarbeit mit benachteiligten Kindern und Jugendlichen von "Erde & Mensch" und andere soziale Projekte zur Gewaltprävention.

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