Schulen im Kreis Ebersberg:Dicke Luft

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In manchen Schulen, hier ein Klassenzimmer im niedersächsischen Oldenburg, werden bereits Luftfilteranlagen eingesetzt. (Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa)

Der Kreistag will für die weiterführenden Schulen im Landkreis Ebersberg mobile Luftreiniger anschaffen. Entgegen der Empfehlung der Verwaltung, die eher auf regelmäßiges Lüften setzt.

Von Johannes Korsche, Ebersberg

Ziemlich genau vor einem Jahr schlossen in Deutschland wegen der Corona-Pandemie die Schulen, in Bayern erstmals am 16. März. Wenn man so will, diskutierten die Kreisräte im Sozialausschuss also an einem traurigen Jahrestag darüber, ob für die Landkreisschulen mobile Raumluftreiniger angeschafft werden sollen. Denn Home-Schooling "ist eine Katastrophe", betonte Landrat Robert Niedergesäß (CSU). "Die Kinder, auch die eigenen, leiden darunter." Nach einer teils emotionalen Debatte am Mittwochnachmittag entschieden die Kreisräte "sehr kurzfristig, einzelne besondere Räume an den Schulen zu identifizieren, für die Raumluftfilter eine geeignete Ergänzung zur Verbesserung der Raumluft darstellen". Dafür sollen die Schulleiter in den kommenden Tagen ihre Bedarfe melden.

Dass überhaupt ermittelt wird, wo denn Luftreiniger gewünscht sind, hätte man während des Vortrags von Hubert Schulze, der sich für die Verwaltung mit dem Thema beschäftigt hat, kaum mehr erwartet. Er stützte sich dabei hauptsächlich auf die Einschätzung des Umweltbundesamtes, wonach solche Luftreiniger "nur in Ausnahmefällen sinnvoll" sind. Besser sei eine technische Anlage im Haus, wie sie im Landkreis schon mehr als 150 Klassenzimmer mit frischer und gefilterter Luft versorgen könne. Auch das klassische Fensterlüften sei mobilen Luftfiltergeräten vorzuziehen, und das sei in mehr als 410 Klassenräumen möglich, so Schulze. Lediglich zwei als Werkräume genutzte Zimmer kämen demnach für einen mobilen Luftfilter in Frage, für die seien sie bereits angeschafft. Ein Gerät kostet zwischen 3500 und 4000 Euro.

Die Empfehlung des Landratsamtes bleibe weiterhin regelmäßiges Lüften. Alle 20 Minuten und in den Pausen zwischen den Unterrichtsstunden sollten die Fenster zum Stoß-, am besten zum Querlüften offen sein. Das senke nicht nur die Aerosolbelastung, sondern auch die CO₂-Konzentration im Raum, sagte Schulze. Zweiteres könne ein Luftreiniger nicht, lüften müsse man also sowieso. Die Luftreiniger "sind kein Allheilmittel", argumentierte Schulze. Zudem bleibe nicht mehr viel Zeit. Denn Ende März läuft die Förderung des Freistaats aus, der die Hälfte der Anschaffungskosten übernimmt. Zumindest, wenn bis dahin die EU-weite Ausschreibung abgeschlossen ist und alle Verträge unterschrieben sind, so Schulze. Seit Oktober 2020 läuft das Förderprogramm.

Sah Toni Ried (Freie Wähler) "berechtigt" Skepsis bei Schulze, und im Lüften immer noch die beste Methode, kritisierte Johannes von der Forst (Grüne), der stellvertretender Schulleiter am Gymnasium Oberhaching ist, den Vortrag. Er biete "keine faire Entscheidungsgrundlage". Es gebe keinen Zweifel, dass die Virenlast in Räumen mit mobilen Luftreinigern sinke. Aus dem Schulalltag berichtete er: "Lehrer wollen lüften, aber denken oft nicht dran." Schließlich stehe die Unterrichtsstunde im Vordergrund. Er schlug vor, den Schulgong umzuprogrammieren, damit er alle 20 Minuten ans Lüften erinnert, und Luftreiniger nach Bedarf anzuschaffen.

Zuvor hatte schon Peter Popp, Schulleiter am Markt Schwabener Franz-Marc-Gymnasium, darauf hingewiesen, dass die Geräte kein Allheilmittel sein können. "Das ist klar." Aber es gebe Lehrer, die sich einen Luftfilter in ihrem Klassenzimmer wünschen. Dabei gehe es auch um das Sicherheitsgefühl der Lehrkräfte. Langfristig sei der Luftaustausch in den Räumen zu verbessern, kurzfristig in manchen Räumen ein mobiler Luftfilter aufzubauen.

Ähnlich sah das auch Omid Atai (SPD), der letztlich eine Frage in den luftgefilterten Sparkassensaal, in dem der Sozialausschuss tagte, stellte: Warum orientiere man sich bei den Schulen nicht daran, was die Experten im Gesundheitsbereich umsetzen? Da baue man Trennwände auf, um die direkte Infektion zu verhindern. Stelle Luftreiniger auf, um die Aerosole herauszufiltern. Und setze eine FFP2-Maske auf, wenn man sich durch den Raum bewegt. Er forderte ein Konzept, um diese Maßnahmen in den Landkreisschulen einzuführen. Ohne diese Maßnahmen dauerhaft auf offene Schulen zu spekulieren, "das ist verantwortungslos".

An einem Punkt in der Debatte - gerade war gefordert worden, mehr Schnelltests einzusetzen, um zu verhindern, dass der Unterricht zum Superspreader-Event wird - konnte Brigitte Keller vom Landratsamt nicht mehr an sich halten. "Ich muss mich mal auskotzen." Das mit den Selbsttests, die Lehrer zwei Mal in der Woche und Schüler ab 15 Jahren ein Mal nutzen sollen, laufe "genauso wie mit der Impferei". Die seien vorgesehen, aber wann sie kommen, wisse sie nicht. "Ich bin nicht der Meinung, dass man so mit den Leuten in der Praxis umgehen darf." Die Kreisräte klopften auf die Tische - und beschlossen sehr kurzfristig, den Bedarf für mobile Luftfiltergeräte abzufragen.

© SZ vom 12.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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