Öffentlicher Nahverkehr:Rollende Servicewüste

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Der Filzenexpress (links) und die Regionalzüge nach Kufstein haben laut Bayerischer Eisenbahngesellschaft im Jahr 2024 an Servicequalität eingebüßt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Qualität der Regionalzüge im Landkreis Ebersberg liegt nach einer aktuellen Erhebung der Bayerischen Eisenbahngesellschaft deutlich unter dem Durchschnitt – und wird immer schlechter.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Gäbe es für die Regionalbahnen eine Liga wie im Sport, müsste man für jene im Landkreis Ebersberg sagen, dass der Abstieg droht. Laut einer aktuellen Erhebung für das Jahr 2024 der Bayerischen Eisenbahngesellschaft sind sämtliche regionalen Zugverbindungen – die S-Bahn fällt in eine andere Kategorie – beim Service deutlich unterdurchschnittlich und haben sich seit dem Vorjahr sogar noch verschlechtert.

Dies betrifft den Linienstern Mühldorf sowie das Netz Chiemgau-Inntal, ersterer umfasst den Filzenexpress Richtung Wasserburg sowie die Bahnverbindung München-Mühldorf via Markt Schwaben, zweiteres die Linie über Grafing-Bahnhof und Aßling nach Kufstein. Fünf Kategorien fließen in die Bewertung ein: die Sauberkeit der Fahrzeuge, die Fahrgastinformation im Regel- und Störfall, die Funktionsfähigkeit der Ausstattung, die Serviceorientierung der Zugbegleiter sowie die Kundenorientierung bei Beschwerden. Die Pünktlichkeit der Züge spielt in dieser Bewertung keine Rolle.

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Die S2 Richtung Osten ist die unpünktliche S-Bahn-Linie im gesamten Netz, das zeigt eine aktuelle Auswertung. Bei der S4/S6 sieht es nicht viel besser aus.

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Aus diesen fünf Kategorien wird eine Gesamtnote gebildet, dabei kann ein Bahnnetz zwischen 100 Plus- und 100 Minuspunkten erhalten. Im Berichtsjahr 2024 lag der bayernweite Durchschnitt bei 31,54 Punkten, das entspricht in etwa dem Wert von 2023, da war die Bahnkundschaft um 0,14 Punkte zufriedener.

Die beiden Liniennetze, die den Landkreis Ebersberg durchqueren, liegen sehr deutlich unter diesem Wert. Gerade einmal 11,49 Punkte gibt es für das Netz Chiemgau-Inntal, der Linienstern Mühldorf kommt sogar nur auf 4,62 Punkte. Damit nehmen die beiden die Plätze 25 und 26 von insgesamt 31 untersuchten bayerischen Netzen ein. Immerhin liegen sie noch im Plus, alle schlechter bewerteten Verbindungen weisen einen negativen Wert aus – was bedeutet, dass die Betreiber dieser fünf Linien Strafzahlungen leisten müssen.

Beide Bahn-Netze haben laut BEG im Vergleich zum Vorjahr deutlich nachgelassen

Das war bei der Linie Chiemgau-Inntal, der bis 2018 unter dem Namen „Meridian“ unterwegs war, das letzte Mal im Jahr 2014 der Fall, da lag man bei minus 12,11 Punkten. Den besten Wert gab es in den Jahren 2020 und 2021 mit 49,34 beziehungsweise 49,99 Punkten – was allerdings der Corona-Pandemie geschuldet war, während der die Züge deutlich leerer waren. 2022 brach der Wert auf 29,42 Punkte ein, erholte sich im Jahr darauf auf 38,53 um dann eben wieder auf den tiefsten Stand seit 2015  zu sinken.

Für den Linienstern Mühldorf, bis 2017 Südostbayernbahn, ist das Ergebnis 2024 sogar das schlechteste des vergangenen Jahrzehnts. Der bisherige Tiefststand lag bei 13,73 Punkten im Jahr 2015, in den Folgejahren pendelte der Wert dann stets um die 30 Punkte-Marke und erreichte ebenfalls während der Corona-Zeit seinen Rekordwert von 49,31 Punkten im Jahr 2021, ein Jahr später waren es 46,99 Punkte. Voriges Jahr kam der Linienstern Mühldorf immerhin noch auf 15,56 Punkte.

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Welche der fünf Kategorien jeweils den Ausschlag für die im Jahresvergleich schlechtere Bewertung gaben, ist in der Auswertung nicht aufgeführt. Auch, ob die Mängel explizit die Strecken durch den Landkreis Ebersberg betreffen, geht aus der Statistik nicht hervor. Beide Netze umfassen nämlich zahlreiche weitere Strecken und Verbindungen, die nicht durch den Landkreis Ebersberg verlaufen.

Der Tabellensieger des Service-Rankings der Bayerischen Eisenbahngesellschaft ist übrigens nur zum Teil bayerisch: Es ist die Kahlgrund-Verkehrs-Gesellschaft, deren Züge rund um Aschaffenburg und bis ins Nachbar-Bundesland Hessen unterwegs sind. Dort ist offenbar der Service nicht zu toppen, es gibt 100 Punkte. Mit einigem Abstand folgt das Netz Ostbayern in der Region um Regensburg, Schwandorf und Cham mit 77, 83 Punkten. Am schlechtesten schneiden die Regionalverbindungen München-Hof und München-Prag ab, hier gibt es minus 24,71 beziehungsweise minus 30 Punkte – das ist also gewissermaßen die Abstiegszone.

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