Stationäre Pflegeeinrichtungen im Landkreis Ebersberg:Eine Frage von Glück und Pech

Stationäre Pflegeeinrichtungen im Landkreis Ebersberg: Vollverkittelung war in Pflegeeinrichtungen wie hier im Marienheim in Glonn vor allem zu Beginn der Pandemie, als noch vieles unbekannt über das Virus war, Standard bei Betreten der Bewohnerzimmer.

Vollverkittelung war in Pflegeeinrichtungen wie hier im Marienheim in Glonn vor allem zu Beginn der Pandemie, als noch vieles unbekannt über das Virus war, Standard bei Betreten der Bewohnerzimmer.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dass es in allen Pflegeeinrichtungen im Kreis Ebersberg zu Corona-Fällen gekommen ist, liegt nicht an Mängeln bei Hygienekonzepten, wie das Landratsamt versichert. Bislang sind 135 Bewohner während oder nach einer Infektion gestorben.

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Marion Wolinski nannte es Pech. Das war ihre Antwort auf die Frage, wie es trotz Schutzvorkehrungen in mittlerweile allen Pflegeeinrichtungen im Landkreis Ebersberg zu Corona-Ausbrüchen kommen konnte. Und diejenigen, so Wolinski in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses (SFB-Ausschuss) im Kreistag weiter, die bislang von hohen Infektionszahlen unter den Bewohnern verschont geblieben sind, hätten Glück. Rückschlüsse auf Mängel im Hygienekonzept oder in der Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner ließen sich daraus definitiv nicht automatisch ziehen.

Im Gremium wurde der dritte Bericht über die Situation der ambulanten und stationären beziehungsweise vollstationären Pflege im Landkreis Ebersberg von Marion Wolinski vorgestellt. Sie ist die Leiterin des Sachgebietes Sozialhilfeverwaltung, bei dem der zuständige Fachbereich angesiedelt ist. Der aktuelle Report bezog sich auf die Jahre 2020 und 2021 und war somit der erste, der die Corona-Situation in den Einrichtungen abbildete.

Senioren würden Symptome oft nicht sofort erkennen

Mit ihren Aussagen über Pech und Glück wandte sich Wolinski gegen die Wortmeldung von Ausschussmitglied Wilfried Seidelmann (Freie Wähler), der große Unterschiede darin sah, wie die Einrichtungen mit Corona-Fällen in ihrem Haus umgegangen sind. "Das hat für mich etwas damit zu tun, wie schnell reagiert und die Infektionsketten dementsprechend unterbrochen wurden." Wolinski entgegnete, dass ältere Menschen Symptome oft nicht so früh erkennen würden. "Und wenn Sie das Virus einmal im Haus haben, dann ist es unglaublich schwierig, es da wieder raus zu bekommen." Insgesamt ist es zu 1159 positiven Fällen unter Bewohnerinnen und Bewohnern gekommen, 135 davon sind während oder nach der Infektion gestorben. Bei den Mitarbeitenden sind 582 Fälle bekannt.

Während der ersten Pandemie-Monate waren routinemäßige Nachschauen in den Einrichtungen auf Anweisung des zuständigen Ministeriums für sechs Monate ausgesetzt. Dementsprechend gab es 2020 mit zehn Nachschauen in Pflegeeinrichtungen und zwei in Behinderteneinrichtungen auch weniger als 2021. Da waren es 18 im Pflege- und fünf im Behindertenbereich.

Stationäre Pflegeeinrichtungen im Landkreis Ebersberg: Marion Wolinski ist Leiterin des Sachgebietes Sozialhilfeverwaltung im Ebersberger Landratsamt.

Marion Wolinski ist Leiterin des Sachgebietes Sozialhilfeverwaltung im Ebersberger Landratsamt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wolinski betonte, dass eine Nachschau immer eine Momentaufnahme sei. Wird dabei ein Mangel festgestellt - im Landkreis ist das am häufigsten im Bereich Dokumentation der Fall gewesen -, hat das deshalb nicht automatisch Auswirkungen auf die Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner. Aber: "Wenn die Dokumentation über längere Zeit hinweg nicht passt, dann kommt das irgendwann bei den Bewohnern an." Auf Nachfrage von Ottilie Eberl (Grüne) versicherte Wolinski jedoch, dass ihr Team bei Heimbesuchen keineswegs nur einen Blick in die Dokumentation wirft, sondern sich immer auch im Haus umsieht und sich mit Bewohnern unterhält.

Ebenso machte Wolinski deutlich, dass in der stationären Pflege im Landkreis Ebersberg kein großer Fachkräftemangel herrscht. Noch nicht. "Ich denke, er wird kommen." Schon jetzt sei es oft der Fall, dass die Quote kurzzeitig unter das vorgeschriebene Maß von 50 Prozent rutscht, wenn eine Fachkraft eine kleinere Pflege- oder Behinderteneinrichtung verlässt. Bislang konnten die Heime diese Lücke immer innerhalb weniger Wochen schließen, so Wolinski weiter. Was hingegen aktuell bereits ein Problem ist, das ist die hohe Personalfluktuation in den Heimen. Ein besonderes Augenmerk der Heimleitungen auf eine sorgfältige Einarbeitung neuer Mitarbeitenden und Hilfskräfte sei deshalb sehr wichtig.

Im August 2021 hat eine stationäre Einrichtung geschlossen, seitdem gibt es 19 im Landkreis

Nachdem im August 2021 eine Pflegeeinrichtung schließen musste, gibt es im Landkreis nun 19 stationäre Einrichtungen: 13 Pflegeheime, sechs Behinderteneinrichtungen sowie 23 betreute Wohngruppen für Menschen mit einer Behinderung. Auf Nachfrage betonte Wolinski, dass die Schließung keine Folge aufgrund von festgestellten Mängeln war. Die betroffene Einrichtung war in einem Gebäude zu Hause, bei dem auf lange Sicht die baulichen Vorgaben nicht mehr einzuhalten gewesen wären. Da die Suche nach einem anderen geeigneten Haus im Landkreis erfolglos blieb, habe sich der Träger zur Schließung entschieden. Alle Bewohnerinnen und Bewohner konnten in umliegende Einrichtungen umziehen.

Über die Situation im ambulanten Pflegereich konnte Wolinski keine Auskunft geben. Dieser liegt in der Verantwortung des Medizinischen Dienstes (MD), sodass gegenüber dem Landratsamt keine Berichts- oder Rechenschaftspflicht besteht.

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