Süddeutsche Zeitung

Nahverkehr im Landkreis Ebersberg:Es hält kein Zug

Die Stadt Ebersberg besteht weiterhin auf die Errichtung eines Bahnhofs in Oberndorf - die Bayerische Eisenbahngesellschaft indes lässt wenig Bereitschaft dazu erkennen.

Von Wieland Bögel und Merlin Wassermann, Ebersberg

In der Kreisstadt bemüht man sich weiterhin darum, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Diese ist in Oberndorf sogar schon vorhanden, woran es aber mangelt, ist ein Bahnhof. Einen solchen hatte Ebersberg nach einem Antrag der CSU/FDP-Stadtratsfraktion im Frühjahr bei der Bahn angeregt, nun liegt eine wenig aussichtsreiche Antwort dazu vor. Die Politik hält indes ihre Forderung nach einem zusätzlichen Bahnhof im Osten der Stadt aufrecht.

Bis ins Jahr 1981 hielt der Zug von und nach Wasserburg auch in Oberndorf, dann wurde der Haltepunkt - einen richtigen Bahnhof gab es dort nie - stillgelegt. Ungefähr genauso lange gibt es in Ebersberg Bemühungen, die Oberndorfer wieder an den Bahnverkehr anzubinden, nahezu alle Stadtratsfraktionen haben entsprechende Anträge gestellt, zuletzt eben die von CSU und FDP.

Bereits im März stimmte der Ausschuss der Forderung nach einem Bahnhof in Oberndorf zu

Darin wird gefordert, im Zuge des Ausbaus der Strecke München-Wasserburg eine neue Haltestelle für Oberndorf zu bauen. Auch dazu, wo die Station entstehen soll, gab es einen Vorschlag: Die Antragsteller halten den östlichen Bereich des Ortes dafür geeignet, wo sich auch die Schule und der Gasthof befinden. Durch diese beiden Einrichtungen würde nach Einschätzung der Antragsteller auch die von der Bahn als Mindestgröße geforderte Anzahl von 100 Ein- und Ausstiegen pro Tag erreicht. Der Technische Ausschuss schloss sich im März einstimmig den Forderungen an, die Stadtverwaltung stellte eine entsprechende Anfrage an die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG).

Die Antwort kam nun Mitte September "auf erneute Erinnerung", wie es in der Stellungnahme der Verwaltung heißt, und ist wenig vielversprechend. Laut BEG stehe ein Haltepunkt in Oberndorf dem Ziel entgegen, die Fahrzeit zwischen Reitmehring und Ebersberg zu verkürzen. Auch vor dem Hintergrund, dass in einigen Jahren - wenn die Elektrifizierung einmal umgesetzt ist - S-Bahnen auf der Strecke verkehren sollen, sei man bei der BEG darum bemüht, die Fahrzeiten weiter zu verkürzen. Daher könne man der Stadt "den neuen Halt Oberndorf nicht in Aussicht stellen".

Die Stadtverwaltung verwies in dem Zusammenhang noch darauf, dass die ablehnende Haltung der BEG wohl auch bedeuten werde, eventuell nötige Machbarkeitsuntersuchungen aus dem städtischen Säckel zu finanzieren. Entsprechende Mittel seien im aktuellen Haushalt allerdings nicht vorhanden - zudem gebe es noch keine Schätzungen, wie viel Geld man dafür benötigen werde. Eine Empfehlung an den Ausschuss, das Vorhaben Bahnhof Oberndorf aufzugeben, hat die Verwaltung indes ausdrücklich nicht ausgesprochen.

Für die ablehnende Haltung der Eisenbahngesellschaft gibt es kein Verständnis

Alexander Gressierer (CSU) plädierte dafür, die Forderung trotz des ablehnenden Schreibens der BEG aufrecht zu erhalten: "In Zeiten, in denen immer mehr auf die Schiene gedrängt wird, ist es nicht einzusehen, dass die einfachste Möglichkeit dafür, eine bestehende Strecke zu nutzen, nicht gehen soll." Die Stadt solle daher weiter Gespräche mit der Bahn führen. Sehr verärgert über die Bahn zeigte sich sein Fraktionskollege Martin Schechner: "Attraktiv ist ein Zug, wenn er regelmäßig und zuverlässig fährt. Das soll die Bahn erst einmal hinbekommen, bevor sie uns sagt, was nicht geht."

Unterstützung, aber auch etwas Pessimismus, kam von Christoph Münch (SPD). Seine Fraktion habe kein Problem damit, den Antrag aufrecht zu erhalten - "ich weiß nur nicht, warum die Bahn jetzt was tun sollte". Auch Jürgen Friedrich (Grüne) sprach sich für weitere Verhandlungen mit der Bahn aus. Natürlich sei eine schnelle Verbindung wichtig, aber ebenso der Ausbau des Angebotes. Dies sei auch beides möglich, etwa, indem man zusätzliche Express-Verbindungen einrichte, die nicht alle Stationen anfahren.

Gerd Otter (Pro Ebersberg) äußerte die Befürchtung, dass die Bahn nicht nur keine zusätzliche Haltestelle in Oberndorf einrichten, sondern zwecks Fahrzeitverkürzung bestehende Bahnhöfe an der Strecke stilllegen könnte. Er regte daher an, die Stadt solle sich mit den anderen Anliegerkommunen der Strecke in Verbindung setzen, um solchen Einsparungen frühzeitig zu widersprechen.

Der Forderung nach einem Halt in Oberndorf widersprach Otter nicht, vor allem aber solle man bei der Bahn mal wieder nachfragen, sagte er, wie es denn mit dem angekündigten Bahnhof im Ebersberger Westen weitergehe. Hier habe der Schienenkonzern das Datum 2025 für den Baubeginn genannt, da sollte man ruhig "mal nachhaken, wie denn der Stand ist".

Auch der erste Oberndorfer Haltepunkt entstand gegen den Willen der Bahn

Laut Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) gibt es "bis heute keine belastbaren Aussagen", wie es mit dem Bahnhof im Südwesten weitergehen soll. Allerdings stehe dieser im Zusammenhang mit dem Ausweichgleis für die S-Bahn, welches auf jeden Fall in den kommenden Jahren gebaut werden müsse. Eine Anfrage zum aktuellen Zeitplan werde die Verwaltung "gerne nochmal" stellen. Was den Oberndorfer Bahnhof betrifft, schlug Proske vor, das Verkehrsplanungsbüro, welches für die Stadt aktuell Daten zum integrierten Mobilitätskonzept sammelt, mit der Sache zu befassen. Die Planer könnten prüfen, welche Möglichkeiten die Stadt hier habe.

Vielleicht hilft dabei ja ein Blick in die Geschichte. Ein Experte für die Eisenbahnhistorie im Landkreis, Karl Bürger aus Markt Schwaben, weiß jedenfalls zu berichten, dass sich die Oberndorfer schon einmal erfolgreich durchgesetzt haben, was ihren Bahnhof betrifft. Denn als die Strecke 1905 gebaut wurde, war ursprünglich gar kein Halt in Oberndorf geplant. Gewissermaßen als Kompromiss wurde dort dann ein sogenannter Personenhalteplatz eingerichtet, der lediglich aus einer Kiesaufschüttung als Bahnsteig bestand. Bahnpersonal sei dort zu keiner Zeit vorhanden gewesen, so Bürger weiter, aber immerhin das Stationsschild "Oberndorf bei Ebersberg" - und die Möglichkeit, ein- oder auszusteigen.

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