Süddeutsche Zeitung

Abgedreht - Filmkulissen rund um München:Wo der Hobeditz wohnt

Eine alte Tradition soll wiederbelebt werden. Doch wie sah die gleich noch mal aus? Von Steinhöring bis Baiern, Großhöhenrain und Unterlaus erstrecken sich die Schauplätze für die wunderbare Komödie "Das große Hobeditzn" von Regisseur Matthias Kiefersauer.

Von Michaela Pelz, Landkreis Ebersberg

"Weil's bloß bei uns do da so scheene Wies'n gibt!" heißt es in einem wunderbar skurrilen Gstanzl der Komödie von Matthias Kiefersauer: "Das große Hobeditzn" aus dem Jahr 2007. Diese Aussage trifft nicht nur auf die Hauptdrehorte in Baiern (Landkreis Ebersberg) und dem angrenzenden Feldkirchen-Westerham (Landkreis Rosenheim) zu, sondern steht gewissermaßen auch für die Seele dieses bis in die Nebenrollen hochkarätig besetzten Schelmenstücks.

Es spielt nicht nur auf dem Land, es ist das Land. Inklusive der Menschen, die dort leben. Mit ihrer sehr speziellen Art, aber auch ihrem Ideenreichtum und dem Zusammenhalt der ländlichen Gemeinschaft, wenn es darauf ankommt.

Doch worum geht es? Korbinian Hobeditz (Jörg Hube) lebt mit Neffe Christoph (Thomas Unger) auf einem abgehalfterten Hof im fiktiven oberbayerischen "Zell". Da winkt als Geschenk des Himmels ein unerwartetes Erbe in Höhe von 53 Millionen Euro. Einzige Bedingung dafür: das legendäre "Hobeditzn" muss wieder stattfinden. Nur dumm, dass diesen Brauch keiner mehr kennt. Was sich daraufhin im Dorf abspielt, ist unglaublich komisch, irrwitzig und gleichzeitig zutiefst anrührend.

Im Garten finden Wildkräuterführungen statt

Als man gemeinsam mit Regisseur Kiefersauer 16 Jahre nach dem Dreh das Hauptmotiv aufsucht, den "Faunzenhof" unweit von Antholing, mag einem vieles einfallen - "heruntergewirtschaftet" gehört definitiv nicht dazu. Denn hinter dem schönen verwunschenen Garten, in dem Hausherrin Angela Neuberger, eine Dekorateurin und Floristin, Kräuterführungen für Schulen und Kindergärten anbietet, liegt ein sorgfältig renoviertes Anwesen, das trotz aller Modernisierung im Inneren nach außen das Flair eines traditionellen Hofes ausstrahlt. Vor zwölf Jahren hat Familie Neuberger das gekauft, was Szenenbildnerin Irene Edenhofer-Welzl 2006 aufgetan hatte: einen damals verlassenen Hof, der perfekt zur finanziellen Situation der Filmfiguren passte.

Perfekt auch die anderen Motive in unmittelbarer Nähe - einzelne Häuser und öffentliche Orte in Großhöhenrain und Unterlaus, direkt hinter der Grenze zum Landkreis Rosenheim, ebenso wie das kurzerhand zum Seniorenstift umfunktionierte Piusheim im Landkreis Ebersberg.

Dieser wiederum war für den aus Kirchseeon stammenden Alexander Liegl, zusammen mit Kiefersauer für das Drehbuch verantwortlich, schon von Anfang an im Gespräch. "Eine nicht übertrieben idyllische oder spektakuläre Gegend - Endmoränen halt. Unaufgeregt und trotzdem ganz hübsch, ohne auf Tölz oder Oberammergau zu machen. Diese Mischung mag ich."

Und ganz wie es zu einem guten Mix passt, nimmt der Film seinen Anfang an einer ganz anderen Ecke des Landkreises, auf der knapp 30 Kilometer entfernten Kreisstraße EBE20 zwischen Tulling und Sensau, zwei kleinen Ortschaften in der Nähe von Steinhöring. Über die jagt ein Rettungswagen, der kurze Zeit später in die Zufahrt der Notaufnahme der Kreisklinik Ebersberg einbiegt.

Eine, die diese Ankunft hautnah erlebt hat, ist Irmi Birkmaier. An ihre Statistenrolle war sie durch ihre Nichte geraten. Diese sollte als Fußgängerin vor dem Krankenhaus zu sehen sein, während ihre Tante am Steuer eines Autos sitzen würde. Zum Leidwesen der Studentin war es am Ende genau andersherum. Birkmaier lacht, als sie davon erzählt. Vier- bis fünfmal sei sie den Gehsteig entlanggegangen, bei einem Zeitaufwand von alles in allem vielleicht zwei Stunden. 70 Euro habe sie dafür bekommen. "Was mir wie ein guter Stundenlohn vorkam, bis ich hörte, dass es auch leicht den ganzen Tag hätte dauern können", sagt die Mittvierzigerin, die im Zusammenhang mit den Dreharbeiten vor allem an Jörg Hube denkt ("ein selten netter Mensch"), der sich ohne Starallüren mit allen am Set unterhielt.

Dass dieser große Schauspieler in seinem Langfilm-Debüt mitwirkte - ebenso wie Monika Baumgartner, Michael Lerchenberg, Gerd Lohmeyer, Philipp Sonntag, Stefan Betz, Christian Springer, Bettina Mittendorfer, Michael Altinger und Luise Kinseher (um nur ein paar Mitwirkende zu nennen) - macht den Film für Matthias Kiefersauer zu etwas ganz Besonderem. Wohl auch deswegen erinnert er sich vor Ort an viele Details - wozu er nicht einmal das extra aus dem Keller herausgekramte Original-Drehbuch benötigt.

Mit der Hausherrin fachsimpelt er über versetzte Wände, den Stall, den die Neubergers mittlerweile in einen Mehrzweck-Wohn- und Lebensraum verwandelt haben und über die historische Tür, für die beim Dreh extra ein Hausheiliger aufgetrieben wurde.

Im Hof erzählt er von der großen Schlussszene, die teilweise im Freien spielte. "An diesem Tag war ein Gewitter angesagt und weil wir so viele Komparsen hatten wie sonst für zwei Filme zusammen, musste eine riesige Plane vom Haus zur Scheune gespannt werden. Am Ende hatte sich dort so viel Wasser angesammelt, dass man sie aufschneiden musste."

Auch seine Zusammenarbeit mit Alexander Liegl kommt zur Sprache. Diese hat sich seitdem immer wieder fortgesetzt, etwa für die Reihe "München Mord". Übrigens: Im "Hobeditzn" (diese "durch und durch bayrisch klingende" Wortschöpfung ist Kiefersauer in der S-Bahn eingefallen) ist Drehbuchautor Liegl auch selbst zu sehen - als Ziegenzüchter. Einen passenden Hof fand man in Großhöhenrain, wo man in einem anderen Haus gar eine neue Tür setzen durfte. "Die Bäuerin war wahnsinnig nett, hat für uns gebacken und ihren selbstgebrannten Schnaps probieren lassen, natürlich nach Drehschluss", sagt Kiefersauer.

Besonders freut ihn, dass man dank des Charmes der Ausstatterin das Kriegerdenkmal im wenige Kilometer entfernten Unterlaus in den Film ein- und sogar umbauen durfte.

Dazu passt die Aussage von Liegl: Das Drehen auf dem Land sei "freier, man kann mehr machen". Sowohl im Hinblick auf die filmischen Möglichkeiten als auch inhaltlich gesehen. Mit dieser Meinung steht er nicht allein. Und auch nicht mit dem Faible für Baiern: Die Scheune, in der das eingangs erwähnte Gstanzl aufgeführt wurde, hat mittlerweile auch schon ein weiteres Mal als Kulisse hergehalten. Für einen Passau-Krimi.

"Das große Hobeditzn": Wiederholung am 17. September 2022 um 23.30 Uhr im BR Fernsehen.

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