Seit bald neun Jahren ist in Gerolsbach ein Bürgerwindpark mit drei Anlagen in Betrieb. Der beschauliche Ort mit gerade einmal 3850 Einwohnern im Landkreis Pfaffenhofen hat seitdem fast 151 Millionen Kilowattstunden Energie gewonnen – damit sind seit 2015 in jedem Jahr mindestens 8500 Tonnen CO₂ eingespart worden. Das ist so viel, wie bei 66 Hin- und Rückflügen von München nach Sydney ausgestoßen wird. Pro Jahr. Aktuell ist in Planung, in Kooperation mit vier anderen Kommunen sechs bis sieben weitere Anlagen zu bauen.
Das, was Gerolsbachs Bürgermeister Martin Seitz am Dienstagnachmittag im Landratsamt Vertretern aus den Gemeinden im Landkreis Ebersberg erzählte, klingt nach einer Mammutaufgabe für eine solch kleine Kommune. „Wie machen Sie das personell?“, fragte deshalb Lisa Rütgers, Klimaschutzmanagerin im Ebersberger Landratsamt. Sechs Angestellte gibt es laut Seitz in seiner Gemeinde, doch nicht alle seien in das Projekt rund um den Bürgerwindpark involviert, „wir stemmen das eigentlich zu dritt“.
Klimaschutz im Landkreis:2030 fest im Blick
Der Landkreis Ebersberg möchte an seinem Ziel festhalten, in sechs Jahren frei von fossilen Energieträgern zu sein. Am ursprünglichen Beschluss wird nun allerdings nachgeschärft - und ein Missverständnis aus der Welt geräumt.
Im Mai dieses Jahres hat der Ebersberger Kreistag das Klimaschutzziel für den Landkreis aktualisiert. Zuvor hatte eine Arbeitsgruppe mit Mitgliedern aus allen Fraktionen das Papier überarbeitet, und zwar grundlegend. Unter anderem wurde konkretisiert, dass die Empfehlung, bis zum Jahr 2030 frei von fossilen und endlichen Energieträgern zu sein, „als sehr ambitioniertes Ziel und als Ansporn beibehalten“ wird, und zwar „insbesondere dort, wo wir in eigener Zuständigkeit handeln können“. Also: Das Landratsamt will bis 2030 zumindest bei seinen eigenen Liegenschaften frei von CO₂ werden.
Das bekräftigte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) am Dienstag nochmals. „Wir kommen gut voran, wir brauchen uns nicht zu verstecken“, sagte er, „aber wir sind noch weit entfernt, die Klimaziele zu erreichen.“ Ein wachsendes Problem dabei ist dem Landrat zufolge, dass immer mehr Vorgaben von der Politik aus Berlin kämen, allerdings ohne die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. „Wir können nicht mehr das leisten, was wir leisten müssten.“ Klimaschutz sei nach wie vor eine freiwillige Leistung wie beispielsweise auch Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr.
Das Landratsamt möchte beim Klimaschutz enger mit den Gemeinden zusammenarbeiten
Neu aufgenommen in das Ebersberger Klimaschutzziel wurde, dass der Landkreis künftig noch enger mit den Kommunen kooperieren und sie bei der Energiewende unterstützen möchte. In diesem Sinne wurde den Gemeinden das sogenannte Meilensteinplantool zur Verfügung gestellt. Das Tool zeigt den derzeitigen und künftigen Energiebedarf, aufgeteilt in Storm und Wärme, wie es auf Nachfrage aus dem Landratsamt heißt. So „können die Gemeinden planen, wie sie ihren Energiebedarf zukünftig decken wollen“ und „was zum Erreichen der Klimaneutralität nötig ist“. Dabei kann die Unterstützung des Klimaschutzmanagements im Landratsamt sowie der Energieagentur in Anspruch genommen werden – „fast, aber nicht alle Gemeinden haben das Angebot angenommen“.
Der Vortrag über die Anstrengungen in Gerolsbach, die Bürgermeister Seitz präsentierte, sollte als Inspiration und Motivation dienen: Durchdacht geplant und mit Beteiligung der Bevölkerung – „das ist das Wichtigste, dass man die Bürger da sofort mitnimmt, ansonsten gibt es Widerstand“ – lasse sich vieles erreichen. Im Anschluss stellten Vertreter aus der Stadt Ebersberg sowie den Gemeinden Glonn, Kirchseeon, Zorneding und Bruck ihre Klimaziele vor und sprachen über das, was sie bisher erreicht haben.
So berichteten alle davon, kommunale Liegenschaften mit PV-Anlangen auszustatten sowie das Wärmenetz auszubauen. Die Beleuchtung ist ebenfalls vielerorts bereits vollständig auf LED umgestellt. Der Glonner Bürgermeister Josef Oswald (CSU) sprach von dem Ziel, bis 2030 ein Windrad zu bauen, ein zweites dann bis 2040. In Kirchseeon sind Schulgebäude besser gedämmt worden. Zorneding plant einen Bürgerworkshop, um Maßnahmen in Hinblick auf Klimaschutz zu entwickeln, die gemeinsam umgesetzt werden sollen – außerdem sind drei Windkraftanlagen mit Bürgerbeteiligung geplant, in Ebersberg könnten es sogar bis zu fünf Anlagen werden.
Klimawandel vor der Haustüre:„Wir werden den Landkreis nicht wiedererkennen“
Spätestens in 150 Jahren wird es den Ebersberger Forst, wie man ihn heute kennt, nicht mehr geben – das ist für den Meteorologen Björn Walz sicher. Auch auf diese Weise wird der Klimawandel also Auswirkungen auf das Leben in der Region haben.
Danach verwies Reinhard Tonollo (SPD), Zweiter Bürgermeister in Poing, auf den Aspekt Trinkwasser in Zeiten sinkender Grundwasserstände, „das sollte man vielleicht auch als Klimaziel definieren“. In seiner Gemeinde etwa würden kommunale Bepflanzungen mit Wasser aus einem Regenrückhaltebecken gegossen. Friederike Paster, Leiterin des Bereichs Bau und Umwelt im Landratsamt, verkündete daraufhin, dass sich Anfang 2025 ein Runder Tisch „Wasser“ dieses Themas annehmen wird.
Klar ist: Bis 2030 werden es die wenigsten Kommunen im Landkreis schaffen, in den Bereichen, die sie beeinflussen können, klimaneutral zu sein – 2040 ist zumindest bei den meisten, die am Dienstag ihre Ziele vorstellten, das avisierte Jahr. „Aber vielleicht sind wir schneller“, sagte Brucks Bürgermeister Josef Schwäbl (CSU).