Schon lange ist der Klimawandel nicht mehr nur am anderen Ende der Welt an schmelzenden Polkappen bemerkbar. Spätestens bei den Überschwemmungen im Frühjahr dieses Jahres wurde einem auch im Landkreis Ebersberg die Gefahr bewusst. Die „Aktion Zukunft+“ will gegensteuern. Mit dem Kauf eines Zukunftszertifikats werden regionale und globale Klimaschutzprojekte gleichermaßen unterstützt. Erstmals gestartet ist die Initiative im Mai 2023. Damals im Landkreis München, in gemeinsamer Kooperation mit der Energieagentur München-Ebersberg.
Im März berichtete die SZ bereits über die ersten Anläufe des Projekts im Landkreis Ebersberg. Damals wurde noch nach mehr geeigneten Ideen für zu fördernde regionale Projekte gesucht. Was konnte die „Aktion Zukunft+“ seither im Landkreis bewirken?
Mittels Crowdfundings, also Spenden von Privatpersonen, Unternehmen und Gemeinden, finanziert sich die Initiative. Von den jeweils 20 Euro teuren Zukunftszertifikaten fließen zwei Euro in die Verwaltung. Von dem Restbetrag unterstützt eine Hälfte globale Projekte, die andere die hiesigen.

Aktion Zukunft+:CO₂-Ausgleich per Klick
Seit Januar 2024 beteiligt sich der Landkreis Ebersberg an der Initiative "Aktion Zukunft+": Betriebe und Einzelpersonen können Zertifikate kaufen, mit dem Erlös werden Klimaschutzprojekte unterstützt. Wie läuft die Aktion bisher?
Eine erste Bilanz: „Die Entwicklung des Spendenaufkommens im Laufe des ersten Jahres war erfreulich“, sagt Franziska Herr, Pressesprecherin des Landratsamts München. Mit 5774 verkauften Zertifikaten seit Start des Projekts im vergangenen Jahr bis Ende Juni 2024 wurden mehr als 115 000 Euro gespendet sowie knapp 6000 Tonnen CO₂ eingespart. Hinzukommen Gelder von CO₂-Kompensationszahlungen der beiden Landkreise München und Ebersberg, die bisher nicht eingerechnet sind. Die genauen Zahlen für das Jahr 2024 sind daher noch nicht bekannt. Doch im vergangenen Jahr, als nur der Landkreis München beteiligt war, beliefen sich die Treibhausgas-Kompensationszahlungen Franziska Herr zufolge auf rund eine Million Euro.
Ein Projekt, das nun seit drei Anbauperioden in Folge finanziert, wird, ist der „Humusaufbau in der Landwirtschaft“. Heuer können zwölf Bauern, davon sieben aus dem Landkreis Ebersberg, dank der Spenden anstelle von Silomais als Futter und Substrat nun Kleegras anbauen. Das ist zwar teurer, dafür jedoch bodenschonender sowie ein Binder von Kohlenstoff, wie es auf der Website von „Aktion Zukunft+“ heißt. Noch ein Vorteil: Die Verwendung von Mineralstoffdüngung und organischer Düngung kann reduziert werden.
Drei Hektar Kleegras baut Matthias Hackl, ein Landwirt im Baldham, schon an
Matthias Hackl aus Baldham war der erste Landwirt aus dem Landkreis Ebersberg, der sich dem Projekt angeschlossen hat. Auf einer Fläche von etwa drei Hektar baut er nun Kleegras anstelle von Mais an – weil er mit dem „in den letzten zwei Jahren Probleme hatte“, sagt er. Die Umstellung sei für ihn deshalb eine gute Alternative gewesen. Krähen seien an seinen Mais gegangen, weil er das Saatgut nicht beizen durfte, erklärt Hackl.
Ein weiterer Grund für ihn, an dem Förderprojekt teilzunehmen: Den Klimawandel spüre er deutlich, denn „in der Münchner Schotterebene mit ganz wenig Humusauflage ist es halt ein Problem, wenn es nicht regnet“. Die hiesigen Böden seien nicht darauf ausgelegt, Wasser zu speichern. Kommt es dann im Sommer zu zwei heißen trockenen Wochen, dann könne das schon schwierig für die Landwirte in der Umgebung werden, sagt Hackl. Von dem Projekt erhoffe er sich, dass sich die Lage ein wenig bessert.
Die Unterstützung, die Hackl beim „Humusaufbau in der Landwirtschaft“ erhält, ist vorerst begrenzt auf zwei Jahre, danach gibt es die Option, das Projekt zu verlängern. Ob er anderen empfehlen würde, auf Kleegras umzusteigen? Der Anbau habe klare Vorteile, „die kann keiner von der Hand weisen“, sagt Hackl. Vor allem für das Klima. Dennoch benötige man schlicht und ergreifend eine Verwertungsmöglichkeit, die sei nicht immer gegeben. Wirtschaftlichkeit bleibe ein wesentlicher Faktor. Er selbst halte keine Tiere, deshalb liefere er sein Kleegras an zwei Milchviehhalter und eine Biogasanlage. Im Gegenzug bekommt er Gülle und Mist, das benutzt er als Dünger für seinen Acker, so Hackl. Somit habe sich für ihn der Umstieg rentiert.
Was passiert, wenn das Spendenziel nicht erreicht wird?
Wird mal zu einem bestimmten vorgesehenen Zeitpunkt ein Spendenziel von „Aktion Zukunft+“ nicht erreicht, bleibt die Umsetzung „durch die zur Verfügung stehenden Mittel der Treibhausgas-Kompensation der Landkreise München und Ebersberg in der Regel abgesichert“, erklärt Pressesprecherin Franziska Herr. Diese nämlich dienen genau der Finanzierung der Projekte ohne erreichtes Spendenziel. Andernfalls können die Kompensationszahlungen auch für eine Anschubfinanzierung aufkommen.
Ein weiteres regionales Projekt, das im Landkreis unterstützt wird, ist die Aufforstung des Ebersberger Forsts. Dafür sollen im Herbst dieses Jahres auf 2,5 Hektar Fläche insgesamt 10 000 Bäume gepflanzt werden. Auf der anderen Seite der Welt – in Indien, Uganda oder Nepal – unterstützen die Spenden entweder erneuerbare Energiequellen-Initiativen, etwa den Aufbau von Windkraftanlagen und Solarparks, oder sie finanzieren den Förderschwerpunkt „in und mit der Bevölkerung“. Dabei gehe es um effiziente Kochöfen, von denen nicht nur das Klima, sondern auch die Bevölkerung vor Ort profitieren soll, heißt es auf der Website von „Aktion Zukunft+“.

Teilnehmer gesucht:Klima-Projekte für Landwirte
Bei der Aktion Zukunft+ werden Betriebe gefördert, die Flächen für den Humusaufbau nutzen oder trockengelegte Moorflächen wiedervernässen lassen.
Dass die Etablierung der Zukunftszertifikate seine Zeit benötigen wird, war den Initiatoren im Vorhinein bewusst, wie Franziska Herr sagt. Dass sich immer mehr Unternehmen für die Projekte interessieren, sei deshalb sehr erfreulich – und diese Entwicklung ist auch aus der Aufschlüsselung der Spendengelder herauszulesen: Mit viereinhalb zu eins machen die Unternehmen im Gegensatz zu Privatspendern den größeren Teil aus. Franziska Herr blickt deshalb optimistisch in die Zukunft, sie erwartet für das zweite Jahr einen Ausbau der Gesamtspenden. Nicht zuletzt bedeutet das „einen großen Mehrgewinn für den Klimaschutz in der Region und auch weltweit“, erklärt sie.
Das ganze Interview mit Landwirt Matthias Hackl und mehr Informationen zur „Aktion Zukunft+“ gibt es unter aktion-zukunft-plus.de.