Süddeutsche Zeitung

Gesundheit im Landkreis Ebersberg:Springfidel auch im Alter

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Im AWO-Seniorenzentrum Kirchseeon gibt es seit 2021 ein innovatives Gesundheits-Program: Die Bewohnerinnen und Bewohner trainieren an Trampolinen - mit Erfolg.

Die älteste Teilnehmerin derzeit ist 91 Jahre, für sie hat sich ein Kindheitstraum erfüllt, ein dementiell erkrankter Bewohner erlebt den sachten Schwung jedes Mal neu: Was vor anderthalb Jahren mit einem Mini-Trampolin im AWO-Seniorenzentrum Gertrud-Breyer-Haus in Kirchseeon begann, hat sich zu einer echten Erfolgsgeschichte entwickelt. Jeden Donnerstagvormittag betreten betagte und hochbetagte Frauen und Männer erwartungsvoll den Bewegungssaal des Hauses. Zwei Trampoline haben wieder Schwung in ihr Leben gebracht, zu jeder Zeit aufmerksam begleitet von Trampolintrainerin Silke Weiss und Sozialdienstleiterin Sarah Berchtold.

"Die meisten Leute assoziieren ein Trampolin mit Garten, Kindern, springen", sagt Silke Weiss. "Anfangs waren wir eher skeptisch und haben uns gefragt, ob unsere Bewohner das schaffen", erinnert sich Sarah Berchtold. In einer Vorführungsrunde stellte Silke Weiss ihr und Lydia Wörlein das kleine Sportgerät vor und die beiden Frauen beschlossen, ihre Bewohnerinnen und Bewohner zu diesem neuen Angebot einzuladen. Letzte Zweifel an einer Eignung des für maximale Sicherheit mit Haltegriff und T-Stange ausgestatteten Mini-Trampolins für den Einsatz bei alten Menschen räumen diese dann selber aus. "Es hat wie eine Bombe eingeschlagen", so Berchtold. Gleich beim ersten Mal hätte sich rund ein Dutzend Frauen und Männer für das neue Angebot interessiert.

Der Effekt des neuen Sportangebotes sei positiv für Körper und Geist, so die Initiatorinnen

"Demenz ist gar kein Hindernis", so Sarah Berchtold. Für einen an Demenz erkrankten Bewohner sei das Trampolin "jedes Mal eine tolle neue Erfahrung." Die Menschen würden sich intuitiv auf dem Trampolin bewegen, sein flexibler Untergrund würde von manchen auch wie eine Massage empfunden. "Das Gleichgewichtsorgan, eigentlich alles, wird aktiviert, das schüttet unfassbar viele Glückshormone aus", weiß Berchtold. "Die Menschen schauen auf dem Trampolin nach vorne und richten sich wieder aus ihrer gekrümmten Haltung am Rollator auf, auch ihre Körperwahrnehmung wird wieder gesteigert", sagt Silke Weiss. Sogar der Verdauungstrakt werde aktiviert. "Egal, ob eine oder zehn Minuten: Auf dem Trampolin bringen die Menschen ihre Zellen, auch die des Gehirns, ins Tanzen, Erinnerungen und Emotionen werden wieder wach."

"Solche innovativen, pragmatisch umsetzbaren Projekte brauchen wir", betont Dr. Hans Gnahn, der Vorsitzende der Alzheimer Gesellschaft Landkreis Ebersberg. Der Neurologe betont die vielfach in Studien belegte äußerst positive Auswirkung von Bewegung auf das Gehirn bis ins hohe Alter. "Das Projekt Trampolin zeigt, wie durch eine ideale Kombination von körperlicher Bewegung und Musik die Lebensqualität gerade auch von Mitmenschen mit Demenz verbessert werden kann." Demenz sei "ein Schicksal, das uns alle treffen kann." Und Sozialdienstleiterin Sarah Berchtold würde das Schwingen auf dem Trampolin sogar "jedem Heim empfehlen, weil es die Bewohner begeistert, sie aktiviert und ihnen so viel Lebensfreude bringt."

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