Jazzfestival Ebersberg:Legenden, Anekdoten und Premieren

Das Programm bietet an neun Tagen zahlreiche vielversprechende Acts - vom Konzert über den Talk bis zum Film.

Von Anja Blum

17 Acts in neun Tagen an sieben Locations, das bietet "EBE-Jazz 2021". Eröffnet wird das Festival am Freitag, 8. Oktober, um 20 Uhr im Alten Speicher von einer reinen Frauenband. Die 92-jährige Sängerin Sheila Jordan, Witwe von Duke Jordan, der Pianist in Charlie Parkers Band war, gilt als "New York's First Lady of Bebop". Zusammen mit vier wesentlich jüngeren Musikerinnen präsentiert sie ein Programm, das demnächst als Album dokumentiert werden soll. Der Samstag, 9. Oktober, beginnt um 17 Uhr mit einer Vernissage: Im Studio an der Rampe zeigt das Münchner Label "Enja" ausgewählte Plattencover. Die Exponate spiegeln den Geist der 70er Jahre, als München im "Domicile" einen der renommiertesten Jazzclubs Europas hatte. Und am Samstagabend dann, um 20 Uhr, tritt der Sänger Mario Biondi im Alten Speicher auf, die "italienische Antwort auf Barry White". Seine Stimme klingt nach purem Soul und Soul-Jazz, mit seinem Sextett zaubert er einen Mix aus eingängigen Grooves mit viel Gefühl.

Zu lange feiern darf man an diesem Abend indes nicht, denn am Sonntag, 10. Oktober, geht es bereits um 12 Uhr weiter mit einer Matinee im Saal der Musikschule: Sängerin Stefanie Boltz und Pianist Christian Wegscheider stehen für einen frischen, ungewöhnlichen Ansatz von Songwriting, ideologiebefreit und changierend zwischen Blues, Kammermusik, Art Pop und Chanson - mit Jazz als großer Klammer. "Bei dieser Musik kann jederzeit alles passieren." Doch damit nicht genug, denn um 17 Uhr wandert das Programm nach Grafing, in die Stadtbücherei, wo Kulturjournalist Marcus A. Woelfle und Pianist Claus Raible "Die Thelonious Monk Story" lesen und spielen. Monk zählt zu den Gründervätern des Bebop und gilt als Wegbereiter des modernen Jazzpianos. Mit ihm geht es denn auch weiter am Dienstag, 12. Oktober, um 19.30 Uhr wieder in der Bücherei, und zwar mit Kino. Zu sehen ist "Straight no chaser", ein faszinierendes Portrait des legendären und eigenwilligen Künstlers. Um eine andere Legende, die Sängerin Billie Holiday, geht es beim Mittwochskino am 13. Oktober um 20 Uhr in Ebersberg. Gezeigt wird eine spektakuläre Dokumentation mit bisher ungehörten Tonbandaufnahmen, die in Deutschland erst Mitte November ins Kino kommt.

Einen Bogen zwischen traditionellem Akustikjazz und der elektronisch geprägten Gegenwart schlägt am Donnerstag, 14. Oktober, um 20 Uhr im Alten Speicher der französische Bassist Michel Benita mit seinem Quartett. Die Zuhörer erwartet poetischer Nu-Jazz: fließende Musik, durch die sich feine Kantilenen des Flügelhorns ziehen, getragen von einem zarten rhythmischen Fundament und bereichert um elektronische Zutaten vom Keyboard. Eine europäische Schlagzeuglegende betritt am Freitag, 15. Oktober, um 20 Uhr die Bühne des Alten Speichers: Daniel Humair. Zusammen mit seinen Trio-Partnern Samuel Blaser an der Posaune und Heiri Känzig am Kontrabass präsentiert der Schweizer Drummer Traditionelles ebenso wie Modernes, Themen aus glorreichen Zeiten ebenso wie Eigenkompositionen der Bandmitglieder. Als Gast mit dabei: der ungarische Pianist Emil Spányi.

Unter dem Titel "Enja Legacy Revue" kann man am Samstag, 16. Oktober, Einblicke erhalten in das Schaffen eines Plattenlabels: Matthias Winkelmann und Werner Aldinger lassen 50 Jahre Revue passieren und erzählen launige Geschichten von Musikern wie Chet Baker oder Abdullah Ibrahim, aber auch über die Anfangszeit, als man die Schallplattenläden in ganz Deutschland noch direkt mit einem VW Käfer belieferte: faszinierende Anekdoten und ein spannendes Stück Zeitgeschichte. Der Talk wird moderiert von Ulrich Habersetzer, Musikjournalist und Moderator beim Bayerischen Rundfunk, und findet statt um 17 Uhr im Studio an der Rampe. Höhepunkt des Festivals aber wird die "Enja-Label-Night" am Samstag, 16. Oktober, um 20 Uhr im Alten Speicher sein: Die Pianistin Anke Helfrich, der Saxofonist Johannes Enders sowie der Trompeter Franco Ambrosetti sind seit langem regelmäßige Mitwirkende bei den viel gerühmten Enja-Produktionen - aber ein musikalisches Stelldichein dieser Musiker kann man erstmals bei EBE-Jazz 2021 erleben.

Jazz aus Griechenland steht am Sonntag, 17. Oktober, um 12 Uhr bei einer Matinee im Café Mala auf dem Programm: Der Trompeter Christos Anastasiadis und die Sängerin Sotiria Kollia präsentieren Eigenes, Jazzstandards und Popsongs in speziellem Stil und Sound. Am Nachmittag schließlich, um 14 Uhr im Alten Kino, kommen Familien auf ihre Kosten: Das Münchner Panama Ensemble sorgt für ein Wiedersehen mit den "Pecorinos", jener Mäusejazzband, die schon bei den drei vorangegangenen Festivals das Publikum begeistert hat. Und wer wissen möchte, was bei einem einwöchigen Workshop mit dem Bassisten Schalk Joubert und der Sängerin Tutu Puoane, beide aus Südafrika, herausgekommen ist, sollte das Abschlusskonzert am Sonntag um 17 Uhr im Alten Speicher besuchen. In der Ankündigung heißt es: "Dieses Konzert verspricht wunderschön, aufschlussreich und höchst unterhaltsam zu werden."

Karten, den Festivalpass und weitere Infos gibt es bei der Vorverkaufsstelle im Foyer des Alten Speichers oder unter (08092) 255 92 05. Einzelne Tickets und das Programm auch unter https://ebe-jazz.de/ oder https://kultur-in-ebersberg.de/.

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