Die Kunst der Zeitmessung ist bekanntlich eine hohe. Neben Schrift, Straßenbau und Bürokratie ist es besonders die Fähigkeit, jederzeit feststellen zu können, wo im Fluss der Zeit man sich gerade befindet, die eine Hochkultur zu einer eben solchen macht. Welche Wegweiser man dazu nun aber benutzt, das ist dann doch sehr verschieden.
Exemplarisch zeigt sich dies an der stets unterschiedlich zu beantwortenden Frage, welche Jahreszeit eigentlich gerade ist. Klar, jetzt ist Sommer, werden die meisten denken - aber welcher und wie lange schon. So gibt es den meteorologischen Sommer, der hat schon vor gut einem Monat begonnen. Der astronomische dagegen erst vergangene Woche mit der Sommersonnenwende, wenn die Tage wieder kürzer werden. Wer es noch astronomisch-gebildeter will, könnte den Sommerbeginn auf kommende Woche legen und zwar auf den Montag. Da erreicht die Erde nämlich das sogenannte Aphel (sprich: Ap-Hel), den sonnenfernsten Punkt auf der elliptischen Umlaufbahn. Interessanterweise wird in den USA bis heute an dem Tag, an dem die Erde beginnt, dem Licht der Sonne wieder näher zu kommen, der Nationalfeiertag gefeiert - vielleicht schreibt Dan Brown ja mal ein Buch darüber. Der Gegenpunkt ist übrigens das Perihel, das ungefähr auf den Tag fällt, an dem die Heiligen Drei Könige die Rauhnächte beenden, welche mit der Wintersonnwende begonnen haben.
Die Hinwendung auf den Winter führt noch zu einer weiteren Möglichkeit, festzustellen, an welchem Punkt des Jahreslaufs man sich befindet. Zumindest wenn man ein Bürofenster an einer ganz bestimmten Ecke in Ebersberg hat. Von dort aus ist nämlich jedes Jahr, irgendwann zwischen Sommersonnenwende und Aphel ein untrügliches Zeichen zu vernehmen, dass es auf die dunklen und kalten Tage zugeht: Die Brennholzsäge legt wieder los, das wohl untrüglichste memento-mori des Sommers.