Übergangsfrist endet:Kuschelige Wärme – aber sauber

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Ein Holzfeuer ist gemütlich und macht auch kleinen Kindern Spaß. Doch der Feinstaub-Ausstoß ist bei älteren Modellen erheblich - deshalb greifen nun neue Grenzwerte. (Foto: Wolfgang Langenstrassen/dpa)

Kamin- und Kachelöfen, die zu viel Feinstaub und Kohlenmonoxid in die Luft blasen, dürfen von 2025 an nicht mehr betrieben werden. Das ist schon lange beschlossene Sache – nicht alle Betroffenen im Landkreis Ebersberg haben sich aber darauf eingerichtet.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Seit sich die Temperaturen dem Nullpunkt nähern, steigt das Arbeitsvolumen von Bezirksschornsteinfeger Florian Bäuml. Denn viele, die jetzt ihre gemütlichen Holzöfen wieder anschüren, erinnern sich auch daran, dass sie vor einiger Zeit darauf aufmerksam gemacht wurden, dass diese viel zu viel Schadstoffe und Feinstaub in die Luft blasen – und deshalb ab dem Jahreswechsel eigentlich nicht mehr betrieben werden dürfen. Umrüsten, erneuern, stilllegen – das sind die Optionen, die sie haben, und Kaminkehrer wie Florian Bäuml haben einiges zu tun mit der Beratung. „Ich bin aktuell gut beschäftigt“, sagt der Fachmann, der in Markt Schwaben und Umgebung unterwegs ist, ähnlich geht es seinem Kollegen Andreas Krischke, der für den Kehrbezirk Baiern zuständig ist: „Der Beratungsbedarf ist immens.“

Grund ist, dass eine letzte Übergangsfrist nach der Bundes-Immissionsschutzverordnung abläuft, schon seit 2010 ist das beschlossene Sache, auf den Weg gebracht hatte die Regelung die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung. In mehreren Stufen mussten kleine und mittlere Feuerungsanlagen – so die offizielle Bezeichnung – seitdem auf den Prüfstand. Alte Öfen, die vor 1995 eingebaut wurden, mussten schon längst nachgerüstet oder ersetzt werden. Jetzt geht es darum, dass Kamin- und Kachelöfen, die zwischen Januar 1995 und 21. März 2010 installiert wurden, die im Gesetz vorgegebenen Feinstaub- und Kohlenmonoxidwerte einhalten müssen. Konkret heißt das: Sie dürfen nicht mehr als vier Gramm Kohlenmonoxid je Kubikmeter Abgas und 0,15 Gramm Feinstaub je Kubikmeter Abgas ausstoßen.

Bezirkskaminkehrermeister Florian Bäuml bei der Bauabnahme eines Holzofens. Momentan verbringt er aber vor allem viel Zeit am Telefon - so groß ist der Beratungsbedarf. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wie viele Haus- und Wohnungsbesitzer nun betroffen sind, dazu werden zentral keine Zahlen erfasst. Bei Franz Neudecker, der im Landratsamt für den Immissionsschutz zuständig ist, laufen vor allem die Fälle auf, in denen es größere Probleme gibt – was aber nicht allzu oft der Fall ist, wie er sagt, er spricht von einer einstelligen Zahl nach jeder neuen Frist. In den meisten Fällen komme man mit Aufklärung und Information weiter, sehr selten sei man gezwungen, Bußgelder zu verhängen – angesichts der Tatsache, dass geschätzt noch mehrere Tausend Holzöfen im Landkreis betrieben würden, durchaus bemerkenswert.

Auch die Kaminkehrer berichten, dass die Menschen durchaus bemüht sind, Mängel zu beseitigen – wenn denn erst einmal zu ihnen durchgedrungen ist, dass sie handeln müssen. Denn zwar machen die Kaminkehrer seit Jahren bei den vorgeschriebenen Feuerstättenschauen darauf aufmerksam, dass für einige Öfen eben eine Übergangsfrist ausläuft, „trotzdem ist das nicht bei jedem so ins Bewusstsein gedrungen“, sagt Andreas Krischke. Bei ihm häufen sich die Anrufe, wenn mal wieder über die Neuregelung ab 2025 berichtet wird, dann falle den Leuten ein, dass ja auch sie betroffen sein könnten. Nachvollziehen kann Krischke gut, dass die Betroffenen sich an Experten wenden: „Das Immissionsschutzgesetz ist auch für Fachleute nicht ganz einfach zu verstehen.“

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Wenn also die Leute fragen, was um Himmels Willen sie jetzt tun müssen und ob sie bestraft werden, wenn sie am 1. Januar 2025 nochmals ihren Ofen anheizen, klärt Krischke erst einmal, um welche Feuerstätte es denn überhaupt geht. Denn es gebe erstaunlich viele Ausnahmen, sagt er: Herde, offene Kamine oder handwerklich vor Ort gebaute Feuerstätten gehören zum Beispiel dazu. Für sie gilt die Neuregelung nicht, ebenso wie für Holzöfen, die die einzige Heizquelle in einem Haus sind. „Da geht man davon aus, dass der Ofen überlebenswichtig ist“, sagt Krischke. Wer hingegen einen älteren Kachelofen mit Heizeinsatz oder einen Kaminofen betreibt, muss nachweisen, dass die Grenzwerte eingehalten werden.

Meist lohnt sich eine Nachrüstung nicht

Am einfachsten geht das, wenn das betriebene Modell auf einer entsprechenden Internetseite des Industrieverbands Haus-, Heiz- und Küchentechnik (HKI) hinterlegt ist, darauf weist Franz Neudecker vom Landratsamt hin. Für viele Kaminöfen, die in Serie produziert wurden, sind hier die Prüfstandsmessbescheinigungen hinterlegt. Der Hersteller führt also genau auf, welche Abgas- und Feinstaubwerte beim Betrieb der Anlagen zu erwarten sind – somit ist sehr schnell zu erkennen, ob es ein Problem gibt oder nicht: „Diese Seite ist ein Segen“, urteilt Kaminkehrer Krischke. Alternativ könne man den Hersteller kontaktieren und um die Daten bitten oder auch die Einhaltung der Grenzwerte durch eine Messung nachweisen, Letzteres komme aber ausgesprochen selten vor.

Wenn klar ist, dass der eingebaute Ofen zu viel Feinstaub oder Kohlenmonoxid ausstößt, müssen die Haus- und Wohnungsbesitzer handeln. Theoretisch ist eine Nachrüstung der vorhandenen Anlagen möglich. Das ist nach Erfahrungen von Andreas Krischke und Florian Bäuml aber eine Option, die eher selten wahrgenommen wird. Denn auch nach einer Nachrüstung handle es sich immer noch um einen alten Ofen, mit entsprechenden Mängeln. „Effizienter und effektiver“ sei es meist, gleich eine Neuanschaffung zu planen, sagt Bäuml. Er erinnert sich an einen Kunden, der diesen Schritt partout vermeiden wollte – dann aber fast eine fünfstellige Summe für die Nachrüstung ausgeben musste. Je nach Modell gebe es einen neuen Ofen für 3000 bis 5000 Euro, sagt der Markt Schwabener Kaminkehrer. Oft seien seine Kunden danach „hellauf begeistert“, nicht nur, weil neue Modelle besser zu befeuern seien, sondern auch weil alte Öfen oft keine Glasscheibe vor dem Feuerraum gehabt hätten – und somit zur größeren Umweltfreundlichkeit auch mehr Gemütlichkeit komme.

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Doch was, wenn sich Ofenbesitzer bisher noch nicht um das Thema gekümmert haben? Stillgelegt werde der Ofen selbstverständlich nicht gleich am 1. Januar, klärt Andreas Krischke auf. Erst wenn der Kaminkehrer zur Feuerstättenschau, die zweimal innerhalb von sieben Jahren vorgeschrieben ist, vorbeikommt und feststellt, dass der Ofen den Bestimmungen nicht mehr entspricht, gibt es eine Mängelmeldung – dem Ofenbesitzer wird nochmals die Möglichkeit eingeräumt, das Defizit zu beseitigen. Passiert auch dann nichts, werden diese Fälle ans Landratsamt gemeldet.

Keine nachhaltige Strategie ist es übrigens, wenn Hausbesitzer behaupten, dass es keinen Handlungsbedarf gebe, da ihre Öfen gar nicht mehr angeheizt würden, und das der Wahrheit nicht entspricht. Denn auch solche Öfen unterliegen, wie Krischke erläutert, der Kehrpflicht – und wenn die Kaminkehrer Ruß finden, ist die Lüge schnell aufgeflogen. Möglich ist es allerdings, dass man einen Ofen vom Kamin trennt und ihn somit unbrauchbar macht, oder dass man daraus eine sogenannte „Notfeuerstätte“ macht, die nur im Katastrophenfall nochmals genutzt werden darf, dafür gibt es Vordrucke der Innung.

In den meisten Fällen grummeln die Hausbesitzer zwar ein bisschen über die neuen Regeln, kümmern sich aber dann durchaus darum, sie auch einzuhalten, wie die Kaminkehrer festgestellt haben. „Dass man gar nichts tut, passiert eigentlich nur, wenn das Geld einfach nicht da ist“, sagt Krischke. Solche Fälle landen dann immer wieder bei Franz Neudecker im Landratsamt. „Es gibt Härtefälle, die wir auch so behandeln“, sagt er. Wenn etwa eine hochbetagte Frau sich einfach nicht leisten könne, den Ofen in ihrem Haus nochmals nachzurüsten, dann könne man ihr auch eine Ausnahmegenehmigung geben – die Erben freilich, die müssen sich dann wieder an die neuen Regeln halten.

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