Die vergangenen gut eineinhalb Jahre Pandemie waren für Schülerinnen und Schüler geprägt von viel Zeit, die sie im Distanz- und Wechselunterricht verbracht haben und kaum in Vereinen und mit Freunden. Nach einer langen Zeit voll sozial-psychischer Dauerbelastung also waren es schöne Neuigkeiten für Kinder und Jugendliche an den Realschulen und Gymnasien im Landkreis Ebersberg, die Jugendamtsleiter Florian Robida in der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses (JHA) verkündete: Auf einen Antrag der Fraktion der Grünen hin wird die Schulsozialarbeit an den besagten weiterführenden Schulen (SaS), die es bereits seit zehn Jahren gibt, personell aufgestockt. Jedoch geht die erfreuliche Botschaft mit einer bitteren Erkenntnis für den Landkreis einher: Die Kosten dafür muss er komplett alleine tragen, obwohl der Freistaat eigentlich seit März eine Förderung der SaS zumindest an allen Realschulen unterstützt - aber eben nur neu geschaffene Stellen.
Die Schulsozialarbeit stellt Kindern und Jugendlichen an den Schulen eine sozialpädagogische Fachkraft an die Seite, um sie bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen und zu fördern. Jugendamtsleiter Florian Robida zufolge ist dieser Bereich ein "wichtiger Eckpfeiler" der Kinder- und Jugendhilfe im Landkreis.
Als der Kreis 2011 beschloss, an den vier Realschulen und vier Gymnasien eine solche pädagogische Unterstützung mit insgesamt drei Vollzeitposten einzurichten, gab es eine finanzielle Förderung für Realschulen nur, "sofern aufgrund sozialer Problemlagen ein signifikant erhöhter Jugendhilfebedarf nachgewiesen wird", wie es in der damaligen Fassung des Gesetzes lautet - einen solchen konnte der Landkreis nicht erbringen. Gymnasien kamen in der Förderrichtlinie überhaupt nicht vor. Die Stellen finanzierte der Kreis deshalb eigenständig - eine freiwillige Leistung also.
Die Rückmeldungen aus den Schulen aber hätten positiver kaum sein können: Die SaS-Kräfte waren voll ausgelastet und wurden von der gesamten Schulfamilie sehr gut akzeptiert, wie es in den Sitzungsunterlagen heißt. Zum Schuljahr 2016/2017 entschloss sich der Kreis deshalb, eine weitere Vollzeitstelle zu schaffen und damit insgesamt vier Posten zu finanzieren. Seitdem waren für alle acht Schulen vier Vollzeitkräfte mit jeweils halbem Stundenkontingent im Einsatz.
Im Sommer 2021 beantragte die Fraktion der Kreis-Grünen eine nochmalige Ausweitung des Angebots. Die pandemiebedingten Umstände hätten für zahlreiche Schülerinnen und Schüler "negative psychosoziale Auswirkungen", viele Fachleute seien alarmiert, so heißt es in dem Antragsschreiben. Mit der Ausweitung der SaS könne ein "verstärktes niederschwelliges Angebot zur Bewältigung der Folgen der Pandemie" geschaffen werden. Außerdem forderten die Grünen, dass sich die Schülerzahlen an der jeweiligen Schule in der Zahl der SaS-Kräfte widerspiegelt.
Dem entsprach die Verwaltung mit ihrem Vorschlag, von aktuell vier Vollzeitposten auf insgesamt 5,5 zu gehen: Die Realschulen in Ebersberg, Markt Schwaben und Poing bleiben bei den aktuellen 0,5 Stellen, da sie weniger als 1000 Schülerinnen und Schüler haben. An der Vaterstettener Realschule sowie an den Gymnasien in Grafing, Kirchseeon und Markt Schwaben wird mit jeweils mehr als 1000 Schülern auf 0,75 aufgestockt, und das Gymnasium Vaterstetten mit mehr als 1500 Schülern bekommt eine ganze Vollzeitstelle.
Ottilie Eberl (Grüne) betonte, wie bitter die fehlende Förderung vom Freistaat sei. Das sah auch Landrat Robert Niedergesäß (CSU) so, der sich mit einem Schreiben an das Bayerische Sozialministerium wandte. Die Regelung, dass nur neu geschaffene Posten im Umfang von mindestens 0,5 Stellen gefördert werden, hinterlasse bei ihm den Eindruck, "dass gerade die Landkreise, die einen jugendhilferechtlichen Bedarf frühzeitig erkennen und durch die zeitnahe qualitative Ausgestaltung ihrer Leistungsangebote für Abhilfe sorgen, bestraft werden", heißt es im Schreiben des Landrats. "Das ist nach meiner Überzeugung weder fair noch nachvollziehbar!"
Eine Antwort vom Ministerium liegt laut Robida bereits vor: Man könne von der Förderrichtlinie nicht abweichen. Christian Bauer (CSU) folgerte daraus, dass sich diese teure freiwillige Leistung wegen des fehlenden Rückhalts vom Ministerium in der Kreisumlage widerspiegeln werde, die dann wiederum von den Kommunen nicht bezahlt werden könne. "Ich kann Ihnen da nur zustimmen", schloss Robida die Diskussion. Anschließend sprachen sich alle Ausschussmitglieder für die Aufstockung der SaS-Kräfte in der vorgeschlagenen Form aus, insgesamt entspricht das Mehrkosten in Höhe von etwa 130 000 Euro.