Obwohl der plötzliche Wetterumschwung wehmütig auf den Sommer zurückblicken lässt – für die Grundwasserstände ist die aktuelle Entwicklung günstig. Nachdem diese in den vergangenen zehn Jahren eine konsequent sinkende Tendenz aufgewiesen hatten, lässt der aktuelle Stand im Landkreis Ebersberg aufatmen.
Sowohl in Poing als auch an einer der ältesten Messstellen an der Anzinger Sauschütt lässt sich die Entwicklung im Landkreis der vergangenen Jahrzehnte verfolgen. Die feuchten Perioden um das Jahr 2000, der darauffolgende Einschnitt des Trockenjahres 2003, sowie die weiteren niederschlagsarmen Jahre 2015, 2018 und 2023 sind klar zu erkennen. Ebenso findet sich die sinkende Grundwassertendenz seit 2013 in den Graphen des Gewässerkundlichen Dienstes Bayerns.
Dank des Winters 2023/2024 sowie der feuchten Sommerperioden dieses Jahres konnten sich die Grundwasserpegel nun erholen. „Wir sind froh über die regenreiche Phase“, berichtet Klaus Moritz vom Wasserwirtschaftsamt (WWA) Rosenheim. „Das niederschlagsarme Tal ist durchschritten.“
Nach zehn überwiegend trockenen Jahren steigen die Grundwasserpegel wieder an
Erkennbar werden diese Ergebnisse an den zahlreichen Messstellen, die sich vor allem auf der Schotterebene des Landkreises um Vaterstetten und Markt Schwaben herum befinden. Eine davon liegt bei der Anzinger Sauschütt, sie wird bereits seit knapp 90 Jahren genutzt. Hier liegt der Flurabstand – ein Wert, der den Höhenunterschied zwischen Geländeoberfläche und Grundwasseroberfläche beschreibt – aktuell bei 12,8 Metern über dem Gelände. Damit trifft er recht genau das Grundwassermittel seit 1938. Zum Vergleich: Im Oktober 2023 lag der Flurabstand bei 14,4 Metern – der aktuell deutlich niedrigere Wert ist also positiv zu bewerten. Die gleiche Entwicklung lässt sich zudem im weiter nördlich gelegen Poing beobachten. Auch in den Diagrammen der Messungen dort trifft der aktuelle Flurabstand die Durchschnittslinie.

Für die Vitalität der Bäume im Ebersberger Landkreis sei der diesjährige Sommerregen essenziell, erklärt Heinz Utschig, Betriebsleiter der Bayerischen Staatsforsten. „Dem Förster regnet es ja oft zu wenig“, sagt er, „aber diesmal reicht’s.“ Die Grundwasserstände stehen jedoch nur indirekt in Beziehung zu der Versorgung des Waldes. Da die Wurzeln lediglich einen bis 1,5 Meter in den Boden reichen und somit gar nicht bis zum Grundwasser gelangen, leben die Bäume von der Oberflächenfeuchtigkeit. Die Grundwasserstände spiegeln also nur jene Entwicklung wider, von der die Bäume schon früher profitiert haben: regelmäßigem Regen.
„Für eine dauerhafte Erholung des Forstes braucht es aber weitere regenreiche Jahre“, so Utschig. Neben den großen Wurzeln, die für den Halt des Baumes sorgen, komme es nämlich vor allem auf das Feinwurzelsystem an. Diese unter einem halben Millimeter kleinen Wurzeln sind für die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen verantwortlich. Wird dieses feine Wurzelgeflecht nicht ausreichend mit Feuchtigkeit versorgt, bildet es sich zurück. Dann dauere es mindestens ein Jahr, bis sich die Wurzeln davon erholt hätten, betont der Forstbetriebsleiter. Dass die Bäume so viel Wasser und Nährstoffe wie möglich aufnehmen, sei jedoch notwendig für deren Vitalität und Abwehrkraft, etwa gegen einen Befall durch den Borkenkäfer.

Ob die aktuelle Entwicklung anhält oder doch nur ein kurzfristiges Phänomen ist, bleibt indes unklar. Orientierung bieten Modelle, die auf der Basis vergangener Wettereignisse Zukunftsszenarien entwerfen. Eines dieser Modelle, die sogenannte Zukunftsprojektion, liegt Klaus Moritz vom WWA vor. Anhand eines Referenzzeitraumes von 1971 bis 2000 können damit, ausgehend von unterschiedlich wirksamen Bemühungen zur Eindämmung der Klimakrise, bis 2100 reichende Zukunftsszenarien berechnet werden.
Am Beispiel des Südbayerischen Hügellandes, zu dem auch der Landkreis Ebersberg gehört, wird konkret ein Anstieg der Jahresmitteltemperatur um 1,1 Grad erwartet. Außerdem werden mehr Hitzetage mit Temperaturen jenseits der 30 Grad prognostiziert, nämlich drei bis vier Tage pro Jahr. Im Gegensatz dazu muss bei den Niederschlagsmengen für ein gesamtes Jahr nur von kleinen Veränderungen ausgegangen werden. So fällt durch die stetig wärmeren Wintermonate deutlich mehr Regen als Schnee, und dieser Niederschlag kann rasch im Grundwasser aufgenommen werden. Dass die niederschlagsreichen Sommer nun zunehmend schwinden, hat auf die Grundwasserneubildung insgesamt also kaum Folgen.
„Dennoch ist häufiger mit trockenen Phasen zu rechnen“, so Moritz vom WWA. Der gerade begonnene Erholungsprozess der Grundwasserstände ist somit nicht als Entwarnung zu verstehen. Niederschlagsarme Perioden wie die der vergangenen zehn Jahre sind zu erwarten und könnten die aktuell positive Entwicklung der Wasserversorgung aufhalten. Auch für den Ebersberger Forst wären erneute Trockenphasen wie die der vergangenen fünf bis sechs Jahre ungünstig und würden zu Wasserstress sowie einer erneuten Verkümmerung des Feinwurzelsystems führen.