International Jazzday in GrafingHohe Schlagzahl

Lesezeit: 4 Min.

Johannes Rothmoser aus Grafing hat es geschafft, er ist Profi an den Drums. Am Freitag kehrt er für ein Konzert in die Heimat zurück, für einen Livestream zum Jazzday.

Von Anja Blum

Musiker sein wollen viele. Doch nur wenige schaffen es, damit tatsächlich ihr Geld zu verdienen. Zu diesen Glücklichen zählt Johannes Rothmoser aus Grafing: Am Freitag, 30. April, ist er Teil eines Livestream-Konzerts unter dem Titel "Rising Stars - Back Home". Denn er hat schon mehr als 500 Konzerte in Europa, Russland, China und Indien gespielt, bewegt sich zwischen Jazz, Pop, Indie, Elektro und Musicalproduktionen. Hört man den 29-jährigen Schlagzeuger von seinem Weg ins internationale Profigeschäft erzählen, scheinen neben Talent und Fleiß am Instrument vor allem zwei Eigenschaften wichtig gewesen zu sein: Hartnäckigkeit und Offenheit.

Ein ganzes Jahr lang habe er als kleiner Bub nicht locker gelassen, bis die Eltern ihm endlich erlaubten, Schlagzeug zu lernen. Schließlich ist Johannes Rothmoser nicht in einer Künstlerfamilie, sondern in einem eher ländlich geprägten Umfeld aufgewachsen. Doch er scherte aus - hatte seine Leidenschaft entdeckt und folgte ihr. Seine Grundausbildung bekam Rothmoser bei Yuko Saito an der Musikschule in Grafing. Dabei versuchte die vielseitige Japanerin freilich, den jungen Johannes auch an Percussion und anderes Schlagwerk heranzuführen, er probierte auch verschiedenes aus - blieb jedoch immer beim klassischen Drumset. "Das ist mir einfach das liebste, bis heute", sagt er. Als Rothmoser 14 war, wechselte er deshalb zu einem reinen Drummer: Jochen Enthammer, der damals noch in Grafing lebte, nahm ihn unter seine Fittiche.

Ein Mann und sein Set: Schon als Sechsjähriger wollte Johannes Rothmoser aus Grafing Schlagzeug lernen.
Ein Mann und sein Set: Schon als Sechsjähriger wollte Johannes Rothmoser aus Grafing Schlagzeug lernen. (Foto: Thomas Brand/oh)

Irgendwann reifte in Rothmosers Kopf schließlich der Plan, es mit einem Musikstudium zu versuchen. Und wieder war er hartnäckig: Er spielte an zehn Hochschulen vor, bekam viel gutes Feedback - aber nirgends einen Platz. Also probierte er es ein Jahr später erneut, diesmal nur an fünf Standorten, und hatte Erfolg: Es gab zwei Zusagen. Fortan studierte der Grafinger Jazz an der Hochschule in München.

Der Musik generell und dem Drumset im Speziellen ist Johannes Rothmoser also treu geblieben. Was die Stile und Combos angeht, zeigt er sich hingegen maximal offen. Das einzige Genre, das er nicht bedient, ist der Metal - berüchtigt für seine Double-Base-Exzesse. "Das habe ich nie gehört, deswegen kann ich das auch nicht", sagt der 29-Jährige und lacht. Ansonsten finde er aber gerade das so spannend an seinem Beruf: "als Freelancer ständig neue Sachen auszuprobieren". Seit seiner Jugend spielt er stets in verschiedenen Bands, mittlerweile sind Auftritte mit diversen Solokünstlern, Studiojobs und Theaterengagements dazugekommen. "Halt überall, wo man einen Drummer braucht", sagt er. Sogar in einer "Oktoberfestband" helfe er ab und an aus: "Wir waren schon zusammen in Indien und China, mit denen erlebt man immer viel." Gründe, einen Auftrag nicht anzunehmen, liegen für Rothmoser eher im Inhaltlichen, denn in der Musik: "Ich passe schon auf, nichts Falsches zu unterstützen", sagt er. Bei "aggressiven Texten" zum Beispiel, oder dubiosen Firmen als Veranstalter sage er lieber ab.

Drei, vier Konzerte pro Woche - das war Rothmosers Schlagzahl vor Corona. Doch davon kann seit einem Jahr keine Rede mehr sein. Trotzdem, sagt er, wolle er sich "persönlich nicht beschweren", da seine Lage mitnichten so verheerend sei wie die vieler Kollegen. Vor allem deshalb, weil seine Fixkosten nicht allzu hoch seien, so Rothmoser: Der 29-Jährige wohnt in Giesing in einem WG-Zimmer und unterhält nur ein ganz keines Studio. Hier habe er sich auch ziemlich schnell ein Homerecording eingerichtet, so dass er nun Aufträge völlig kontaktlos abwickeln könne. "Aber natürlich ist so eine Situation schwierig." Ein strikter Übeplan mit konkreten Zielen habe ihn über lange Zeit getragen, doch irgendwann falle es eben schwer, die Motivation ohne Perspektive aufrecht zu erhalten. "Aber dann kam Gott sei Dank wieder was rein." Ein Projekt am Residenztheater zum Beispiel, und eine Anfrage von Movimento. Die Bewegungskünstler aus Grafing nämlich planen gerade ein "Artistical", eine Show mit Band, zu der auch Rothmoser gehören soll. "Das freut mich natürlich sehr, weil ich mir immer gewünscht habe, dass Movimento noch mehr mit Livemusik arbeitet", sagt der Drummer. Außerdem fühle er sich seiner Heimat nach wie vor sehr verbunden.

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(Foto: Oliver Rehbinder)

Jung, erfolgreich und aus der Region: Sängerin Alma Naidu,...

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(Foto: Veranstalter/oh)

...Pianist Niklas Roever...

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(Foto: Veranstalter)

...und Bassistin Julia Hornung gestalten mit Drummer Johannes Rothmoser das Grafinger Konzert zum Jazzday.

Ja, in Rothmosers Augen hatte der Landkreis auch großen Einfluss auf seine kreative Entwicklung: Von der Musikschule über regelmäßige Bandabende in den Jugendzentren, Erfahrungen bei den Swinging G's und A lá Ska bis hin zu Jazz-Sessions: Der Austausch und die Auftritte in der Region seien sehr befruchtend gewesen. "Das hat wirklich sehr gut funktioniert, ich hab da immer wieder was Neues für mich entdeckt", sagt Johannes Rothmoser. Auch heute noch komme er sehr gerne nach Hause. "Das tut einfach gut, man schöpft so viel Energie da draußen", gerade auch bei den Sessions im Turm der Grafinger Stadthalle - wenn nicht gerade Corona ist.

Doch nun wurde der Drummer also eingeladen, Teil eines Livestreams zum International Jazzday am Freitag, 30. April, in der Stadthalle zu sein. Ebenfalls mit dabei: Sängerin Alma Naidu, Bassistin Julia Hornung und der Pianist Niklas Roever. Denn der Verein Jazz Grafing möchte diesmal junge Musikerinnen und Musiker präsentieren, die aus der bayerischen Heimat ausgeschwärmt sind, um sich in der internationalen Jazz-Szene zu etablieren. Inzwischen zu Profis gereift, werden die Vier eigene Stücke spielen, die sie speziell für dieses Ereignis ausgewählt haben.

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(Foto: SZ)

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Nur Rothmoser steuert keine Werke aus seiner Feder bei, sondern hat zwei fremde Songs ausgewählt, die zur Besetzung und zum restlichen Programm passen. "Komponieren - das können andere besser als ich", erklärt er, das habe er schon im Studium gemerkt. Wenn, dann erarbeite er Stücke lieber im Zusammenspiel, zu zweit oder zu dritt. Insofern aber fasziniere ihn der Jazz als Genre sehr: "Ich finde es total cool, dass da improvisiert wird, dass da tatsächlich auf der Bühne etwas Neues entsteht."

Das trifft auf die Veranstaltung am Freitag in Grafing umso mehr zu, als die vier Akteure sich zwar kennen, aber noch nie in dieser Besetzung miteinander gespielt haben, sie wurden für diesen Abend zusammengewürfelt. Und der Veranstalter hat dabei offenbar ein glückliches Händchen bewiesen: "Es fügt sich sehr gut zusammen, das haben wir schnell gemerkt", sagt Rothmoser, "das Programm wirkt erstaunlich flüssig". Bisher aber proben alle Beteiligten für sich allein, ein erstes Zusammenspiel wird es erst am Freitag geben. Bange sei ihm deswegen jedoch überhaupt nicht, sagt der Grafinger Drummer: "Die Stücke sind toll - und wir haben alle offene Ohren füreinander. Das wird ein großer Spaß!"

"Rising Stars - Back Home": Die Veranstaltung am Freitag, 30. April, wird aus der Stadthalle Grafing live gestreamt. Neben der Musik wird es auch Interviews und Überraschungsgäste geben. Spendentickets, die den Zugang ermöglichen, können online gekauft werden unter www.stadthalle-grafing.de.

© SZ vom 29.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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