Gemeinderat Vaterstetten:Rechnen, aber richtig

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Ausgerechnet bei der Besetzung des Rechnungsprüfungsausschusses hat man sich im Vaterstettener Rathaus vertan.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Bei der SPD ist man ja einiges an Aufs und Abs gewöhnt, im Bund war man erst noch totgesagt und ist jetzt auf einmal Kanzlerpartei - dafür gab es in Vaterstetten nun einen Einbruch um 50 Prozent. Allerdings nicht bei einer Wahl, sondern bei der Besetzung des Rechnungsprüfungsausschusses des Gemeinderates. Da stellten die Genossen gerade noch zwei Mitglieder, nun ist es nur noch eines. Der Hintergrund ist kein politischer, sondern ein juristischer und auch ein mathematischer: Die Verwaltung hatte sich bei der ursprünglichen Ausschussbesetzung verrechnet.

Es wurde das falsche Verfahren angewandt

Wobei so ganz stimme das nicht, bemühte sich Georg Kast, Büroleiter des Bürgermeisters, nun im Vaterstettener Gemeinderat zu erklären: "Wir haben eigentlich richtig gerechnet - aber das falsche Verfahren angewendet." Was ein bisschen so klingt, als ob ein Schüler die schlechte Note in der Mathearbeit gar nicht versteht, schließlich habe er doch alle heimischen Singvögel richtig aufgezählt. Jedenfalls führt die Geschichte auf das offenbar auch den Profis nicht immer geläufige weite Feld der Auszählungs- und Berechnungsverfahren. Die in diesem Fall zur Anwendung kamen, um zu ermitteln, wie man die Mehrheitsverhältnisse in einem 30-köpfigen Gremium auf eines überträgt mit - ja wie vielen Köpfen eigentlich?

Bianca Dusi-Färber rückt für die Freien Wähler in den Rechnungsprüfungsausschuss nach. (Foto: Christian Endt)

Denn da lag offenbar der Fehler: Ursprünglich hatte man ein Gremium mit sechs Personen angenommen, dafür wäre das Verfahren nach Sainte-Laguë, manchmal auch Schepers- oder Webster-Verfahren genannt, anzuwenden. Da man dann aber den Ausschuss mit sieben Leuten bestückte, hätte eigentlich das Auszählverfahren nach Hare-Niemeyer respektive Hamilton zum Einsatz kommen müssen. Was kompliziert klingt - und auch ist - bedeutet in aller Kürze das, was Verwaltungsjuristen "Überrepräsentation" nennen. Oder, etwas länger: Die SPD hatte viel mehr Sitze bekommen, als sie proportional im Gemeinderat hat.

Wolfgang Schermann verliert seinen Sitz im Rechnungsprüfungsausschuss. (Foto: Christian Endt)

Dort hat die Fraktion sechs Mitglieder, was genau 20 Prozent ergibt. Zwei von sieben sind aber fast zehn Prozentpunkte mehr, also Überrepräsentation. Die aber zurückstehen muss, geht es darum, überhaupt repräsentiert zu sein: Denn der Sitz, den bislang Wolfgang Schermann für die SPD-Fraktion inne hatte, geht an die Freien Wähler, Bianca Dusi-Färber wird sie im Ausschuss vertreten. Die Fraktion kommt damit wie die SPD im Ausschuss auf knapp 14 Prozent, im Gemeinderat mit zwei Stimmen indes auf 6,6. Genau übrigens wie die FPD, die trotzdem nicht in den Rechnungsprüfungsausschuss darf, weil sie zwar im Gemeinderat genauso stark ist wie die Freien Wähler - aber dies auch nur dank des Berechnungsverfahrens: Denn die Freien Demokraten bekamen bei der Gemeinderatswahl genau 20 668 Stimmen, die Freien Wähler immerhin 37 591. Von denen vermutlich noch jene 1855 abzuziehen sind, die Wolfgang Schermann damals bekam, der dann aber lieber bei der SPD mitmachen wollte. Die - ohne dessen Anteil - auf 51 695 Stimmen kam.

Im Gemeinderat gab es keine Gegenrede oder gar Gegenstimmen zu der Rochade im Rechnungsprüfungsausschuss, auch nicht bei denen, zu deren Lasten das geht. Man habe hier eben keinen Gestaltungsspielraum, sagte SPD-Gemeinderat Günter Lenz, der somit einzige Genosse im Ausschuss. Sein Fraktionskollege Josef Mittermeier sah das ähnlich, "wir könnten hier unendlich diskutieren, aber es ist wohl nicht möglich, die Verhältnisse im Gemeinderat im Ausschuss genau abzubilden".

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