Zuwanderung:Kein Platz mehr für Geflüchtete

Zuwanderung: Zuletzt war vor ziemlich genau einem Jahr die Kirchseeoner Gymnasiumsturnhalle zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut worden. Noch einmal will der Landrat aber nicht auf diese Art der Unterbringung zurückgreifen.

Zuletzt war vor ziemlich genau einem Jahr die Kirchseeoner Gymnasiumsturnhalle zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut worden. Noch einmal will der Landrat aber nicht auf diese Art der Unterbringung zurückgreifen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Landkreis Ebersberg wird voraussichtlich erst im Mai wieder Menschen aufnehmen können, weil inzwischen alle Unterkünfte belegt sind. Der Landrat will darüber auch den Innenminister in einem Brief informieren - Konsequenzen erwartet man im Landratsamt nicht.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

"Aufnahmestopp" will man es keinesfalls nennen. Auch ein Sprecher der Regierung von Oberbayern weist auf SZ-Anfrage mehrmals darauf hin, dass es einen solchen im Landkreis Ebersberg nicht gebe. Doch wie auch immer man es nennen mag: Ebersberg nimmt derzeit keine neuen Geflüchteten auf - weil kein Platz für die Menschen mehr da ist. Erst im Mai werden nach derzeitigen Prognosen aus dem Landratsamt voraussichtlich wieder Kapazitäten vorhanden sein.

Ende Februar waren die letzten Betten im früheren Sparkassenbau belegt worden, der nun als Flüchtlingsunterkunft dient. Schon ein paar Monate vorher hatte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) angekündigt, dass die Kapazitäten im Landkreis Ebersberg nicht reichen könnten und er einen Aufnahmestopp erwäge. Keinesfalls, so Niedergesäß, werde er erneut Turnhallen in Unterkünfte umwandeln wie in den Jahren 2015 und 2016 und zuletzt vor einem Jahr kurz nach Beginn des Kriegs in der Ukraine. "Notfalls lege ich mich vor die Turnhalle", sagte er im November in einem Pressegespräch. Man könne den Sportvereinen und Schülerinnen und Schülern nicht zumuten, schon wieder auf ihre Trainingsmöglichkeiten zu verzichten, unterstrich Niedergesäß.

Im Ministerium zeigt man sich verständnisvoll

Auch sonst schaut es freilich nicht gut aus, was neue Unterkünfte im Landkreis betrifft: Laut Brigitte Keller, Leiterin der Abteilung Zentrales im Landratsamt, sind zwar einige Angebote gerade in der internen Prüfung und Vorbereitung. Doch wo, wann und für wie viele Menschen Platz geschaffen werden kann, dazu ist momentan keine Aussage möglich. Nur so viel: Vor Mai wird es, wie es momentan aussieht, eher nichts. Landrat Robert Niedergesäß habe die Ebersberger Situation bereits mündlich mit Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und auch dem Regierungspräsidenten besprochen, so Keller: "Schriftlich wird sich der Landrat nach aktueller Lageeinschätzung voraussichtlich noch diese Woche an den Innenminister wenden."

Dabei kommen weiterhin sehr viele Geflüchtete ins Land, für deren Unterbringung gesorgt werden muss, darauf weist das Innenministerium auf Anfrage hin - und wird gleich auch politisch: "Dass die Bundesregierung schon seit Mitte letzten Jahres in Zeiten ohnehin hoher Zugangszahlen fortwährend falsche Anreize setzt und weitere Aufnahmezusagen trifft und dabei die Länder und Kommunen im Stich lässt, rächt sich nun. Vom Bund kommt dabei viel zu wenig Unterstützung. Nicht nur in Bayern sind die Unterbringungskapazitäten ausgelastet. Vielmehr steht zwangsläufig jedes Bundesland und jede Kommune vor Kapazitätsproblemen. Flächenbundesländer sind hier ebenso wie Stadtstaaten am Limit." Der "Hilferuf aus Ebersberg" sei Ansporn, "weiter auf eine massive Kurskorrektur der Bundesregierung in der Migrationspolitik zu drängen", so der Ministeriumssprecher weiter.

Gibt es Konsequenzen? Dazu hält sich die Regierung von Oberbayern bedeckt

Doch wie geht es weiter, bis sich etwas ändert - falls sich überhaupt etwas ändert? Dass sich der Ebersberger Landrat vor Turnhallen legen muss, weil übergeordnete Behörden hier Flüchtlinge unterbringen wollen, danach sieht es nicht aus. Auch dass der Landkreis Strafzahlungen leisten muss, erwartet man im Landratsamt nicht. Sowohl das Innenministerium als auch die Regierung von Oberbayern weisen zwar darauf hin, dass "jede Kreisverwaltungsbehörde ihre Aufnahmeverpflichtung zu erfüllen" hat. Was aber passiert, wenn das nicht geschieht, aus welchen Gründen auch immer, dazu halten sich beide Stellen bedeckt.

"Im Hinblick auf die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten und die lastengerechte Verteilung der Geflüchteten innerhalb des Regierungsbezirks steht die Regierung von Oberbayern mit den Kreisverwaltungsbehörden auf allen Ebenen in ständigem Austausch. In diesem Rahmen können auch bei kurzfristigen Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung von Geflüchteten konstruktive und einvernehmliche Lösungen zur Überbrückung gefunden werden", teilt die Regierung von Oberbayern mit. Dazu, ob und wie lang nun keine Busse mehr nach Ebersberg geschickt werden, gibt es von der Behörde keine Auskunft.

In seiner schwierigen Lage ist der Landkreis Ebersberg nicht allein, auch die Nachbarn haben große Probleme, genügend Kapazitäten für die neuen Flüchtlinge zu schaffen. "Mehr als prekär" sei die Lage, hieß es etwa kürzlich aus dem Landkreis Erding, im Landkreis Rosenheim hatte man schon im Herbst wieder Turnhallen zu Unterkünften umgewandelt. Im Landkreis München plant man momentan gleich vier neue Unterkünfte: in Unterföhring, Kirchheim, Ottobrunn und Grünwald.

Der Kreis Ebersberg erfüllt seine Quote derzeit nicht

Im Landkreis Ebersberg erwägt man unter anderem die Nutzung von Zelten, wie dies beispielsweise im Landkreis Fürstenfeldbruck derzeit vorbereitet wird. Bestellt habe man aber noch nichts, erklärt Brigitte Keller: "In die tatsächliche Umsetzung wird erst eingestiegen, wenn ein Grundstück vorhanden ist", schließlich habe auch die Größe des Grundstückes Auswirkungen auf die Größe des Zeltes. Die Volksfestplätze in den Gemeinden, wo immerhin schon eine gewisse Infrastruktur vorhanden wäre, kommen laut Keller als Standorte nicht in Frage. Schließlich müssten die Plätze längerfristig zur Verfügung stehen, dies sei bei Volksfestplätzen nicht der Fall.

Wie viele Geflüchtete die einzelnen Landkreise überhaupt aufnehmen müssen, das ist in Paragraph 3 der Asyldurchführungsverordnung geregelt. Der Landkreis Ebersberg erfüllt seine Soll-Quote nach Auskunft des Innenministeriums derzeit aktuell zu rund 86 Prozent. 1252 Geflüchtete sind bislang hier untergebracht, im Nachbarlandkreis München sind es sogar gut 4570 Menschen. Allerdings sind die Zahlen nur begrenzt vergleichbar, weil sie sich auch an der Einwohnerzahl der Kreise orientieren.

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