Fasching in Ebersberg:Ein Lied für Grafing

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Wer findet den Weg aus dem Gruselforst? (Foto: Faschingsgesellschaft Ebersberg/oh)

In der aktuellen Ebersberger Faschingszeitung gibt es verhaftete Gespenster, radioaktive Wildsäue und einen Dank an die Nachbarn, ohne die man auf viele Witze verzichten müsste.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Die Pandemie hat ja angeblich ein neues, ja sogar besseres Miteinander gebracht - zumindest manchmal. In der nicht immer ganz einfachen Beziehung der beiden Städte im Landkreis Ebersberg scheint sich das auch zu bestätigen - zumindest deutet die aktuelle Ausgabe der Ebersberger Faschingszeitung darauf hin. War das Heft im vergangenen Jahr noch mit Warnhinweisen versehen, dass sich bei Grafingern beim Lesen Irritationen einstellen könnten, gibt es heuer sogar einen Lobgesang auf die Nachbarn. Denn: "Ohne die Grafinger wär unsere Zeitung recht mager". Zum Dank für die vielen schönen Geschichten aus dem Süden, gibt es von der Faschingsgesellschaft neben dem Loblied gleich noch eine Einladung zum Feiern, wenn Corona endlich vorbei ist.

Blödsinn mischt sich mit Alltags-Kuriositäten

Denn natürlich hat die Dauerkrise auch heuer den Ebersbergern die narrische Zeit ein gutes Stück verhagelt, zum zweiten Mal in Folge wird es am Faschingsdienstag keinen Umzug durch die Kreisstadt geben. Aber, wie es im Vorwort der aktuellen Ausgabe heißt, die Faschingszeitung bleibt ein Bollwerk der Narretei, "die nicht mal durch Viren zu stoppen und kleinzukriegen ist". Tatsächlich ist die Zeitung im Vergleich zum Vorjahr sogar noch etwas gewachsen, auf ganze 60 Seiten blühender Blödsinn.

Nicht alles davon ist frei erfunden, manche Geschichten basieren auf der Realität - sind indes erst auf den zweiten Blick als solche zu erkennen: Hat Altbürgermeister Walter Brilmayer wirklich an der Corona-Kontrollbude vor dem Rathaus Glühwein bestellt? Hat die Polizei wirklich fast die ehemalige Stadtarchivarin Antje Berberich bei ihrem Auftritt als Weiße Frau zum Tag des offenen Denkmals verhaftet? Und was haben die Pantoffeln von Pfarrer Edzard Everts mit der Bekämpfung der Eigentumskriminalität im Umkreis der evangelischen Kirche zu tun?

In bewährter Tradition gibt es auch heuer wieder einen Spiele-Teil. War es vor zwei Jahren im Bürgermeisterwahlkampf ein Rennen um den Chefsessel im Rathaus a la "Mensch ärgere Dich nicht", ist es diesmal ein Rennen aus dem Wald. Genauer: aus dem "Ebersberger Gruselforst". In dessen Labyrinth lauern natürlich die Weiße Frau, ein bodenloser Brunnenschacht, Pleitegeier über Windrädern, sogar ein Seeungeheuer und radioaktive Wildschweine. Die tauchen an anderer Stelle auch noch auf, als "E-Sau" im Dienste der Energiewende.

Ansonsten finden sich bekannte Ebersberger Phänomene - vom Mangel an öffentlichen Toiletten und den nicht immer appetitlichen Folgen über die Garagen in der Altstadtpassage bis zur winterlichen Sperrung des Aussichtsturms. Da man schließlich Kreisstadt ist, darf auch der Landkreis nicht zu kurz kommen. Konkret der "Finanzpatient" Ebersberg, der nach "Gymnasialen Gefäßerweiterungen und Real-Schul-Stents" sowie einer "Behinderung durch das Kreissparkassengebäude" unter "Luftnot aufgrund massiver Schulden" leidet und nur durch den Gemeinde-Tropf finanzielle Besserung erfahren kann.

Ganz ohne Witze über Grafing geht es nicht

Ganz auf einen spöttischen Blick auf die Nachbarstadt muss die Leserschaft der aktuellen Faschingszeitung natürlich nicht verzichten. Wie zu erwarten, wird der Grafinger Mauer da eine besondere Aufmerksamkeit zuteil: Es gibt dazu sogar eine Doppelseite inklusive Gedicht - mit dem schönen Titel "Au, Au, Aua", reimt sich ja auch schön nicht nur auf Mauer, sondern auch auf den Namen des Nachbarbürgermeisters.

Da die Grafinger seit vergangenem Jahr für sich in Anspruch nehmen, Standort der drittältesten Brauerei Bayerns zu sein, werden die Ebersberger nun darüber aufgeklärt, wie eventuell auf Grafinger Bierflaschen zu findende Hieroglyphen zu übersetzen sind. Wobei - auch das muss einmal geschrieben werden - die Ebersberger Schlossbrauerei sicher noch älter ist, mit Verweis auf die zugehörigen Garagen in der Innenstadt.

Nicht zuletzt kann man sich auch schon auf die Zeit vorbereiten, wenn nach Corona wieder richtig gefeiert werden kann: Damit das dann stattfindende Besäufnis auch seine Ordnung hat, gibt es schon mal einen Übungsbogen für den sicher bald eingeführten Bier- und Schnaps-Führerschein. Und auch wenn sich die Ebersberger dann vielleicht sogar zusammen mit den Grafingern die einen oder anderen geistigen Getränke zu Gemüte führen, eventuell sogar das Loblied auf die Grafinger anstimmen: auf die Frage, wann nix mehr schiefgehen kann und die Welt wieder in Ordnung ist, lautet die einzig mögliche Antwort: "Sie verlassen Grafing - endlich in Ebersberg."

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