Kriminalität im LandkreisDauerbrenner Fahrraddiebstahl

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Ein einsames Fahrrad an einer Bushaltestelle bei Gelting. Ob es wohl noch da ist, wenn der Besitzer zurückkommt?
Ein einsames Fahrrad an einer Bushaltestelle bei Gelting. Ob es wohl noch da ist, wenn der Besitzer zurückkommt? (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Täglich werden im Landkreis Ebersberg Räder geklaut, vor allem in Vaterstetten und Poing. Doch die Aufklärungsquote ist extrem niedrig. Was man dagegen tun kann.

Von Anja Blum, Ebersberg

„Wo zur Hölle ist mein Rad?!?“ Viele kennen wahrscheinlich diesen schrecklichen Moment der Erkenntnis: Das eigene Fahrrad wurde geklaut. Am Bahnhof. Vor dem Kindergarten. Aus dem eigenen Garten heraus. Doch egal, wo: Immer ist so ein Diebstahl ärgerlich, und oft auch ein finanzielles Desaster. Immerhin sind im Landkreis Ebersberg viele Räder unterwegs, sei es mit Batterie oder ohne, die mehrere tausend Euro gekostet haben.

Selbst laut offizieller Polizeistatistik ist Fahrraddiebstahl im Landkreis quasi an der Tagesordnung: Für 2019 sind 286 Fälle verzeichnet, für 2020 237, 2021 sogar lediglich 209, aber 2022 gab es einen Höchststand von 375 Fällen, im vergangenen Jahr waren es dann 328. Und das ist freilich nur die Spitze des Eisbergs, erfasst werden schließlich nur jene Diebstähle, die die Betroffenen bei der Polizei anzeigen. Die Dunkelziffer all jener Fälle, in denen der Bestohlene resigniert darauf verzichtet, dürfte ungleich höher sein.

Denn zur traurigen Wahrheit gehört auch, dass die Aufklärungsquote bei Fahrraddiebstählen im Landkreis laut Polizei „bedauerlicherweise im einstelligen Bereich“ liegt. In mehr als 90 Prozent der Fälle wisse man nicht, wer der Täter war, schreibt Reinhard Kolb, Hauptkommissar und Pressesprecher beim Polizeipräsidium Oberbayern Nord. Insofern lasse sich auch keine seriöse Aussage über das vorherrschende Täterprofil treffen. Sind hier einzelne Diebe am Werk, oder doch eher Banden?

Wahrscheinlich komme beides vor, sagt Markus Stocker, Hauptkommissar in Poing. „Jedenfalls werden auf der Autobahn schon immer wieder Sprinter rausgefischt, in denen sich zahlreiche Räder ohne Kaufnachweis befinden.“ Dann beginne eine akribische, deutschlandweite Ermittlungsarbeit. Daher könne er nur an alle Bürger appellieren, sich die Rahmennummer ihres Fahrrads zu notieren, damit es im Falle eines Fundes zuzuordnen sei.

Der Baldhamer Bahnhof gehört zu jenen Brennpunkten im Landkreis, wo Räder besonders oft geklaut werden.
Der Baldhamer Bahnhof gehört zu jenen Brennpunkten im Landkreis, wo Räder besonders oft geklaut werden. (Foto: Christian Endt)

Was die Tatorte angeht, gibt es im Landkreis Ebersberg laut Polizei zwei deutliche Schwerpunkte, nämlich die Gemeinden Vaterstetten und Poing. „Insbesondere die S-Bahn-Haltestellen dort sind ein Hotspot, was Fahrraddiebstähle betrifft“, schreibt Kolb. Kein Wunder also, dass die zuständige Inspektion im vergangenen Jahr mit erhöhtem Personalaufwand mehrere Aktionen zu dem Thema gestartet hat. Die Poinger Beamten überwachten die Brennpunkte, überprüften die Rahmennummern der abgestellten Räder, sensibilisierten die Bürger für die Gefahr und erklärten, wie sich Fahrräder am besten vor Diebstahl schützen lassen. Außerdem werde nun eine Videoüberwachung installiert, und zwar am Bahnhof und im Parkhaus in Poing, kündigt Kolb an. „Diese soll dem Diebstahl schon optisch entgegenwirken und zur Aufklärung der Straftaten dienen.“

Viele Hersteller böten inzwischen eine Diebstahlversicherung an, sagt Jürgen Friedrichs, Kreisvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Doch so weit, dass diese greift, sollte man es vielleicht erst gar nicht kommen lassen. „Das Allererste ist, am besten immer zwei unterschiedliche hochwertige Schlösser zu verwenden“, sagt Friedrichs, und damit den Rahmen und die Reifen an festen Objekten anzuschließen. „Auch in Keller und Garage ist es gut, Räder immer zu sichern.“ Unterwegs seien belebte, helle und im besten Falle videoüberwachte Abstellplätze zu bevorzugen. Bei richtig hochwertigen Exemplaren lohne sich vermutlich auch ein elektronischer Diebstahlschutz, etwa ein GPS-Tracker. „Oder man nimmt das Radl einfach gleich mit rein ins Büro, wie das viele meiner Kollegen machen“, erzählt Friedrichs. Sehr beliebt sei aber natürlich auch das einfache Bahnhofsradl.

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Doch auch für den Ernstfall sollten Fahrradbesitzer vorsorgen: Für die Anzeigenerstattung bei der Polizei sind die Rahmennummer, Fotos des gestohlenen Fahrrads und ein Kaufnachweis sehr hilfreich. „Auch eine Fahrradregistrierung beziehungsweise ein Fahrradpass kann weiterhelfen“, so Kolb. Der ADFC Ebersberg bietet zudem eine Fahrradcodierung an: Dabei wird in den Rahmen eine Ziffern-­ und Zahlenkombination graviert oder mittels eines Sicherheits­-Etiketts aufgeklebt, die verschlüsselte Informationen über den Fahrradbesitzer enthält.

Manchmal hilft aber auch das alles nicht weiter, wie ein Vaterstettener jüngst erfahren musste: Ihm und seiner Partnerin wurden am Bahnhof die Räder gestohlen, zwei neue, gute Mountainbikes. Doch nicht die Polizei konnte weiterhelfen, sondern nur der Zufall: Der 25-jährige Bestohlene hängte in der Umgebung Zettel auf, mit Fotos von den Rädern und dem Versprechen eines Finderlohns. „Und tatsächlich rief irgendwann ein Mann an und sagte, er habe die Räder am Getränkemarkt stehen sehen.“ Und dort fand sie der 25-Jährige dann auch, mit einem fremden Schloss abgesperrt. Doch da er nachweisen konnte, der rechtmäßige Besitzer zu sein, griff diesmal ein Polizeibeamter selbst zur Zange.

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