S-Bahn-Ausbau:Zweites Gleis nach Ebersberg kommt

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Gutachter empfehlen die Ertüchtigung der Strecke zwischen Grafing-Bahnhof und der Kreisstadt. Diese könnte dadurch sogar einen weiteren Bahnhof bekommen.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Die Eisenbahn gehört ja zu den traditionellen Weihnachtsgeschenken, da trifft es sich ganz gut, dass auch für den Landkreis Ebersberg eine solche heuer unter dem Baum liegt. Genauer geht es um ein Eisenbahngleis, das man sich im Landkreis schon lange wünscht: jenes zusätzliche zwischen Grafing und der Kreisstadt. Pünktlich zu den Feiertagen kam nun die Nachricht aus dem Bayerischen Verkehrsministerium, dass dieses Vorhaben weiterverfolgt werden soll. Ein echtes Packerl für den Landkreis ist das zwar noch nicht, aber immerhin so etwas wie ein Gutschein.

Der letzte beziehungsweise erste Abschnitt der S-Bahn nach oder von Ebersberg ist nicht selten der beschwerlichste. Weil die Strecke zwischen Grafing-Bahnhof und Ebersberg nur eingleisig verläuft, und dort neben der S-Bahn auch der Filzenexpress verkehrt - beide wurden in den vergangenen Jahren noch einmal hochgetaktet - kommt es oft zu Problemen. Denn ausweichen können die Züge auf dem knapp sechs Kilometer langen Abschnitt nicht, ist das Gleis belegt, etwa weil sich ein Zug oder eine S-Bahn verspätet hat, verspäten sich auch alle anderen - oder kehren in Grafing-Bahnhof gleich wieder um.

Erst am Bahnhof Ebersberg können die Züge einander wieder aus dem Weg fahren. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Schon lange gibt es daher im Landkreis die Forderung nach einem Ausbau der Strecke, was indes nicht ganz unkompliziert ist. Als weitgehend unmöglich gilt die komplett zweigleisige Variante, vor allem im Bereich Grafing-Stadt reichen die Häuser oft direkt an die Gleise heran, in Ebersberg ist das im letzten Abschnitt vor dem Bahnhof der Fall. Durchaus möglich scheint aber der Bau eines oder mehrerer Ausweichgleise, zumindest im Bereich zwischen Ebersberg und Grafing-Stadt soll laut Gutachten ein solches gebaut werden.

Vielleicht bekommt Ebersberg zwei Bahnhöfe

Konkret wird im Gutachten eine "Kreuzungsstelle Ebersberg Süd inklusive Verkehrshalt" empfohlen und entspricht einer bereits im Herbst vorgestellten Planung der Bahn. Demnach könnte die Kreisstadt also einen zweiten Bahnhof erhalten, zusammen mit dem Ausweichgleis könnte dieser im Bereich südlich oder südwestlich der Ringstraße entstehen. Damit würde der in den vergangenen Jahren stark gewachsene Südwesten Ebersbergs endlich eine bessere Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr erhalten. Tatsächlich war bereits beim Bau der S-Bahn überlegt worden, im Bereich Aßlkofen, konkret beim Neubaugebiet Karwendelstraße, einen weiteren Bahnhof zu bauen. Dass dieser nun ein gutes halbes Jahrhundert später tatsächlich entstehen wird, ist nun zumindest etwas wahrscheinlicher geworden. Noch nicht entschieden ist, ob auch zwischen Grafing-Stadt und Grafing-Bahnhof ein Ausweichgleis gebaut werden soll, dies müsse noch untersucht werden.

Laut Verkehrsministerium wird der Bau des Ausweichgleises inklusive zweitem Bahnhof für Ebersberg rund 16 Millionen Euro kosten - mindestens. Denn die Schätzung erfolgte nach den Baupreisen des Jahres 2016, Planungskosten sind noch nicht inbegriffen. Dennoch schneidet das Vorhaben bei der Kosten-Nutzen-Rechnung positiv ab: Laut Gutachten beträgt der jährliche Nutzen 846 000 Euro, die Kosten dagegen nur 725 000 Euro. Erwartet wird, dass nach Bau des neuen Gleises täglich 500 zusätzliche Passagiere von und nach Ebersberg unterwegs sind. Allerdings wird die S-Bahn dann zwar vielleicht zuverlässiger, aber insgesamt seltener die Kreisstadt anfahren: Geplant ist ein ganztägiger 30-Minuten-Takt.

Dazu muss man wissen, dass nach Eröffnung des zweiten S-Bahn-Tunnels im München auf allen Strecken der "Stuttgarter Takt" gelten soll, das bedeutet eine S-Bahn alle 15 Minuten - oder in diesem Fall alle 30 bis zur Endstation. Worauf man mit einem Nadelöhr Grafing-Ebersberg nicht unbedingt eine Garantie geben könnte - die andererseits aber wohl der Mindeststandard sein muss, um die Pendler nicht allzu sehr zu verärgern, die mit der Verschlechterung vom gewohnten Zehn- beziehungsweise 20-Minuten-Takt leben werden müssen.

Vor zwei Jahren haben in München die Arbeiten an der zweiten S-Bahn-Stammstrecke begonnen, das Bild zeigt den künftigen Halt Marienhof. (Foto: Florian Peljak)

Der zweite Grund, warum die Bahn das Ausweichgleis nun voranbringen möchte, dürfte mit der anstehenden Elektrifizierung der Strecke Ebersberg-Reitmehring zusammenhängen. Im vergangenen Frühling wurde der Zeitplan dafür vorgestellt, demnach soll 2024 mit dem Bau der Oberleitung begonnen werden. 2026 könnten zwischen Ostbahnhof und Reitmehring durchgehend elektrische Züge unterwegs sein - frühestens, laut Verkehrsministerium gibt es noch Klärungsbedarf wegen Naturschutzauflagen und der Finanzierung. Nach dem Bau der Oberleitung sollen die Züge wie bisher auch im Ein-Stunden-Takt verkehren, der aber nach und nach verdichtet werden soll.

Mittel- bis langfristig ist geplant, dass die S-Bahn immer weiter Richtung Osten verkehrt. Dazu ist aber einerseits ein Ausbau einiger Bahnhöfe an der Strecke nötig, die bestehenden sind oftmals zu kurz für eine S-Bahn. Andererseits braucht es auch mehr Zuverlässigkeit, sollte in einigen Jahren wirklich eine S-Bahn im 15- oder auch nur im 30-Minuten-Takt zwischen Isar und Inn unterwegs sein.

Der Filzenexpress soll bis in fünf Jahren eine Oberleitung bekommen und vielleicht fährt auch bald die S-Bahn an Oberndorf vorbei. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wann es mit dem Ausbau tatsächlich losgeht und bis wann er fertig sein soll, ist indes noch völlig unklar. Bahn und Ministerium machen dazu keine Angaben. Nimmt man allerdings die beiden im Zusammenhang mit dem Ausweichgleis stehenden Vorhaben als Indikator - die zweite Stammstrecke soll etwa im Jahr 2028 fertig werden, zwei Jahre davor plant man, die Filzenexpress-Elektrifizierung abgeschlossen zu haben - scheint es sinnvoll, auch das Ausweichgleis um das Ende des Jahrzehnts fertigzustellen. Seitens des Landkreises hat man im Übrigen bereits vor gut einem Jahr dieses Zeitfenster angemahnt: Landrat Robert Niedergesäß (CSU) forderte im vorvergangenen Herbst, dass das Ausweichgleis bis 2028 fertig sein soll. Ob das tatsächlich so kommt, ist zwar offen - aber es gibt nun zumindest einen Gutschein dafür.

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