Landkreis Ebersberg:Drängende Fragen

Bei einer Podiumsdiskussion des Deutschen Gewerkschaftsbundes treffen zum ersten Mal Bundestagskandidaten aus dem Landkreis im Wahlkampf aufeinander - mit durchaus konträren Ansichten

Von Sophie Rohrmeier

Landkreis Ebersberg: Unter der Moderation von SZ-Mitarbeiter Wieland Bögel und Eva Maria Volland diskutierten Frank Hansen, Ewald Schurer, Stefan Kisters und Hannes Kellerer (von links) vorwiegend über soziale Fragen. Foto: Christian Endt

Unter der Moderation von SZ-Mitarbeiter Wieland Bögel und Eva Maria Volland diskutierten Frank Hansen, Ewald Schurer, Stefan Kisters und Hannes Kellerer (von links) vorwiegend über soziale Fragen. Foto: Christian Endt

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Auch im Landkreis drängen soziale Fragen: gute Arbeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Rente, die Mietpreise - und im Herbst ist Bundestagswahl. Deshalb konfrontierte der Kreisverband des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) am Mittwoch auf der Ebersberger Alm Vertreter der wichtigsten Parteien mit diesen Problemen: die Bundestagskandidaten Frank Hansen (FDP), Stefan Kisters (Grüne), Ewald Schurer (SPD) und den Landtagskandidaten der Linken, Hannes Keller. Einer fehlte: der Vertreter der CSU. Deren Bundestagskandidat, Andreas Lenz, sagte kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen ab. Und so trafen in der Diskussion, eingeleitet von der DGB-Kreisvorsitzenden Eva Maria Volland und moderiert von SZ-Mitarbeiter Wieland Bögel, vor allem die Positionen der Liberalen und der im Bundestag vertretenen Oppositionsparteien aufeinander. 35 Zuhörer hatten sich trotz der großen Sommerhitze eingefunden, um sich zu informieren.

Gute Arbeit

Gleich zu Beginn ging es um die Frage nach einem flächendeckenden Mindestlohn. Hansen lehnte den vom DGB geforderten Mindestlohn von 8,50 Euro ab. "Das halte ich nicht für durchsetzungsfähig." Die Folge wäre ein deutlicher Anstieg etwa der Lebensmittelpreise. Dem setzte Hannes Keller entgegen: "Die Durchsetzbarkeit hängt von uns allen ab." Kisters indes pflichtete das Publikum klatschend bei, als er sagte: "Die Unternehmen sollen von vornherein gerecht bezahlen - nicht hintenrum und nachher der Steuerzahler." Die Forderung des DGB sei dabei das Minimum, hierin zeigten sich Linke, Grüne und SPD einig. Schurer fügte hinzu, dass Schlupflöcher wie Werkverträge oder Scheinselbstständigkeit durch klare Definitionen und Gesetzesinitiativen reduziert werden müssten, im Sinne der Selbstbestimmung. Dieses Stichwort nutzte Hansen, um für "selbstverantwortliches Eigenhandeln" einzutreten. Grundsätzlich appelliere er an die Jugend, "mit weniger Lohn anzufangen und später als Selbständige mehr Wertschöpfung daraus zu ziehen".

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Angesichts der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sagte Kisters, die Parteien müssten entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. "Jetzt haben 40 Prozent derer, die vom Ehegattensplitting profitieren, keine Kinder." Auch beim Kinderfreibetrag habe Vorteile, wer mehr verdiene. Die Grünen wollten durch Umstrukturierungen Geld locker machen für die Bildungsinfrastruktur. Die Erziehungsfachkräfte indes sollten seiner Meinung nach "in die Gewerkschaft gehen", um ihre Ansprüche durchzusetzen. Unternehmen hätten sich durch die oft befristeten Verträge "ganz schön viel herausgenommen" - und die Gesetzgebung habe dies zugelassen. Schurer betonte, dass eine bessere Familienpolitik nur möglich sei, wenn der Stellenwert der Frau verbessert und das Betreuungsgeld - eine "himmelschreiende pädagogische Katastrophe" - abgeschafft werde. Dem entgegen nahm Hansen ländliche Familienstrukturen zum Vorbild: "In der Landwirtschaft sind die Kinder immer mit den Eltern zusammen." Er plädierte für möglichst familiäre Betreuung.

Rente

Alle Kandidaten halten eine Versicherungspflicht für sinnvoll. In der Diskussion um das Rentenalter löste Hansens Bemerkung, in Deutschland seien die Krankenhauskosten in den vergangenen zehn Lebenstagen sehr hoch, bei Kisters von den Grünen sichtlich Empörung aus: "Was soll das heißen?" Hansens Antwort: "Man sollte schauen, dass man möglichst lange gesund am Arbeitsleben teilnehmen kann." Hannes Keller schlug eine für alle geltende Pflicht vor, ohne gedeckelte Beiträge. Den Renteneintritt mit 64 bezeichnete er als spät, Kisters indes trat für die Rente mit 67 ein. Es gebe immer mehr Alte, und den Rentnern in Deutschland gehe es relativ gut - dies rief im zum Seniorenalter tendierenden Publikum etwas Unruhe hervor. Schurer dagegen möchte, wie er sagte, zur Rente mit 65 zurück, betonte aber auch: "Es gibt ein riesiges Potenzial bei Menschen um die 60 Jahre. Seriös kann man also von einem Fachkräftemangel gar nicht sprechen."

Wohnen

Dem Mangel an Wohnraum und hohen Wohnkosten will Schurer mit "großen Projekten eines sozial geförderten Wohnungsbaus" entgegen treten. Auch Keller und Kisters sehen die Wohnungssicherung als eine staatliche Aufgabe, wie sie betonten. Kisters hob hervor, energetische Sanierungen anstoßen und die Mieter vor ungerechten Mieterhöhungen schützen zu wollen.

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