Corona im Landkreis Ebersberg:Ein Piks auch für Jugendliche

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Arbeitsplatz Volksfesthalle: Viktor Voigt (links) und Florian Landthaler impfen hier tagelang. Mathias Holz ist dafür aus München gekommen. (Foto: Christian Endt)

Der Landkreis Ebersberg reagiert auf Beschwerden vieler Eltern und organisiert einen Sonderimpftag für Zwölf- bis 16-Jährige. Tausende Erwachsene erhalten in der Volksfesthalle ihre nächste Dosis.

Von Johanna Feckl und Barbara Mooser, Ebersberg

Die Lage in der Pandemie ändert sich ständig, doch eines bleibt offenbar immer gleich: Um mit dem Impfen voranzukommen, müssen die Akteure vor Ort bereit sein, zu improvisieren und ungewöhnliche Wege zu gehen. Oder - um es mit den Worten von Brigitte Keller, Leiterin des Corona-Krisenstabs im Landkreis Ebersberg auszudrücken: "Es ist hochkompliziert."

Angebot für Jugendliche

Dabei hatten die Nachrichten aus dem Impfzentrum Ende vergangener Woche verheißungsvoll geklungen: Jeder, der wolle, werde zeitnah über das bayerische Impfportal einen Termin für die erste Dosis erhalten. Doch ein Personenkreis war außen vor: Jugendliche zwischen zwölf und 16 Jahren. Diese - beziehungsweise ihre Eltern - konnten zwar im Impfportal einen Account anlegen, doch auf einen Termin warteten sie vergebens. Das System, das auch in der Vergangenheit so allerlei Macken gezeigt hat, ignoriert bisher die jungen Leute. Beschwerden prasselten beim Impfzentrum und beim Landratsamt herein, die Verantwortlichen haben nun reagiert. Am 17. Juli findet ein Sonderimpftag für Jugendliche statt, die Zweitimpfung erfolgt dann am 28. August. Bisher, sagt Brigitte Keller, sei nur diese eine Aktion geplant, für die Interessierte ihre Kinder unter der Telefonnummer (08092) 86 31 40 anmelden können. Möglicherweise bemerke der Freistaat aber, dass der Druck in diesem Bereich groß sei und ermögliche die Freischaltung von Terminen im Impfportal bald auch für junge Leute, so die Hoffnung von Brigitte Keller.

Kreativer Facharzt

Unterdessen tragen auch die niedergelassenen Ärzte dazu bei, dass immer mehr Menschen den erhofften Schutz gegen das Virus bekommen. Einer von ihnen ist Viktor Voigt. Er betreibt zusammen mit Kollegen HNO-Praxen in Ebersberg und Vaterstetten, ist derzeit aber viel in der Ebersberger Volksfesthalle anzutreffen. 2000 Dosen des Vakzins von Biontech hat er erhalten, diese bringt er in den nächsten Tagen an den Mann und die Frau. Kleinere Impfaktionen hat er bereits in den vergangenen Wochen dort organisiert, vor allem deshalb, weil er festgestellt hat, dass es organisatorisch zu schwierig wurde, das Impfen in der Praxis zu organisieren. "Wir wollten das nicht an die große Glocke hängen, denn man fährt ja sehr auf Sicht. Es ist nie klar, wie viel Impfstoff man tatsächlich erhält", berichtet er. Nun aber hat er richtig viel bekommen, und das Interesse daran ist nach wie vor groß - auch wenn inzwischen nicht mehr nur Ebersberger kommen. Die Terminbuchung unter www.hno-voigt.de/steht jedem offen, sogar jenen, die die Erstimpfung woanders erhalten haben. "Wir impfen beispielsweise viele Studenten aus München", erzählt Voigt, der für die Impfaktionen extra Kollegen tageweise angestellt hat. Die Termine können online gebucht werden, Wartezeiten gibt es deshalb ebenso wenig wie lange Staus mit Autos von Impfwilligen. Am Montagabend war bereits knapp die Hälfte der Impftermine vergeben, ganz so schnell wie bei den ersten Aktionen würden die Termine aber nicht mehr gebucht, erzählt Voigt. Dankbar sei er für die gute Zusammenarbeit mit der Stadt, die ihm dieses Angebot ermöglicht habe.

Impftag gerettet

Während Voigt bis einschließlich Freitag und am Sonntag wieder in der Volksfesthalle impft, übernimmt am Samstag ein anderes Team. Denn der zweite Sonder-Impftag dort ist gerettet: "Wir bekommen ausreichend Biontech-Impfstoff", versichert Organisator und Ärztlicher Koordinator für den Landkreis Ebersberg Marc Block am Dienstag. Die gut 1550 Menschen, die bei einem Impftag im Mai in der Volksfesthalle die erste Dosis erhalten haben, können eine Biontech-Zweitimpfung nun wie geplant am Samstag, 10. Juli, zwischen acht und 19 Uhr erhalten. Niemand braucht sich aus Sorge vor Impfstoff in zu geringer Menge um fünf Uhr morgens anstellen, wie Block betont. Die Biontech-Dosen stammen aus einer Sonderlieferung, die das Ebersberger Impfzentrum zur Verfügung stellt, außerdem haben der Ärztliche Kreisverband Rosenheim und eine Gemeinschaftspraxis aus dem nördlichen Landkreis ihre Unterstützung mit weiteren Dosen zugesagt. "Ich bin sehr glücklich über diese Entwicklung", sagt Block.

Zugelassen zur Zweitimpfung werden nur diejenigen, die ihre Erstimpfung am 15. Mai in der Volksfesthalle erhalten haben. Mitzubringen sind Impfausweis oder die Bestätigung der Erstimpfung sowie die ausgefüllten Aufklärungs- und Einwilligungsbögen für eine mRNA-Impfung, online zu finden unter rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Materialien/COVID-19-Aufklaerungsbogen-Tab.html.

Nach der neuen Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), die nach einer Erstimpfung mit Astra Zeneca eine Zweitimpfung mit einem mRNA-basierten Impfstoff wie Biontech oder Moderna empfiehlt, stand die Aktion auf der Kippe: Unter diesen Umständen hielt es Block für nicht vertretbar, wie geplant Zweitimpfungen mit Astra Zeneca durchzuführen. Innerhalb von knapp einer Woche an so viel Biontech-Dosen zu kommen, schien zunächst unwahrscheinlich.

Ein Vakzin, das liegen bleibt

Die neue Empfehlung der Stiko macht es auch noch einmal schwieriger, überhaupt Menschen zu finden, die sich mit Astra Zeneca impfen lassen wollen - auch wenn eine Kreuzimpfung, also eine Erstimpfung mit Astra Zeneca und eine Zweitimpfung mit einem mRNA-Stoff laut Experten hochwirksam ist. Dennoch gebe es "durchaus Zweifel", so Brigitte Keller, dass 800 Dosen Astra Zeneca, die im Impfzentrum auf Lager sind, noch rechtzeitig verbraucht werden können. Ablaufdatum für den Impfstoff ist Ende Juli.

© SZ vom 07.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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