Landkreis Ebersberg:Brummen in Steinhöring: Betroffene vermuten Täuschungsmanöver

  • Mit einem Gutachten wollen Landratsamt und die Gemeinde Steinhöring die Ursache für das mysteriöse Brummen in Erfahrung bringen.
  • Schätzungen zufolge sollen sich die Kosten für das Gutachten verdreifacht haben.
  • Deshalb sind viele Betroffene verunsichert, ob dem Ganzen überhaupt weiter nachgegangen wird.

Von Jessica Morof, Steinhöring

Schlaflose Nächte, Konzentrationsstörungen, ständige Kopfschmerzen: Seit zwei Jahren raubt der mysteriöse Brummton in Steinhöring vielen Bürgern Schlaf und Nerven. Einige Messungen wurden bereits durchgeführt, nun soll ein Gutachten weitere Ergebnisse liefern.

Doch manche Betroffene sind derart verunsichert, dass sie ein Täuschungsmanöver vermuten. Sie befürchten, dass die mutmaßlichen Verursacher des Brummens - die Transalpine Oelleitung GmbH (TAL) oder der Mineralölkonzern OMV - die Messungen torpedieren. Völlig zu Unrecht, wie Landrat Robert Niedergesäß (CSU) sagt.

Warum manche Betroffene verunsichert sind

Den jüngsten Grund für solche Theorien liefert der Kostenanstieg für das geplante Gutachten. Sighart Seidel, der nach eigenen Angaben in regem Kontakt zum Landratsamt steht, berichtet von einer "Erhöhung signifikanter Größenordnung". Er und andere Betroffene fürchten deshalb, dass einer der Verursacher die Kosten absichtlich in die Höhe treibt, um weitere Messungen zu verhindern.

Tatsächlich rechnen die Experten inzwischen mit 90 000 Euro für das Gutachten. "Ja, am Anfang sind wir von weniger ausgegangen", gibt Niedergesäß zu. Grund für den Preisanstieg sei, dass man Wert auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Umwelt (LfU) sowie mit TAL und OMV lege und deren Auflagen für das Gutachten erfülle.

Deshalb auch ziehe man zwei Gutachter hinzu: einen vom Landratsamt beauftragten sowie einen von den Firmen beauftragten. "Es ist wichtig, dass alle Koordinaten passen", erläutert der Landrat das komplexe Vorgehen. Vor den Untersuchungen müsse noch vieles geklärt werden. "Das ist schließlich der letzte Schuss - der muss sitzen."

Wie sich Schüler engagieren wollten

Doch Seidel und einige Mitstreiter sind skeptisch und fürchten, dass der Preisanstieg das Aus für ein Gutachten bedeuten könnte. Um dem vorzubeugen, haben sich einige motivierte Schüler der Realschule Ebersberg selbst auf den Plan gerufen: Sie wollten einen Kuchenverkauf organisieren, um einen Beitrag zu leisten, aber auch um die Bereitschaft der Bürger zur Beteiligung zu zeigen und die Öffentlichkeit auf die Situation hinzuweisen.

"Der Kuchenverkauf wäre natürlich auch eine Werbeveranstaltung für unsere Sache gewesen", sagt Seidel. Doch das Vorhaben sei von "höchster Stelle" untersagt worden. "Geht so Demokratie?", fragt er in einem Schreiben an die Ebersberger SZ.

Eberhard Laspe, Rektor der Realschule Ebersberg, sieht die Situation weniger dramatisch. Er habe den Verkauf nicht genehmigen können, sagt er. Eine konkrete Anfrage habe es aber gar nicht gegeben. Vielmehr hätte die Ethikgruppe diskutiert, ob man hier helfen könnte.

Warum der Kuchenverkauf nicht stattfinden durfte

Dazu hätten die Schüler dann seine Stellungnahme gewünscht. Die Antwort: Nicht möglich. Einen Kuchenverkauf auf dem Schulgelände könne er nur genehmigen, wenn der Erlös für die Schule bestimmt ist oder für ein Projekt, das direkt mit Bildung zusammenhängt. "Als Schulleiter darf ich das Gebot der Neutralität nicht verletzen."

Landrat Niedergesäß hat laut eigenen Angaben nichts von einer solchen Aktion gewusst. "Von der Symbolik her wäre es eine schöne Sache gewesen", sagt er - aber aus finanzieller Sicht nicht nötig. Denn das Landratsamt werde an seinem Versprechen festhalten und trotz des Kostenanstiegs 50 Prozent übernehmen - auf freiwilliger Basis. "Wir wollen den Menschen ja helfen", betont er. Aktuell warte man aber noch auf die Zusage der Gemeinde, dass auch sie ihren Anteil übernehmen wird.

Doch auch dort ist man eher zuversichtlich. "Wir brauchen natürlich einen Gemeinderatsbeschluss", erklärt Bürgermeister Alois Hofstetter (CSU). Schließlich spreche man von einer erheblichen Kostensteigerung. Ursprünglich sei von etwa 30 000 Euro für das Gutachten gesprochen worden. "Aber ich gehe davon aus, dass es trotzdem klappen wird", sagt er. Mitte Januar wisse man mehr. Vor Ende des Winters, also nach dem letzten Bodenfrost, könnten ohnehin keine Messungen durchgeführt werden.

Wie es um die Gemüter bestellt ist

Trotz alledem: Der gescheiterte Kuchenverkauf sowie die Reaktion darauf zeigen, wie verunsichert manche der Betroffenen sind und dass die Emotionen hochkochen. Einige Steinhöringer haben trotz des Einsatzes des Landratsamts und der Gemeinde Angst, dass ihr Wunsch nach Verbesserung kein Gehör findet, oder dass die Verursacher das Vorgehen irgendwie verhindern könnten.

Laut Seidel seien bereits die Messungen im Oktober getürkt worden, indem sie während einer Generalüberholung der OMV stattgefunden hätten. "Man hat gemessen, als die Aktivität gar nicht so stark war", ärgert er sich.

In seiner Verzweiflung hat sich der Steinhöringer bereits mehrfach in E-Mails an Niedergesäß gewandt; zuletzt in einem "scharfen Ton", wie der Landrat sagt. "Das nehme ich ihm nicht übel." Natürlich litten die Betroffenen sehr unter dem Brummen. Doch im Landratsamt kümmere man sich wirklich sehr engagiert um das Thema.

Sein Engagement wissen die meisten Steinhöringer durchaus zu schätzen, andere wiederum hätten sich telefonisch von dem Schreiben distanziert, berichtet der Landrat. Und auch Seidel lobt sonst immer den Einsatz von Niedergesäß. Doch die Verunsicherung bleibt: "Wir können eben aktiv nichts unternehmen, nur abwarten", sagt er.

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