Psychologische Notfallversorgung im Landkreis:Krise beim Krisendienst

Psychologische Notfallversorgung im Landkreis: Sie kommen, um nach einem Unfall die Menschen emotional zu stabilisieren: das Kriseninterventionsteam. In Ebersberg finden sich leider nur wenige Menschen für dieses spezielle Ehrenamt.

Sie kommen, um nach einem Unfall die Menschen emotional zu stabilisieren: das Kriseninterventionsteam. In Ebersberg finden sich leider nur wenige Menschen für dieses spezielle Ehrenamt.

(Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Bei schweren Unfällen werden oft psychologische Ersthelfer dazu gerufen. Im Landkreis Ebersberg gibt es davon aber zu wenige - im vergangenen Jahr übernahmen darum oftmals Helfer aus den Nachbarlandkreisen.

Von Franziska Langhammer, Ebersberg

An manchen Stellen sind weiterhin die Folgen von Corona zu spüren: etwa beim Kriseninterventionsteam (KIT) der Bereitschaften im Kreisverband Ebersberg des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK). Dieses rückt beispielsweise aus, wenn Angehörige von Unfallopfern psychologisch betreut werden müssen. Weil es 2022 wenig Menschen im Landkreis gab, die dieses Ehrenamt ausgefüllt haben oder dafür ausgebildet werden konnten, mussten oft Kollegen aus den umliegenden Landkreisen einspringen. Manchmal, so erzählt es ein Feuerwehrmann, der nicht namentlich genannt werden will, dauerte die Anreise der psychologischen Ersthelfer zum Einsatzort bis zu einer Stunde - ein Zeitraum, in dem es gilt, Betroffene möglichst schnell emotional zu stabilisieren.

Nachgefragt bei Bernhard Nowotny, dem Kreisbereitschaftsleiter und Katastrophenschutzbeauftragten des BRK Kreisverband Ebersberg, heißt es, dass das KIT in Ebersberg im vergangenen Jahr acht Einsätze hatte. Zum Vergleich: 2020 waren es 68 Einsätze und 51 im Jahr 2021. Das heißt jedoch nicht, dass es weniger Unfälle im Landkreis gab, bei denen psychologische Ersthilfe nötig war, sondern dass eben nur acht Einsätze übernommen werden konnten.

Der BRK Erding spricht von einer "Mammutaufgabe"

Vom BRK Rosenheim beispielsweise wird gemeldet, dass im vergangenen Jahr zwölf Einsätze in Ebersberg übernommen wurden. Der BRK Kreisverband Erding betreut die Landkreise Erding und Freising. 2022 wurde er 64 mal für den Landkreis Ebersberg alarmiert. "Allein die Bewältigung der Einsätze in den Landkreisen Erding und Freising ist eine Mammutaufgabe, so dass nicht alle Alarmierungen für den Landkreis Ebersberg übernommen werden konnten", so Danuta Pfanzelt, Pressesprecherin des BRK Kreisverbands Erding.

In der Regel informieren bei einem Unfall oder Suizid die Polizei, Not- und Bereitschaftsärzte oder der Rettungsdienst die Integrierte Leitstelle (ILS) Erding, die für Ebersberg, Erding und Freising zuständig ist, welche dann über die Entsendung des nächsten dienstbereiten Einsatzteams entscheidet. "Jeder Landkreis hat einen eigenen Ansprechpartner", erklärt ein Sprecher der ILS, "wenn einer nicht erreichbar ist, hilft ein anderer aus." Generell sei das gut geregelt, und auch Ebersberg springe immer mal wieder für einen Nachbarlandkreis ein. Grundsätzlich würde die ILS etwa zweimal in der Woche von Einsatzkräften vor Ort angefragt werden.

Als Gründe dafür, dass 2022 der Krisendienst im Landkreis kaum im Einsatz war, nennt Nowotny zum Beispiel die Tatsache, dass es schwierig ist, neue und geeignete Interessenten für dieses spezielle Ehrenamt zu finden. Die Ursachen hierfür seien sehr vielfältig: "Unter anderem ist die Ausbildung auf Grund der hohen Anforderungen an die psychische Betreuung von akut Betroffenen sehr anspruchsvoll."

Corona hat die Situation nochmal verschärft

Einen Kriseninterventionsdienst zu stellen ist keine Pflichtaufgabe des Roten Kreuzes, sondern ein selbst organisiertes Hilfsprogramm. Seit 20 Jahren, erzählt Nowotny, würde es dieses Angebot geben. Weil die Einsätze nicht refinanziert werden, müssen sie durch Spenden oder Mitgliedsbeiträge des Roten Kreuzes getragen werden.

Vorrangig Menschen, die sowieso schon beim Rettungsdienst oder bei der Feuerwehr arbeiten, lassen sich zum KITler ausbilden. Zusätzlich dazu noch ein weiteres Ehrenamt auszuüben, stelle eine weitere Hürde dar, erklärt Nowotny. In der Corona-Zeit habe sich das noch verschärft: "Die Aus- und Fortbildung war während der Hochphase der Pandemie entsprechend verhindert, was allein für sich schon bereits zu vielen Lücken im Dienstplan bei sowieso schon knapper Personaldecke geführt hat."

Mit dem Wegfall der Einschränkungen habe sich dies aber gebessert: "Mittlerweile ist wieder ein geregelter Aus- und Fortbildungsbetrieb möglich." Die Krise beim Krisendienst scheint sich also wieder langsam zu beheben: Derzeit würden die Facheinsatzkräfte in Ebersberg bereits wieder rund die Hälfte der Tageszeiten abdecken, so Nowotny, also auch nachts und am Wochenende erreichbar sein. Im ersten Quartal dieses Jahres hatte des KIT des BRK KV Ebersberg bereits fünf Einsätze.

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