Landkreis Ebersberg:Antisemitische Plakate in Grafing: Waren es Corona-Leugner?

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Sind Corona-Leugner für die antisemitischen Plakate in Glonn und Grafing verantwortlich? (Foto: dpa)

Das antifaschistische Dokumentationszentrum Aida hat herausgefunden, dass Bilder der antisemitischen Plakate in Glonn und Grafing in einschlägigen Foren gepostet wurden.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Hinter den antisemitischen Schildern, die in der vergangenen Woche in Grafing und Glonn aufgehängt worden waren, könnten Corona-Leugner stehen. Das hat die antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle (Aida) in München herausgefunden. Bilder von allen drei Plakaten waren am Morgen des 28. Oktober in einem Telegram-Chatkanal der sogenannten "Querdenker 089" eingestellt worden, also noch bevor die Polizei am Nachmittag über den zweiten und dritten Fall informiert hatte. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord sagte, es werde natürlich auch in diese Richtung recherchiert. Auch für die Polizei sei es aber nicht einfach herauszufinden, wer hinter diesem Posting stecke.

Auf das erste Plakat hatte eine Grafingerin die Polizei am 25. Oktober hingewiesen, ihr war es an diesem Sonntagmorgen an einem Laden in der Grafinger Griesstraße aufgefallen. Das laminierte Schild war von außen an die Tür geklebt. Über weitere Schilder berichtete das Polizeipräsidium Oberbayern Nord am Nachmittag des 28. Oktober, die Ermittler gehen davon aus, dass die Schilder in der Nacht zuvor aufgehängt worden waren. Auf dem Telegram-Kanal der Münchner Corona-Leugner konnten die Mitglieder aber schon am Morgen des 28. Oktober Fotos von allen drei Plakaten an den Ladentüren sehen - Reaktionen zum Beitrag gab es in der Gruppe allerdings nicht.

Die Ausschnitte der Fotos zeigen freilich auch, worauf der Täter vermutlich hinauswill: Denn die Plakate hängen direkt neben den Schildern, auf denen die Ladenbesitzer zum Tragen eines Mund-Nasen- Schutzes auffordern. Die Verantwortlichen stellen mit dem Plakat - das laut Aida-Nachforschungen ein Foto von einem Schild aus den Dreißigerjahren ist, das heute zur Sammlung des Jüdischen Museums Berlin gehört - somit einen Zusammenhang zwischen den im Nationalsozialismus verfolgten Juden und den Corona-Leugnern her.

Kein Einzelfall, wie Florian Rieder von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern erläutert: "NS-Verharmlosung ist bei den sogenannten Corona-Rebellen fast schon gang und gäbe." So trugen einige Teilnehmer bei Kundgebungen gegen Corona-Maßnahmen auch einen gelben Stern, der den Judensternen in der Zeit des Nationalsozialismus nachempfunden ist. "Eine unerträgliche Gleichsetzung der heutigen Demokratie mit dem diktatorischen Faschismus", sagt Rieder. Ähnlich formuliert es die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern, die sich ebenfalls mit dem Fall befasst: "Dies ist eine massive Relativierung der Schoah und eine Beleidigung der Opfer, ihrer Nachkommen und auch der MitarbeiterInnen der betroffenen Geschäfte."

Dort hatte so mancher gleich nach den Taten den Verdacht gehabt, die Plakate könnten mit den Corona-Leugnern zusammenhängen. Er habe den Eindruck, dass die rechte Szene mit ihnen zusammen wieder erstarke, hatte Markus Maisch, Juniorchef einer betroffenen Metzgerei, nach der Entdeckung des ersten Plakats gesagt. "Das ist eine Katastrophe, und dann ausgerechnet bei uns", so sein Kommentar zum Plakat. Auch Volker Wöhrle, Chef der Hasi-Bäckereien, bei denen die Glonner Filiale betroffen war, findet deutliche Worte: "Ich bin schockiert über den Vorfall." Mit demokratischer Meinungsäußerung habe so etwas nichts zu tun.

Auch er hält einen Zusammenhang mit den Gegnern der Corona-Präventionsmaßnahmen für möglich, mit diesen hätten seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch sonst häufig große Auseinandersetzungen. Die Aggressivität sei kaum zu beschreiben, "und die Wortwahl will ich lieber nicht widergeben", sagt Wöhrle. Er jedenfalls versuche, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immer wieder den Rücken zu stärken und ihnen ihre Verunsicherung zu nehmen.

Die Kriminalpolizei Erding setzt unterdessen ihre Ermittlungen fort. Die Annahme, dass Gegner der Maskenpflicht hinter den Plakaten steckten, sei "nicht ganz abwegig", so ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord. Über die Veröffentlichung des Fotos auf Telegram seien die Kollegen informiert und bemühten sich, den Verfasser ausfindig zu machen, was aber bei diesen anonymen Foren auch für die Polizei schwierig sei. Neue Fälle seien im Landkreis inzwischen nicht bekannt geworden, auch bei intensivierten Streifenfahrten der Polizei am vergangenen Wochenende habe es keine Auffälligkeiten gegeben. Laut Recherchen des Dokumentationszentrums Aida wurde aber in einem anderen Chat der "Corona-Rebellen Ammersee" ein Posting erstellt, das ein ähnliches Schild an der Zapfsäule einer Tankstelle zeigt.

© SZ vom 05.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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