Amtsgericht Ebersberg:Digitales Plakatieren kommt teuer

Amtsgericht Ebersberg: Ein Plakat mit beleidigendem Inhalt war nun Thema am Ebersberger Amtsgericht.

Ein Plakat mit beleidigendem Inhalt war nun Thema am Ebersberger Amtsgericht.

(Foto: Christian Endt)

Eine 57-jährige Frau soll ein verleumderisches Bild im Stil der "Querdenker" im Internet verbreitet haben, auf dem zahlreiche Politiker und Geschäftsleute zur "Festnahme" ausgeschrieben und als "Terroristen" bezeichnet wurden. Vor Gericht erklärt sie dies nun mit einem Hacker-Angriff.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wildes Plakatieren kann bekanntlich teuer werden - das gilt auch fürs Internet. Diese Erfahrung musste nun eine 57-Jährige aus dem westlichen Landkreis Ebersberg machen. Sie wurde beschuldigt, Ende 2021 auf einem sozialen Netzwerk ein im Stil eines Fahndungsplakates gestaltetes Bild veröffentlicht zu haben. Dies stelle einen Aufruf zu Straftaten sowie eine Beleidigung dar, befand das Amtsgericht und stellte der Frau einen Strafbefehl in Höhe von 1400 Euro aus. Dagegen legte sie Einspruch ein, weshalb es nun zur Hauptverhandlung kam.

Hintergrund ist die Kritik an den damals geltenden Corona-Maßnahmen, Inhalte in der Art des fraglichen Plakates waren besonders bei der sogenannten Querdenker-Bewegung sehr beliebt. Zur "Festnahme" ausgeschrieben waren zahlreiche Politiker und Geschäftsleute. Diese wurden auf dem fraglichen Plakat als "Terroristen" bezeichnet und, so die Beischrift, sollten eingesperrt werden, um endlich die Freiheit aller Bürger wieder herzustellen.

Die Angeklagte behauptet, ihr Account sei von Unbekannten gehackt worden

Die Angeklagte beteuerte vor Gericht, mit der ganzen Sache nichts zu tun zu haben. Sie beschäftige sich weder mit Politik noch gehe sie auf irgendwelche Demos. Dass das fragliche Bild von ihrem Profil in dem Netzwerk geteilt worden war, erklärte sie mit einem Hacker-Angriff. Sie habe sich deswegen auch schon an den Betreiber des Dienstes gewandt, allerdings habe der bislang nicht reagiert.

Ob sie denn wenigstens ihr Passwort geändert habe, nachdem sie den Verdacht habe, ihr Profil sei gehackt worden, wollte Richterin Vera Hörauf von der Angeklagten wissen. Diese verneinte, schien die Frage aber auch nicht verstanden zu haben. Ihre ganzen Bekannten würden sie ja nicht mehr finden, wenn sie jetzt ihren Account ändere, so die Angeklagte. Stattdessen erzählte sie weitschweifig davon, dass sie ja nur wegen Corona "wie wir alle eingesperrt waren, damit man eine Ablenkung hat" mit den sozialen Medien angefangen hatte. Andere seien in der Zeit depressiv geworden, führte die Angeklagte weiter aus.

Gelöscht habe sie den fraglichen Beitrag nicht, so die Angeklagte, sie habe ihn ja nicht erstellt

Ob sie denn wenigstens den fraglichen Beitrag gelöscht hatte, fragte die Staatsanwältin. Das könne sie doch nicht, entgegnete die Angeklagte, schließlich habe sie es ja nicht selber eingestellt sondern der Hacker. Der es allerdings offenbar bei dieser einen Aktion belassen hatte, so die Angeklagte auf weitere Nachfrage.

Für die Anklagevertreterin war die Erklärung der Beschuldigten nicht glaubhaft. Sie forderte eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je zehn Euro. Die Angeklagte, die ohne Anwalt erschienen war, forderte Freispruch, schließlich gebe es keine Beweise gegen sie, sondern nur Vermutungen.

Die Vorsitzende folgte dagegen der Argumentation der Staatsanwaltschaft und verurteilte die Angeklagte zu 75 Tagessätzen zu je zehn Euro. Sowohl das fragliche Bild als auch die Behauptung, dieses sei von einem unbekannten Hacker eingestellt worden, "zieht sich hier schon durch mehrere Verfahren, das ist die Standard-Ausrede". Die Angeklagte kündigte noch während der Urteilsbegründung lautstark an, Rechtsmittel einlegen zu wollen.

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