Amtsgericht Ebersberg:Fahrt in den Knast

Wegen einer Trunkenheitsfahrt ohne Führerschein muss ein 55-Jähriger ins Gefängnis. Es ist nicht das erste Mal.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Manchmal fällte es auch einem Verteidiger schwer, das Verhalten seines Mandanten zu verteidigen, wie nun in einem Fall vor dem Ebersberger Amtsgericht. Das Vorstrafenregister des Angeklagten sei "eine Bankrotterklärung", so der Advokat, insgesamt 29 Mal war der 55-Jährige in den vergangenen 38 Jahren verurteilt worden. Meist ging es um Verkehrsdelikte, auch diesmal wieder: Der Steinmetz aus München soll betrunken und ohne Führerschein mit einem geliehenen Lastwagen auf einer Autobahn im Landkreis Ebersberg unterwegs gewesen sein.

Mit auf der Anklagebank saß die damalige Eigentümerin des Vehikels, der Vorwurf lautete auf Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Dafür hatte sie vom Amtsgericht auch bereits einen Strafbefehl über 20 Tagessätze zu je 40 Euro erhalten, gegen den sie aber Einspruch eingelegt hatte. Der 55-Jährige, so die ehemalige Geschäftsfrau, deren Firma inzwischen insolvent ist, habe den Lastwagen von ihr übernehmen und dazu eine Probefahrt machen wollen. Sie habe ihn noch explizit gefragt, ob er einen entsprechenden Führerschein für die Gewichtsklasse habe. Daraufhin habe der Steinmetz ihr einen Führerschein gezeigt, zumindest habe das Dokument wie ein solcher ausgesehen und es sei der Name des Mannes daraufgestanden.

Auch die Besitzerin des Lastwagens muss sich verantworten

Die Frau räumte aber auch ein, dass die den Führerschein nicht genau geprüft oder gar kopiert beziehungsweise abfotografiert hatte. "Das war ein Fehler, das gebe ich zu", so die 39-Jährige, die mittlerweile als Lehrerin arbeitet. Allerdings sei sie mit dem anderen Angeklagten seit längerem bekannt gewesen, es habe ein entsprechendes Vertrauensverhältnis gegeben. Weder Richterin Vera Hörauf noch der Staatsanwalt sahen darin einen Grund, zu einem anderen Ergebnis zu kommen als im Strafbefehl. Einer Einstellung werde er nicht zustimmen, so der Anklagevertreter, und die 20 Tagessätze seien ohnehin schon das Mindeste, was man verhängen könne. Nach einer kurzen Beratung mit ihrem Verteidiger zog die 39-Jährige ihren Einspruch zurück.

Deutlich länger im Saal bleiben musste dagegen der Mitangeklagte, der sich in der Sache geständig zeigte. Die Trunkenheitsfahrt ohne Führerschein gab er ebenso unumwunden zu, wie, dass er seit Jahren ein Alkoholproblem habe. Darauf deutete auch der medizinische Bericht nach dem Vorfall auf der Autobahn hin: Trotz fast 1,4 Promille Alkohol im Blut seien keine Ausfallerscheinungen bei dem 55-Jährigen feststellbar gewesen.

Der erklärte, er wolle sich wirklich seinem Suchtproblem widmen. Dazu habe er auch schon mit zwei Fachkliniken Kontakt aufgenommen und sich nach Therapiemöglichkeiten erkundigt. Auch um die Kostenübernahme durch die Krankenkasse bemühe er sich, eine Zusage einer Klinik für eine Entziehungskur gebe es allerdings noch nicht.

Seit 1984 ist der Angeklagte 15 mal ohne Führerschein und neunmal betrunken gefahren

Für den Staatsanwalt reichten diese Bemühungen nicht, um dem Angeklagten eine positive Sozialprognose auszustellen, er beantragte eine Haftstrafe von elf Monaten ohne Bewährung. "Es gab schon genügend Warnschüsse." Immerhin sei der Angeklagte bereits 15 Mal wegen Fahrens ohne Führerschein verurteilt worden, neun Mal wegen Trunkenheit im Verkehr, dazu kommen einige Fälle von Fahrerflucht inklusive fahrlässiger Körperverletzung, diverse Vermögensdelikte, wie Betrug, Diebstahl und Unterschlagung und seinen Bewährungsauflagen ist er in der Vergangenheit auch nicht immer nachgekommen. Auch zwangsweise Einweisungen in Entziehungsanstalten waren stets ohne Folgen geblieben. Nicht zuletzt stand der 55-Jährige bei seiner jüngsten Trunkenheitsfahrt bereits unter Bewährung wegen betrunkenen Fahrens ohne Führerschein und Unfallflucht.

Der Verteidiger wollte dieser Feststellung gar nicht widersprechen, allerdings solle man die Bemühungen des Angeklagten würdigen, sich seinem Alkoholproblem zu stellen: "Er will das angehen." Immerhin habe er sich schon über Angebote informiert. Daher könne man den 55-Jährigen doch noch einmal Bewährung geben, verbunden mit der Auflage einer Therapie, die er auch zu Ende bringen müsse.

Die Vorsitzende folgte dagegen weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Angeklagten zu neun Monaten Haft ohne Bewährung. Ausschlaggebend sei zum einen die "beeindruckende Latte an Voreintragungen", zum anderen die Unbelehrbarkeit des 55-Jährigen: In zweifach offener Bewährung wegen Trunkenheit und Fahrens ohne Führerschein, setze er sich wieder ohne Schein und betrunken ans Steuer, und das auch noch auf der Autobahn.

Außerdem seien die Bemühungen des Angeklagten um eine Therapie nicht ausreichend für eine positive Sozialprognose, dazu hätte es mindestens schon eine konkrete Anmeldung, besser noch ein Beginn der Therapie vorliegen müssen. Zu guter Letzt "ist es auch niemandem zu vermitteln, dass jemand, der ständig das Gesetz missachtet, nochmal Bewährung bekommt". Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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