Amtsgericht Ebersberg:Früh genug erwischt

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Ein junger Mann hat einen schwunghaften Handel mit Marihuana betrieben. Weil er geständig ist, kommt er mit Bewährung davon.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Als die Polizei im Mai vergangenen Jahres bei einem damals 19-Jährigen die Wohnung durchsucht hat, dürfte dieser sich wohl eher weniger gefreut haben: Der junge Mann hatte einen schwunghaften Drogenhandel betrieben. Ein gutes Dreivierteljahr später erscheint die Polizeiaktion indes als glückliche Fügung: Offenbar endete damit eine kriminelle Karriere, bevor sie so richtig in Schwung kommen konnte.

Etwa seit dem Frühjahr des vorvergangenen Jahres hatte der nun am Amtsgericht Ebersberg angeklagte junge Mann in großem Stil mit Marihuana gehandelt. Dabei, so die Staatsanwaltschaft, sei er durchaus professionell vorgegangen. Nicht nur bot er seine Ware im vakuumverpackten Beutel an - was wohl weniger der Frische, als der olfaktorischen Tarnung diente -, er legte auch viel Wert auf die für solche Geschäfte notwendige Diskretion. Mit der Kundschaft kommunizierte er nur verschlüsselt über Messengerdienste und nutzte eine Funktion, welche die Nachrichten nach einiger Zeit automatisch löscht.

Ein Kunde hat bei der Polizei ausgesagt

Dass der junge Mann nun trotzdem vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Dieter Kaltbeitzer saß, lag daran, dass sich einer der Großkunden des Angeklagten beim Weiterverkauf der Ware - diese wurde übrigens auf Kommission ausgegeben - hatte erwischen lassen. Bei der Polizei packte dieser umfassend aus, die Ermittler beschatteten daraufhin den mutmaßlichen Verkäufer. Und das mit Erfolg: Gleich zweimal binnen weniger Tage konnten sie beobachten, wie Marihuana den Besitzer wechselte. Bei der Durchsuchung beim Angeklagten wurden zwar keine größeren Mengen Drogen, aber mehr als 1000 Euro Bargeld sowie Waagen und Verpackungsmaterialien gefunden.

Aus der Aussage des Großkunden des Angeklagten und den Beobachtungen der Ermittler ergaben sich dann insgesamt 14 Fälle, die zur Anklage kamen. Die Mengen reichten dabei von drei bis 150 Gramm - weshalb zwei Fälle auch als Handeltreiben in nicht geringer Menge gewertet wurden.

Gleich nach Verlesung der Anklageschrift regte Verteidiger Florian Alte ein Rechtsgespräch an. Darin wurde vereinbart, dass der Angeklagte die Vorwürfe einräumen und im Gegenzug zu einer Jugendstrafe zwischen einem und zwei Jahren auf Bewährung verurteilt würde. Dieser war auch bereit, auf alle weiteren Nachfragen des Gerichts zu antworten - bis auf eine: Woher er selbst seinen Nachschub bezogen hatte, dazu wolle er lieber nichts sagen: "Weil derjenige weiß, wo ich wohne." Eine solche Aussage sei ihm daher zu riskant.

Dagegen berichtete er etwa, wie er überhaupt zum Kiffen gekommen sei, nämlich als selbst verordnete Schmerztherapie nach einer Operation. Und dass er selbst jeden Tag Marihuana geraucht habe und mit der Dealerei seinen eigenen Konsum habe finanzieren wollen und dass er gelegentlich auch andere Drogen genommen habe. Dies bestätigte auch eine Haaranalyse, demnach fanden sich Spuren von Kokain, Amphetamin und Ketamin, wenn auch in sehr geringer Menge.

Inzwischen sei er abstinent

Dass mit den anderen Substanzen ebenfalls gedealt hatte, war ihm bis auf einen Fall nicht nachzuweisen, da hatte er zehn Pillen eines Benzodiazepin-haltigen Beruhigungsmittels verkauft. Laut Aussage des Hauptbelastungszeugen - die wegen einer Corona-Quarantäne nur verlesen wurde - habe ihm der Angeklagte aber auch andere Drogen angeboten, der Kunde habe nur kein Interesse gehabt. Was Verteidigung wie Staatsanwaltschaft zu der These brachte, dass der Angeklagte vielleicht sogar Glück hatte, erwischt zu werden, bevor er ins Geschäft mit harten Drogen einsteigen konnte.

Inzwischen sei er abstinent, versicherte dieser. Auf Vermittlung der Jugendgerichtshilfe mache er eine Therapie bei der Caritas. Außerdem habe er einen festen Job als Kellner und sich auf verschiedene Ausbildungsplätze beworben. Bernhard Wacht von der Jugendgerichtshilfe bescheinigte dem jungen Mann auch eine positive Sozialprognose. Außerdem lägen bei ihm Reife- und Entwicklungsverzögerungen vor, so dass man ihn nach Jugendstrafrecht verurteilen könne.

Auch das Gericht sah den Angeklagten auf einem guten Weg, "wir sehen, dass Sie reinen Tisch machen wollen", so Kaltbeitzer. Am Ende stand eine Haftstrafe von eineinhalb Jahren auf Bewährung, verbunden mit der Auflage, die Entzugstherapie fortzusetzen und die Abstinenz regelmäßig per Drogentest nachzuweisen. Außerdem muss der junge Mann noch 4920 Euro an die Staatskasse zahlen, das ist die Summe, die er nachweislich durch seinen Drogenverkauf verdient hat.

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