Landesversammlung in Grafing:Nein-Sagen als Programm

Neue Partei will Nichtwählern und Politikverdrossenen" eine Stimme geben. Der Ebersberger Bundestagskandidat war früher in der rechten Szene aktiv, ist aber 2009 nach eigenen Angaben ausgestiegen

Barbara Mooser

In rechtsextremen Kreisen war er lange wohlbekannt, bei den Republikanern war er ebenso aktiv wie bei der NPD und bei der Münchner "Bürgerinitiative Ausländerstopp". Nach eigenen Angaben ist das alles für Marius Augustin allerdings Vergangenheit. 2009 habe er an einem Aussteigerprogramm des Innenministeriums teilgenommen, mit den rechten Ideen wolle er "definitiv nichts mehr zu tun haben". Der Poinger will sich nun wieder politisch engagieren - und zwar bei der "Nein-Partei", die laut Eigenwerbung "Nichtwählern und Politikverdrossenen" eine Stimme geben möchte.

In Grafing hat am Wochenende der sogenannte Landesparteitag der "Nein-Partei" stattgefunden, einen großen Saal anzumieten war dafür freilich nicht nötig: Gerade einmal fünf Teilnehmer - vier davon aus dem Landkreis, einer aus Rosenheim - kamen zusammen und kürten laut eigener Mitteilung "mit einer überwiegenden Mehrheit" Marius Augustin zum Landesgeneralsekretär und Landesgeschäftsführer sowie zum Bundestagsdirektkandidaten für den Wahlkreis 214 Ebersberg-Erding. Damit er auch tatsächlich antreten darf, muss er allerdings noch Unterstützerunterschriften sammeln: 200 müssen bis zum Sommer zusammenkommen, "da bin ich ziemlich zuversichtlich", sagt der 31-Jährige, der als Zugbegleiter arbeitet.

Die "Nein-Partei", die 2012 gegründet wurde, hat bisher nach eigenen Angaben 78 Mitglieder in Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Der Name der Partei ist dabei Programm: "Unsere Ziele geben Nichtwählern eine Stimme ohne Parteiprogramm und ohne Ideologien, frei von Wahlversprechungen und Wahlgeschenken", heißt es in einer Pressemitteilung der Partei. Sollte ein Mandatsträger eine Entscheidung der übrigen Parteien mittragen, "so wird er umgehend aus der Partei ausgeschlossen". Ausnahmen seien Abstimmungen, die Bürgern die Entscheidungsgewalt übertragen, zum Beispiel Volksentscheide.

Ganz unpolitisch würde Augustin nach eigenen Angaben nicht ans Werk gehen, sollte er tatsächlich einmal ein Amt erhalten. Für Transparenz bei demokratischen Entscheidungen und beispielsweise Übertragungen aus Sitzungssälen politischer Gremien würde sich der Poinger nach eigenen Angaben stark machen. Auch Bildungspolitik sei ihm wichtig. Bei der Nein-Partei hat Augustin nun eine neue politische Heimat gefunden, nachdem er zuletzt bis Herbst 2012 bei der Zentrumspartei mitgearbeitet hat. Noch im Oktober war er bei den Wahlen für den Landesvorstand angetreten und zum stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt worden. Danach sei aber der Landesverband ohnehin für ungültig erklärt worden, ihn habe auch die mangelnde innerparteiliche Demokratie abgeschreckt, sagt Augustin. Deshalb habe er sich von der Zentrumspartei wieder abgewendet. Bis 2009 war Augustin in verschiedenen Funktionen und auf verschiedenen Ebenen in extrem rechten Parteien aktiv. Zunächst gehörte er den Republikanern an, bevor er zur NPD und schließlich zur "Bürgerinitiative Ausländerstopp" wechselte, die auch im Münchner Stadtrat vertreten ist. Im Juli 2009 legte er dort seine Position als Pressesprecher nieder, damals dankte der BIA-Vorsitzende Karl Richter dem Poinger zum Abschied noch für seine "verdienstvolle Mitarbeit". Heute hält Augustin nach eigenen Angaben seine rechten Aktivitäten für den "größten Fehler meines Lebens". Angeschlossen habe er sich den Rechten aus Enttäuschung über die etablierten Parteien. Abgeschreckt habe ihn letztlich die Verherrlichung der Ideologie des Nationalsozialismus und die latente Gewaltbereitschaft, sagt er.

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