Süddeutsche Zeitung

Kunstverein Ebersberg:Die Jüngste unter den Jungdenkern

Luci Ott ist jüngstes Mitglied im Beirat des Kunstvereins Ebersberg und Jurorin beim Jugendkulturpreis. Bereits in der Schule hat sie ihre Kreativität entdeckt - vor allem aber die Lust, sich Dinge ganz genau anzuschauen

Interview von Franziska Langhammer, Ebersberg

Frischen Wind mitzubringen verspricht Luci Ott auf mehreren Ebenen: Die gebürtige Moosacherin ist seit einem Jahr im Beirat des Ebersberger Kunstvereins und dort das jüngste Mitglied. Ott, studierte Grafikerin, sitzt außerdem in der Jury des Ebersberger Jugendkulturpreises, für den noch bis zum 5. Oktober Werke eingereicht werden können. Warum Instagram kein guter Ort für Kunst ist, und was Museen besser machen könnten, erzählt die 25-Jährige im Interview mit der SZ.

SZ: Wie sind Sie zur Kunst gekommen?

Luci Ott: Eigentlich wurde mir das in die Wiege gelegt. Meine Eltern sind Künstler hier im Landkreis (Anm. d. Redaktion: Maja Ott und Hubert Maier aus Moosach). Es war schnell klar, dass das Kreative meinen zukünftigen Weg bestimmen wird. Ich habe dann den praktischeren Weg eingeschlagen und eine Ausbildung zur Grafikerin gemacht. Jetzt bin ich bei einem Verlag, der Kunstbücher macht, arbeite viel mit Künstlern und Museen zusammen.

Wie schwierig war es mit diesem Hintergrund, den eigenen Weg zu finden?

Dass ich von meinen Eltern schon ein Kunstverständnis mitbekommen habe, merke ich immer wieder und versuche das auch zu hinterfragen.

Inwieweit hat Kunst Ihre Kindheit geprägt?

Wir haben oft über Kunst geredet und ich war immer bei Ausstellungen dabei, auch in großen Museen. Ich glaube schon, dass andere, die nicht so einen Zugang mitbekommen haben, denken, Kunst sei etwas Kompliziertes, bei dem man viel Vorwissen braucht. In der Schule hatte ich schon den Anspruch an mich, zu den Kreativen zu gehören, habe mich aber nie total ins Zeichnen oder so gestürzt. Ich hatte aber schon immer mehr Lust, mir Sachen anzuschauen als selber zu machen. Das ist ja auch meine Richtung geworden.

Kunst ist für Sie...

...eine Auszeit, wenn mir mein Alltag zu viel wird. Dann geh ich raus in die Natur oder ins Museum; das ist eine Welt für sich, in die ich versinken kann. Auch wenn ich selber Collagen mache oder zeichne, ist alles drumherum egal. Sehr entspannend.

Ein Tipp für ein gutes Museum?

Natürlich der Kunstverein Ebersberg (lacht).

Sie sitzen beim Jugendkulturpreis mit in der Jury. Was muss ein Kunstwerk haben, um Sie zu faszinieren?

Es muss vor allem überraschen, einen Moment haben, den man so noch nicht gesehen hat. Natürlich lässt man sich von einer tollen Technik auch beeinflussen, aber das steht nicht im Vordergrund.

Im Beirat im Kunstverein Ebersberg sind Sie die Jüngste. Merkt man das beispielsweise in der Rezeption eines Werks?

Wenn man ein kunstinteressierter Mensch ist, ist man auch wahnsinnig neugierig auf Sachen, die aktuell passieren. Das heißt, meine Kollegen denken auch sehr jung. Und wahrscheinlich schau ich mir bei den alten Hasen schon auch was ab. Aber natürlich lässt sich das Kunstverständnis auch von vielen anderen Faktoren beeinflussen, welche Musik man hört, auf welche Festivals man geht, welche Reisen ich mache. Da habe ich bestimmt einen anderen Background.

Gibt es da auch Reibungspunkte?

Wenn wir zusammen sitzen, werden auch mal sehr grundsätzliche Diskussionen geführt, die gar nicht unbedingt konkret mit einer Ausstellung zu tun haben. Sondern etwa über Geschlechterrollen, oder wie sehr wir darauf achten wollen, dass eine Jury divers aufgestellt ist. Das haben wir teils schon sehr angeregt diskutiert, und ich hatte einen sehr anderen Standpunkt. Witzigerweise wollte ich das nämlich gar nicht zu so einem großen Thema machen, weil ich finde, das sollte sowieso selbstverständlich sein und nicht durch Prinzipien reglementiert werden.

Ist Kunst denn heute noch ein Thema für junge Leute?

Ich glaube, es gibt schon viele junge Menschen, die sich schwer tun, Kunst zu einem Teil ihres Lebens zu machen - weil es ihnen zu elitär ist, eine Sache der großen Museen, die das kunsthistorisch wertvoll aufziehen. Viele haben dann das Gefühl, sie können nicht mitreden. Aber ich glaube auch, dass Kunst wieder wichtiger wird, weil man sich kreativ austoben kann, ohne Regeln. Manchmal muss man Kunst aus dem verstaubten Museumsrahmen - den ich selbst schon spannend finde - herausholen und populärer, zugänglicher machen.

Wo spielt sich die Kunst für junge Menschen heute ab, wenn es nicht die großen Museen sind? Auf Instagram?

Ich bin da etwas kritisch, weil ich Social Media nicht zu zeitfressend betreiben will. Natürlich ist das eine Plattform, um viel mehr Leute zu erreichen und gerade für verstaubte Institutionen auch eine gute Möglichkeit. Aber wenn man nur im Digitalen bleibt, wird das schnell sehr oberflächlich. Gerade auf Instagram geht es viel um den Schein, rein Ästhetisches, was nicht lange von Bedeutung ist. Letztendlich spielt sich Kunst in physische Räumen ab, wo auch Leute zusammen kommen - sonst wird es auch zu sehr zum Einzelding.

Würden Sie sagen, dass Kunst für alle da ist?

Auf alle Fälle. Manche haben auch Furcht davor. Wir merken das selbst beim Kunstverein, dass die Leute vor der Tür stehen bleiben und sich gar nicht rein trauen. Das ist Schmarrn, denn irgendwas findet jeder spannend. Dafür ist die Kunst auch vielseitig genug.

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Quelle:
SZ vom 27.08.2020
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