Kunst im Rathaus:Bilder der Heimat

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Ein kleiner Rundgang durch die Amtsstuben des Landkreises: In Glonn hängen Werke namhafter Künstler, zu endecken gibt es aber auch ein bislang ungelöstes Rätsel

Von Theresa Parstorfer , Glonn

Der ehemalige US-Präsident Barack Obama hatte eine Vorliebe für die Grafikdrucke von Edward Ruscha, Helmut Schmidt bevorzugte nordische Künstler wie Emil Nolde. Doch was hängt wohl über den Schreibtischen unserer Bürgermeisterinnen und Bürgermeister? Dieser Frage geht die Süddeutsche Zeitung Ebersberg in ihrer Serie "Kunst im Rathaus" nach: ein kleiner Rundgang durch die Amtsstuben im Landkreis. Im Schrank versteckt Glonns Bürgermeister Josef Oswald seine Kunst. Gleich hinter dem Schreibtisch, unter dem ordentlich aufgehängten Jackett. Ein Bild des Glonner Künstlers Wolfgang Lammerding holt Oswald dort hervor. Dessen feine, farbige Zeichnungen von Ortsansichten bestücken jedes Jahr einen Kalender, der im Rathaus bei besonderen Anlässen verschenkt wird. Auf dem Bild aus dem Schrank ist der Glonner Marktplatz zu sehen - mit der Kirche, auf die gerade ein Vater mit seinem kleinen Sohn zugeht. Beide in Lederhosen.

Streng genommen versteckt Oswald dieses Bild gar nicht, "aber bisher ist an den Wänden halt kein Platz dafür", sagt er. Sein Amtsvorgänger, der kürzlich verstorbene Ehrenbürger Martin Esterl, hatte bereits ein paar Bilder aufgehängt. Beispielsweise ein Gemälde des Hermannsdorfer Künstlers Johannes Gottwald. Glonn in einem Wassertropfen, gestaltet in kräftigen Farben, ist darauf zu sehen. Typisch für Gottwald seien allerdings seine Skulpturen und Holzarbeiten, sagt der jetzige Bürgermeister. Eine Treppenflucht weiter oben gibt es denn auch gleich eine solche Arbeit zu sehen: aus Holz, dreidimensional, abstrakt. Ein bemerkenswertes Relief, in dem sich die verschiedenen Maserungen des Holzes zu dreieckigen Mustern zusammenfügen. Oswald selbst hält jedoch die Lärmschutzwand an der Rotter Straße für Gottwalds eindrucksvollstes Kunstwerk.

Zurück im Bürgermeisterbüro: Die dort ausgestellte Stilvielfalt wird von einer Fotocollage von Jürgen Bochynek komplettiert, einem Mitglied der Glonner Fotofreunde. Auch darauf spielt die Glonner Kirche eine prominente Rolle, diesmal scheint sie jedoch aus einer Sauerkrautdose zu springen - oder vielleicht gerade hineingezwängt zu werden? Heimatbezug ist in diesem Rathaus also wichtig. Das betont sowohl Oswald selbst, als auch seine Kulturbeauftragte Jutta Gräf, die sich unter anderem um die Organisation der regelmäßig stattfindenden Ausstellungen im Glonner Rathaus kümmert. "Deshalb lassen wir die Wände im Foyer auch weitestgehend frei, damit die Aufmerksamkeit der Besucher auf das Besondere fällt, wenn wir eine Ausstellung haben", sagt sie. Einmal im Jahr wird zum Beispiel die kleine Litfaßsäule im Eingangsbereich freigeräumt, damit die von Kindern in Ferienkursen aufgenommenen Fotografien ausgestellt werden können.

Neben diesen "kleinen" Künstler-Gästen gibt es im Glonner Rathaus jedoch auch renommierte Namen, die dauerhaft die Wände schmücken. Beispielsweise Wilhelm Kaiser. Ein Künstler aus München, der während des Kriegs einige Zeit in Glonn verbrachte, und sich mit seinen Bildern den Lebensunterhalt verdiente. Raue, dunkle Landschaftsportraits sind das, deren Lebendigkeit dem Betrachter nichts desto trotz entgegenzuspringen scheint. Eines hängt im Zimmer des Geschäftsführers, eines im Treppenhaus. Ein weiteres kann durch ein Fenster gesehen werden: ein Marienbild, das Kaiser auf das Haus gemalt hat, in dem er selbst wohnte.

Auch Georg Lanzenberger ist so ein Name, so eine Geschichte: Er war in den 30er Jahren Glonner Bürgermeister und obendrein Künstler. Auch seine Bilder zeigen die Marktgemeinde und die sie umgebende, herrliche Landschaft. Und Lanzenberger war offenbar ausgesprochen produktiv: Derzeit laufe ein Projekt, alle Werke von ihm aufzuspüren, die in Glonner Häusern hängen, sagt Oswald. Bei 336 sei man bereits, doch die Suche gehe noch weiter.

Ungeklärt hingegen wird die Herkunft des Bildes bleiben, das im Vorzimmer bei Marianne Heimbuchner hängt. Etwas versteckt hinter einer großen Topfpalme, doch die satten Rottöne schimmern deutlich durch deren Grün hindurch. Ein Mädchen von hinten, in einem weiten, gelben Kleid ist darauf zu sehen. "Das hing da schon", sagt Heimbuchner achselzuckend, und weder Oswald noch Gräf wissen, woher das Kunstwerk stammt. Um Licht ins die Sache zu bringen, nehmen sie das Bild kurzerhand ab und drehen es um. 2500 Mark hat man dafür wohl einmal bezahlt, heißt es auf der Käuferurkunde. Doch der Name der Künstlerin ist unleserlich, er könnte "Givri Waschakidze" oder auch "Givi Washikadza" heißen. Oder auch etwas ganz anderes. Der Anmut des Bildes jedoch tut das keinen Abbruch.

© SZ vom 08.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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