Klassik im Landkreis:Hörenswerter Zeitgenosse

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Der Komponist Pēteris Vasks aus Lettland steht im Zentrum der kommenden Spielzeit beim Kulturverein Zorneding-Baldham. Er will mit seiner Musik "der Seele Nahrung geben". (Foto: Mélanie Gomez/oh)

Der Kulturverein Zorneding-Baldham rückt erstmals einen Komponisten ins Zentrum seiner Spielzeit: Pēteris Vasks. Es werden viele seiner Werke zu hören sein, man wird den berühmten Letten aber auch persönlich erleben können.

Von Anja Blum, Zorneding/Ebersberg

Eine außergewöhnliche Premiere: Erstmals in seiner mehr als 40-jährigen Geschichte rückt der Kulturverein Zorneding-Baldham einen einzelnen Komponisten ins Zentrum einer Saison: den Letten Pēteris Vasks. Er gehört weltweit zu den am häufigsten aufgeführten Komponisten der Gegenwart, wird von führenden Orchestern und Widmungsträgern wie Gidon Kremer gespielt. Beim Kulturverein stehen nun insgesamt zehn seiner Werke auf dem Programm, darunter sogar eine Welturaufführung. Doch die neue Kategorie „Komponist im Fokus“ beinhaltet überdies, dass Vasks persönlich präsent sein wird. Immer wieder möchte der berühmte lettische Komponist aus Riga anreisen, um von seinem Schaffen zu berichten.

Diese Wahl ist kein Zufall: Oliver Triendl aus Ebersberg, Pianist und Künstlerischer Leiter des Kulturvereins Zorneding-Baldham, ist ein Freund des Komponisten. Pēteris Vasks, 1946 im lettischen Hansestädtchen Aizpute geboren, besteche durch ein offenes, großzügiges und grundehrliches Wesen, schwärmt Triendl. „Seine Musiksprache ist eher traditionell, er bedient sich volksmusikalischer Anleihen, Harmonie und Melodie sind wichtige Merkmale seines Stils.“

Vasks Musik sei spirituell, religiös, elegisch, melancholisch, archaisch, vermittle Zuversicht und Vision. „Die Schönheit der Natur verbindet er mit Sehnsucht und Hoffnung. Vielleicht ist es genau das, was unsere von Krisen geschundene Welt dringend benötigt!?“ Um mit Vasks’ eigenen Worten zu sprechen: „Die meisten Menschen haben heute keinen Glauben, keine Liebe und keine Ideale mehr. Die geistige Dimension geht verloren. Ich will der Seele Nahrung geben. Das predige ich in meinen Werken.“

Der Pianist Oliver Triendl hat das Programm mit Kompetenz und Herzblut zusammengestellt. Das Foto zeigt ihn mit seiner Partnerin, der Geigerin Nina Karmon, die sowohl in Zorneding als auch in Ebersberg auf der Bühne stehen wird. (Foto: Dietmar Scholz/oh)

Wie immer hat Triendl das Programm von Kammermusik- und Klavierzyklus mit Kompetenz und Herzblut zusammengestellt. International renommierte Musiker werden bekannte Meisterwerke spielen, aber auch Repertoire vorstellen, dessen Entdeckung sich lohnt. Die Zusammenarbeit mit Pēteris Vasks hat den Künstlerischen Leiter zudem zu einem nordischen Saison-Schwerpunkt inspiriert: Es werden auch einige spannende Werke von skandinavischen und baltischen Komponisten zu hören sein.

Der Kammermusikzyklus

Zur Saisoneröffnung ist Vasks auf jeden Fall persönlich zu erleben, und zwar im Gespräch mit seinem Freund Oliver Triendl. Das erste Konzert des 43. Kammermusikzyklus findet statt am Sonntag, 29. September, um 18 Uhr im Zornedinger Martinstadl.

Als eines seiner zentralen Werke erklingt Vasks 2001 entstandenes Klavierquartett, in dem sich furiose Elemente der lettischen Volksmusik mit sphärischen Klangepisoden zu einer sehr persönlichen Handschrift verbinden. In dem Geiger Matthias Lingenfelder, langjähriger Primarius des Auryn-Quartetts, der jungen ARD-Preisträgerin Haesue Lee (Viola) und Niklas Schmidt, dem ehemaligen Cellisten des Trio Fontenay, konnte Pianist Triendl drei hochkarätige Quartett-Mitstreiter gewinnen. In dem Einzelsatz für Klaviertrio des norwegischen Romantikers Edvard Grieg von 1878 gibt es eine weitere Klangkostbarkeit zu entdecken. Den temperamentvollen Schlusspunkt bildet das virtuose Klavierquartett op. 25 des jungen Johannes Brahms mit seinem berühmten „Rondo alla Zingarese“.

Tabea Zimmermann ist die unbestrittene Königin der Bratsche. (Foto: Marco Borggreve/oh)

Weiter geht es im Kammermusikzyklus, stets um 18 Uhr im Martinstadl Zorneding, am Sonntag, 27. Oktober, mit einem Duo der Extraklasse. Sie ist die unbestrittene Königin der Bratsche: Tabea Zimmermann – eine der erfolgreichsten Solistinnen weltweit. Zusammen mit dem spanischen Meister-Pianisten Javier Perianes wird sie deutsche Romantiker spanischer und lateinamerikanischer Musik einander gegenüberstellen.

Eine besondere Neugier auf unbekanntes Repertoire zeichnet das Prager Bläseroktett aus, das am Sonntag, 1. Dezember, beim Kulturverein zu Gast ist. Das Ensemble besteht aus Mitgliedern führender tschechischer Orchester sowie Preisträgern internationaler Wettbewerbe. Im Gepäck haben sie Kompositionen von Franz Krommer, Sergej Prokofieff, Martin Hybler und Wolfgang Amadeus Mozart.

Das "Vogler Quartett" scheint gerne nach Zorneding zu kommen. Diesmal hat es sogar extra ein Werk von Vasks einstudiert. (Foto: Christian Kern/oh)

Quasi Stammgäste in Zorneding sind die Musiker des Vogler Quartetts, das gerade sein 40-jähriges Bestehen in unveränderter Besetzung feiert – ein singuläres Ereignis in der Branche. Das Berliner Spitzen-Ensemble besticht stets durch stilistische Vielfalt, für das Gastspiel am Sonntag, 26. Januar, im Martinstadl kombiniert es eines der wichtigsten Streichquartette von Pēteris Vasks mit Mozart und Edvard Grieg.

Der italienische Pianist Andrea Lucchesini ist seit vielen Jahren in allen wichtigen internationalen Musikzentren zu Hause, er arbeitet mit führenden Dirigenten und Komponisten zusammen. Eine besondere Beziehung pflegte er zu seinem Landsmann Luciano Berio. Anlässlich dessen 100. Geburtstags stellt er am Sonntag, 23. Februar, Berios Kompositionen zwei Schlüsselwerken der Romantik von Franz Liszt und Frédéric Chopin gegenüber.

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Von Anja Blum

Paul Meyer gehört weltweit zu den renommiertesten Klarinettisten. Zusammen mit Triendl am Klavier sowie zwei herausragenden Streichern wird er einen ungewöhnlich weiten Bogen von der Wiener Klassik bis zu Klängen unserer Tage spannen. Auf dem Programm stehen Beethoven, Bartók, Hindemith und Vasks. Dieses Konzert findet statt am Sonntag, 30. März.

Das Georgische Kammerorchester ist seit mehr als 30 Jahren in Ingolstadt beheimatet und bereist von dort die Welt. Musikantische Spielfreude und urwüchsiges Temperament sind besondere Eigenschaften des Orchesters. Zusammen mit Achim Fiedler – dem langjährigen Chefdirigenten der Festival Strings Lucerne – und Geigerin Nina Karmon erklingen zum Saison-Abschluss am Sonntag, 27. April, ausschließlich Werke nordischer Komponisten.

Der Klavierzyklus

Neben der Kammermusik bietet der Kulturverein auch wieder einen Klavierzyklus, dessen Konzerte finden wie gewohnt sonntags um 17 Uhr im Alten Kino in Ebersberg statt. Und auch hier ist Pēteris Vasks der „Komponist im Fokus“.

Der koreanische Pianist Junhyung Kim – Preisträger des ARD-Wettbewerbs 2022 – sollte bereits vor einem Jahr beim Kulturverein auftreten, musste aber kurzfristig absagen. Nun, am Sonntag, 13. Oktober, holt er sein Ebersberger Debüt nach – und zwar mit einem hoch virtuosen Programm, das Werke der romantischen Klavier-Solitäre Chopin und Liszt einander gegenüberstellt. Abgesagt werden muss auch das Klavierkonzert am Sonntag, 17. November, das Alissa Firsova gestalten sollte. Doch Triendl ist bereits auf der Suche nach adäquatem Ersatz.

Den Programmchef höchstselbst am Klavier und seine Partnerin Nina Karmon an der Geige kann das Publikum am Sonntag, 19. Januar, erleben. Im Duo spielen die beiden ein zur Gänze nordisch geprägtes Programm. Neben der berühmten dritten Violinsonate Griegs werden wenig bekannte Stücke von Sibelius sowie eine Violinsonate der schwedischen Geigerin und Komponistin Amanda Röntgen-Maier zu hören sein. Außerdem darf man sich freuen auf die Welturaufführung eines eigens für dieses Konzert von Pēteris Vasks komponierten Werks – sicherlich ein Höhepunkt dieser Saison.

Überflieger am Horn: Trotzdem findet Yun Zheng Zeit für ein Gastspiel in Ebersberg. (Foto: Impressionism Portrait Photography/oh)

Der Gewinner des Moskauer Tschaikowksy-Wettbewerbs und Preisträger der ARD Yun Zheng wird mit Oliver Triendl gemeinsam am Sonntag, 16. Februar, Werke von Mozart, Bartók, Schumann, Vasks und anderen spielen. Schon mit 23 Jahren wurde Yun Zheng zum Solo-Hornisten von Daniel Barenboims Staatskapelle Berlin berufen, mittlerweile wirkt er bei den Berliner Philharmonikern. „Yun Zheng ist der Horn-Überflieger unserer Zeit! Wir freuen uns sehr, dass sich in seinem dichten Kalender noch eine Lücke für ein Gastspiel in Ebersberg gefunden hat“, so Triendl.

Vestard Shimkus zählt zu den führenden Pianisten im Baltikum. Er war bereits 2015 zu Gast beim Kulturverein, begeisterte mit Bach und Eigenkompositionen. Auch diesmal bringt er eigene Stücke sowie solche seines Lehrers Pēteris Vasks mit und kombiniert diese mit eher selten zu hörenden Klavierwerken Franz Liszts. Zu erleben am Sonntag, 6. April.

Vorverkauf von Einzelkarten unter www.kulturverein-zorneding-baldham.de (Ticketshop), bei Steffis Schreibwaren in Zorneding, sowie im Kirchseeoner Buchladen. Restkarten an der Abendkasse, die 30 Minuten vor Konzertbeginn öffnet. Für Schüler und Studenten gelten ermäßigte Preise. Abonnements kann man bestellen per Mail an info@kulturverein-zorneding-baldham.de oder bei Georg Mellinghoff unter (089) 23 05 86 64. Neue Abonnenten erhalten auf ihr erstes Abonnement einen Rabatt von 20 Prozent.

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