Beim Kulturverein Zorneding-Baldham laufen die Jubiläen in Serie auf. Gerade im vergangenen Jahr hat das Orchester seinen 50. Geburtstag gefeiert, nun ist es sein Leiter, Andreas Pascal Heinzmann, der Anlass zum Feiern hat und seinen Mitstreitern solchen gibt. Vor 20 Jahren hat der Dirigent die Leitung des Laienorchesters übernommen – und „es hat sich längst etwas Wunderbares entwickelt.“ Bei einem Kaffee an einem Freitagabend schwärmt Heinzmann von seinem Ensemble, kurz bevor er weiter muss zur Probe für die beiden Konzerte am Wochenende im Zornedinger Martinstadl und im Ebersberger Alten Speicher.
„Es ist eine Gemeinschaft geworden. Und aus einer Gemeinschaft ein Ensemble.“ Nur Lob hat der Dirigent für diesen Klangkörper, mit dem er es seit zwei Jahrzehnten schafft, große Orchestermusik auf die Bühne zu bringen, obwohl die Mehrzahl der Mitglieder keine Profimusiker sind. Was sie aber nicht davon abhält, sich so lange hinter ihre Notenblätter zu klemmen, bis der Mann am Dirigentenpult zufrieden ist. Warum das so sei? Heinzmann sucht nach einer Erklärung und findet diese: „Wenn man genug arbeitet, spürt man die heilende Kraft der Musik“, erklärt er. „Gerade bei älteren Menschen.“
Dass es vielleicht auch ein wenig an seiner Person liegen könnte, dass sich alle so ins Zeug legen, ist ein bisschen später im Gespräch mit einem seiner Zöglinge herauszuhören, Harutjun „Harry“ Khatchatrian. Der junge Klarinettist ist mitgekommen in den Gasthof Neuwirt. Er ist der Nächste im Orchester des Kulturvereins, der Grund zu feiern hat – allerdings kein Jubiläum, sondern eine Premiere. Zum allerersten Mal werden nämlich seine Kolleginnen und Kollegen Kompositionen spielen, die Khatchatrian selbst geschrieben hat – neben klassischen Orchesterwerken wie Felix Mendelssohns Konzert-Ouvertüre Opus 26 „Die Hebriden“ und der Großen C-Dur Symphonie D 944 von Franz Schubert. Mit den „Armenischen Miniaturen“ wird das europäische Klangspektrum um traditionelle Melodieführungen aus dem Mutterland des jungen Klarinettisten bereichert.

Und Khatchatrian kann nicht verhehlen, dass er aufgeregt ist. Kein Wunder, wurde doch nun zum allerersten Mal von Heinzmann seine Partitur durchgeblättert, haben die Orchesterkollegen jene Noten geübt, die der Klarinettist in seinem Kopf gefunden, aber bisher nur auf dem Keyboard gespielt hat – was für ein Gefühl muss das sein?! „Und jetzt wird gespielt“, auf echten Instrumenten ... Khatchatrians Augen glänzen.
2018, mit 21 Jahren, kam der Klarinettist, der in Ebersberg aufgewachsen ist, zu dem Orchester des Kulturvereins, hatte aber dank seines Klarinettenlehrers vorher schon Erfahrungen mit anderen Ensembles an Schule und Musikschule gesammelt. „Ich habe immer schon vorausgeblättert im Notenheft, wollte wissen, wie es weitergeht“, erzählt der junge Musiker, der eben ein Studium in Politik und Geschichte abgeschlossen hat, nachdem es mit einer ersten Bewerbung an der Münchner Musikhochschule nach dem Abitur nicht geklappt hatte.
Sogar Stücke komponiert habe er schon als Kind, sagt er, und Heinzmann habe ihn in den vergangenen Jahren immer gedrängt – „schreib doch mal was!“ – das erzählen beide. Diese zwei Männer verstehen sich. Und nun will Khatchatrian es auch noch mal wissen, will ausprobieren, ob es nicht doch mit einem Musikstudium klappt und alle Kraft in eine erneute Bewerbung legen. Diesmal soll es Filmkomposition werden, München oder Zürich wären seine Favoriten.
Die Triller und Vorschläge in der armenischen Musik sind schwer zu notieren
So gesehen sind die armenischen Miniaturen vor allem Vorübungen, die seine Bewerbungsmappe bereichern. Melodien, die ihn seit seiner Kindheit begleiten, armenische und russische Musik, die seine Eltern gehört haben, hätten den dritten Akt seiner Komposition beeinflusst, erzählt Khatchatrian. Mit all den Trillern und Vorschlägen, die die armenische Musik ausmachen – auch wenn es offenbar nicht ganz leicht ist, diese Figuren in konventionell verständliche Notierungen umzusetzen. „Ich habe armenische Musik noch nie nach Noten gespielt“, sagt der Klarinettist mit einem Lächeln, entsprechend schwierig könnte es für das Orchester werden, die Vorgaben umzusetzen– doch unter Andreas Heinzmann wird wohl auch das funktionieren. „Bei ihm steckt so viel Ahnung und Idee dahinter“, schwärmt der Nachwuchskomponist.
Die Möglichkeit, im Orchester des Kulturvereins symphonische Stücke im Original zu spielen und nicht etwa in vereinfachter Fassung, sei von Anfang an das entscheidende Argument für ihn gewesen, in Heinzmanns Ensemble anzuheuern, sagt Khatchatrian. Und der Dirigent schaffe es immer, die einzelnen Instrumentengruppen, egal ob Bläser oder Streicher, am Ende zu einem funktionierenden und harmonischen Ganzen zusammenzuführen.

Jubiläumskonzert:Ganz großes Solo
Das Symphonieorchester des Kulturvereins Baldham-Zorneding hat 50 Jahre gemeinsam überstanden und feiert nun seinen runden Geburtstag mit zwei Auftritten und dem aufstrebenden Cellisten Heinrich Kremer.
Bei Wiebke Fischer, Pressesprecherin des Orchesters, hört sich das Lob für den Dirigenten in seinem Jubiläumsjahr so an: Unter Heinzmanns Führung „hat sich die klangliche Qualität des Orchesters verfeinert und das Repertoire in Richtung Romantik und Moderne erweitert“. Auch die musikalische Förderung der Jugend sei dem Dirigenten immer schon ein Anliegen gewesen – und so hätten gleich mehrere jugendliche Mitglieder, die hier ihre ersten Orchestererfahrungen gesammelt hatten, später das Hobby zum Beruf gemacht.
Der junge Cellist Heinrich Kremer ist wohl ein Beispiel dafür: Der 17 Jährige übernimmt in Konzerten des Orchesters bereits Soloparts, er ist Jungstudent an der Hochschule in Nürnberg. Und Harry Khatchatrian könnte der nächste sein, der seinen Weg zum professionellen Musiker unter Heinzmanns Ägide findet. Drücken wir ihm die Daumen.
Die Konzerte finden am Samstag, 30. November um 19 Uhr im Martinstadl in Zorneding und am Sonntag, 1. Dezember um 20 Uhr im Alten Speicher in Ebersberg statt. Eintrittskarten sind unter www.orchester-zorneding.de oder an der Abendkasse ab 18.15 Uhr (Sonntag ab 19.15) zu bekommen.