Kultur:25 Jahre Kleinkunst im Wohnzimmer

25 Jahre altes Kino

Sie füllen das Alte Kino und den Alten Speicher in Ebersberg mit kulturellem Leben: Uschi Treffer, Markus Bachmeier, Alexander Liegl, Babsi Lux, Thomas Welm und Peter Voith (von links).

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein leerer Saal und eine Kabaretttruppe mit vielen Ideen: Das war der Anfang des Alten Kinos in Ebersberg. Heute lieben Künstler wie Publikum die Institution

Von Sandra Langmann

Die Valtortagasse. Eigentlich ein ungewöhnlicher Name für einen Weg mitten in Ebersberg. Um sich einen Straßennamen zu verdienen, muss man schon etwas Besonderes geleistet haben. "Oder gestorben sein", ergänzt Alexander Liegl, ehemals Mitglied der Gruppo di Valtorta. Und so war es auch: Als sich die Kabarettgruppe 2001 auflöste, wurde noch im selben Jahr die Gasse nach ihr benannt. Denn die Valtortas haben nicht nur für erinnerungswürdige Unterhaltung gesorgt, sondern auch einiges geleistet. Sie haben der Kreisstadt das Alte Kino geschenkt, das nun seinen 25. Geburtstag feiert.

Im Jahr 1992, damals noch unter Bürgermeister Hans Vollhardt (CSU), hatte wohl niemand vor Augen, was man mit dem Saal vom Oberwirt noch so alles anstellen würde. "Es sollte halt kein 0815-Bürgersaal werden", sagt Mitbegründer Thomas Welm. Das Gebäude in der Eberhardstraße, das 1908 zum Gasthaus umgebaut worden war, blickt auf eine bewegte Geschichte zurück: "Es war ein Kino, eine Disco und dann stand es leer", weiß Markus Bachmeier, Geschäftsführer der Bühne und früher Valtortamitglied. Die Kabarettgruppe wurde vom Stadtrat jedenfalls "als am geeignetsten dafür gehalten", aus dem Gebäude etwas zu machen. Das Haus wurde von der Stadt gekauft und nach sieben Jahren Umbau, denn es gab aus finanziellen Gründen immer wieder Baustopps, sah das Alte Kino so aus, wie man es heute kennt.

Dank ihrer Kontakte in der Kabarett-Szene hatte es die Gruppo di Valtorta nicht schwer, Künstler nach Ebersberg zu locken. Als erster betrat der große Kabarettist Dieter Hildebrandt die Bühne, auch Komiker Michael Mittermeier zählte zu den ersten Gästen. "Noch heute tritt er lieber im Kino als im Speicher auf. Er mag die Atmosphäre dort", sagt Liegl. Und er weiß, wovon er spricht, denn er hat selbst schon oft genug auf dieser Bühne gestanden. Es sei der enge Kontakt zum Publikum, der den Auftritt hier zu etwas Besonderem mache. "Und das nutzen einige auch aus", ergänzt Welm mit einem Augenzwinkern. Denn das Schäkern mit den Zuschauern gehört im Alten Kino genauso dazu wie das gute Essen. "Wir müssen dem Publikum schon etwas bieten, damit es kommt", so Bachmeier. Kabarett alleine reiche schon lange nicht mehr aus, um den Saal zu füllen. Daher hatte man vor einigen Jahren die Idee, auch Essen anzubieten, das Angebot steigerte sich von der Butterbrezl bis zum Menü. "Anfangs standen wir noch selbst hinter der Theke", erinnert sich Welm, aber das sei bei fehlendem Talent nicht lange gut gegangen.

Ursprünglich waren zwei bis drei Veranstaltungen im Monat geplant, nun finden beinahe täglich Kabarettabende, Konzerte oder Filmvorführungen statt. Die Ebersberger schätzen ihr Altes Kino, wohl schon alleine wegen des gemütlichen Ambientes mit schummrigem Kerzenlicht, schwarzen Bistrotischen und dunkelroten Vorhängen. Der Einsatz des Teams, das schon lange nicht mehr nur aus den Valtortas, sondern aus den vielen Mitgliedern des Vereins Altes Kino Ebersberg besteht, macht sich jedenfalls bezahlt: Schon lange hat das Haus ein großes Stammpublikum und schafft es, auch unbekannteren Künstlern einen Auftritt zu ermöglichen. "Die Gäste vertrauen uns", sagt Bachmeier, "denn wir setzen auf Qualität und laden nicht jeden gleich ein."

"Es ist wie ein Wohnzimmer", bringt es Barbara Lux, unter anderem zuständig für das Filmprogramm, auf den Punkt. Man fühle sich hier einfach wohl. Natürlich seien viele Gäste gemeinsam mit der Ebersberger Bühne gealtert, doch die brächten nun einfach die Kinder und sogar schon Enkel mit - denn mit Kinderkino und Co. werden auch die Kleinen angesprochen. "Es ist ganz lustig, wenn die Gäste uns erzählen, was sie als Kinder bei uns schon alles gesehen haben. Und dann besuchen sie uns als Erwachsene." Ziel des Teams ist es aber auch, noch mehr Menschen von außerhalb des Landkreises nach Ebersberg zu holen, die Kreisstadt also sozusagen als eine Kulturmetropole der Region zu etablieren.

Doch in der Geschichte der Bühne stehen nicht nur Erfolge. Auch mit Morddrohungen und Beschimpfungen musste der Verein schon einmal klar kommen: 1994 sorgte das Programm "Geile Messe" - inklusive kiffendem Pfarrer - für Furor, manch verärgerter Bürger forderte gar die Schließung des Hauses. "Es regten sich aber nur jene auf, die das Stück nicht einmal gesehen hatten", erzählt Bachmeier kopfschüttelnd und winkt ab. Zum Glück war dem Team die Unterstützung des Bürgermeisters sicher. Außerdem sei die Episode eine tolle Werbung gewesen, sagt Bachmeier rückblickend.

Um auch größere Veranstaltungen und Raum für Feste anbieten zu können, kam zum Alten Kino 2014, nach einigen Jahren Umbau, der Alte Speicher dazu. Seitdem hat man, dem Klosterbauhof sei Dank, auch die Möglichkeit, die Bühne in den Außenbereich zu verlagern, wie es beim "Kulturfeuer" der Fall war.

Für den halbrunden Geburtstag hat sich das Team nun zwei besondere Veranstaltungen einfallen lassen: Zum einen wird am Montag, 2. Oktober, das Haus selbst mit einem Jubiläumsabend gefeiert: Die Grafinger von Jazz in the Box treten auf, die Showkünstlerin Frauke Menger verzaubert mit Kunstwerken aus Sand, und Liegl wird eine kabarettistische Geburtstagsrede halten. Am Donnerstag, 5. Oktober, wagt sich das Team selbst mit einem eignen Stück namens "Die Hochzeit" auf die Bühne. "Es gibt Sänger, Tänzer und ganz viel dazwischen", verrät Liegl. Er und seine Mitstreiter sind sichtlich stolz auf die Erfolgsgeschichte des Alten Kinos - völlig zurecht. Diese Valtortagasse haben sie sich wirklich verdient.

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