Künstler Otto Dressler:Posthume Provokation

Kontakt mit der Staatsgewalt und Aufregung über seine Kunst war der bereits verstorbene Dressler fast schon gewohnt. Jetzt gibt es Ärger mit der Post.

Lena Grundhuber

Gelegentlichen Kontakt mit der Staatsgewalt waren die Dresslers fast schon gewohnt. Wer politisch engagierte Kunst verfertigt, braucht oft fragwürdiges Material als Arbeitsgrundlage, und so konnte es passieren, dass der Moosacher Aktionskünstler Otto Dressler etwa des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verdächtigt wurde, weil er mit einer Spielzeugpistole gesichtet wurde. Dressler ist 2006 gestorben. Dass seine Kunst in ihrer provokativen Kraft lebendig ist, beweist ein neuerlicher Konflikt. Diesmal allerdings posthum und mit einer vergleichsweise harmlosen Stelle: der Post.

Künstler Otto Dressler: "Vom Erbe der Väter zum Wahnsinn der Enkel" - von der Nazizeit bis zu den Opfern rechter Gewalt heute lässt der Moosacher Künstler Otto Dressler eine Blutspur verlaufen.

"Vom Erbe der Väter zum Wahnsinn der Enkel" - von der Nazizeit bis zu den Opfern rechter Gewalt heute lässt der Moosacher Künstler Otto Dressler eine Blutspur verlaufen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Margarita Günder-Klein hatte eben ihre Einladungskarten für die Dressler-Retrospektive in der Alten Brennerei aufgegeben, da ereilte sie ein Anruf. Ihre Infobriefe könnten nicht verschickt werden, weil man dies den Zustellern nicht zumuten könne, habe es geheißen, erzählt die zweite Vorsitzende des Kunstvereins. Auf der Karte ist Otto Dressler inmitten einer Installation zu sehen, auf der unter anderem ein Hakenkreuz angebracht ist. Günder-Klein holte die Sendung zurück, überklebte das nationalsozialistische Emblem auf jeder der 800 Karten und gab diese wieder auf.

Die Post, die es zuvor so genau genommen hatte, habe sich allerdings sehr zuvorkommend gezeigt, erzählt sie: Um für die Verzögerung zu entschädigen, seien die Karten nun auf schnellstem Wege verschickt worden. Eine "ganz klare rechtliche Geschichte", erklärt Post-Pressesprecher Erwin Nier: Alles, was strafrechtlich verfolgbar ist, dürfe auf keiner Umhüllung einer Sendung zu sehen sein. Keine rechtsradikalen Symbole, keine pornografischen Bilder. Wer in eine Kunstausstellung geht, so die dahinterstehende Logik, weiß, worauf er sich einlässt.

Der arglose Postzusteller hingegen kann sich des Anblicks rechtsradikaler Symbolik nicht erwehren. Für eindeutig als solche erkennbare Zwecke der Aufklärung oder der Kunst sehe die Regel zwar eine Ausnahme vor, räumt Nier ein. Doch das Foto auf der Karte sei "zu real". Mag man dem folgen oder nicht, im Ergebnis bleibt erfreulich: Sie kann noch stören, die gute alte engagierte Kunst. Und sei es in Gestalt eines Infobriefs.

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