Kommentar:Die Kritik des Markt Schwabener Alpenvereins am Gemeinderat geht zu weit

Kommentar: Die DAV-Kletterhalle in Markt Schwaben.

Die DAV-Kletterhalle in Markt Schwaben.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Ärger ist zwar berechtigt. Der Betrieb der Kletteranlage war jedoch eine jahrelange Gratwanderung - die viel schlimmer hätte enden können.

Kommentar von Korbinian Eisenberger

In Markt Schwaben ärgern sich dieser Tage Hunderte Kletterer und Bergsteiger über eine Entscheidung des Gemeinderats von vor einer Woche: In einem geheimen Beschluss wurde ihnen der Zugang zum langjährigen Trainingsgelände des Alpenvereins (DAV) versperrt. Ohne Vorwarnung und zunächst auch ohne Begründung oder Erklärung wurde das Areal der alten Kläranlage geschlossen. Und der erste Zorn über solch ungelenke Art und Weise ist nur verständlich. Nach sechs Tagen sollte jedoch die erste Wut verflogen sein. Und Platz machen für eine Perspektive, die über die Identifikation mit dem eigenen Sport hinaus geht.

Auf der spontan vom Bürgermeister einberufenen Versammlung am Montagabend konnte man zeitweise einen gegenteiligen Eindruck gewinnen. In manchen Momenten glich das Sitzungszimmer im Markt Schwabener Rathaus einem Tribunal, in dem sich Bürgermeister Georg Hohmann wie ein Angeklagter verteidigen musste. Manche Kletterer warben mit großen Worten und sichtbaren Emotionen für die Wichtigkeit der Sektion und des Sports. Sie hielten ein Plädoyer, bei dem einem als Bergsteiger fast das Herz aufgehen muss. Aber eben nur fast.

Unabhängig davon, wen hier die Schuld für die abrupte Schließung trifft (wobei womöglich alle Beteiligten einen gewissen Anteil haben), sollten gerade die erfahrenen Kletterer in diesen Tagen mehr Weitblick wagen. Das Ergebnis dieser jahrelangen Gratwanderung hätte schließlich auch deutlich drastischer ausfallen können, ja im schlimmsten Fall dramatisch. Man mag sich nicht vorstellen, wäre dort wirklich mal ein Feuer beim Jugendgruppen-Training ausgebrochen, oder mitten am Tag eine Mauer eingekracht.

Klar, gut möglich, dass solche Szenarien überzogen sind. Nur wer kann das mit Sicherheit sagen? Es ist den Kletterern im Ort daher nur zu wünschen, dass der Markt Schwabener Gemeinderat umschwenkt und doch noch Geld für ein Gutachten des Areals in die Hand nimmt. Die Markt Schwabener DAV-Sektion mit ihren 1700 Mitgliedern hätte diesen Schritt verdient. Hier, wo sich Ehrenamtliche seit vielen Jahren professionell und mit Herzblut dafür engagieren, dass junge Menschen sich konkret mit Verantwortungsbewusstsein und Grenzerfahrungen auseinandersetzen können. Die Eltern im Ort können der Sektion vertrauen, dass die Griffe ordentlich in die Wände geschraubt sind, und ihre Kinder am Seil fachgerecht gesichert werden. Die Sicherung einer alten Kläranlage liegt jedoch in einem anderen Kompetenzbereich.

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