Krautgärten:Rosa Karotten und Kokosnüsse

Krautgärten: Bisher sieht das Feld östlich des Sportzentrums noch leer und trist aus. Doch Familie Kuhn und die anderen Krautgärtner können jetzt mit dem Pflanzen loslegen - und in wenigen Monaten schon fleißig ernten.

Bisher sieht das Feld östlich des Sportzentrums noch leer und trist aus. Doch Familie Kuhn und die anderen Krautgärtner können jetzt mit dem Pflanzen loslegen - und in wenigen Monaten schon fleißig ernten.

(Foto: Christian Endt)

In Poing startet das Projekt: Familien können auf kleinen Äckern Gemüse und Blumen anpflanzen. Besonders die Kinder haben durchaus eigenwillige Wünsche, was sie im Herbst ernten möchten

Von Jessica Morof, Poing

Im Gänsemarsch schreitet Familie Kuhn über den Acker, um ihr neues Land in Augenschein zu nehmen. Vorne sucht Tochter Juliana zwischen den hölzernen Stäben mit den Nummern von 1 bis 33 nach der 21. Hintendrein gehen Mutter Susanne, Schwester Annika und Papa Tobias. Am richtigen Stab angekommen, wenden sich alle nach rechts und blicken auf den Boden vor ihren Füßen. Noch ist nichts zu sehen außer brauner Erde - aber bald sollen hier die Früchte ihrer Hände Arbeit sprießen. Denn die Kuhns sind an diesem Sonntag unter die Landwirte gegangen. Mit gerade einmal 30 Quadratmetern Ackerfläche zwar nur im kleinen Stil, aber immerhin. Bis Ende Oktober können die vier ein Feld neben dem Poinger Sportzentrum bepflanzen; gemeinsam mit 32 anderen Familien - den neuen Krautgärtnern.

Initiator des Projekts Krautgärten, das am Sonntag seine Auftaktveranstaltung hatte, ist der Verein für Gartenbau und Landespflege Poing-Angelbrechting. Das Ziel: Poinger, die keinen oder nur einen kleinen Garten haben, sollen die Möglichkeit bekommen, Gemüse und ähnliches anzupflanzen. Dafür stellt der Verein ein Feld zur Verfügung, das die Teilnehmer für 50 Euro einige Monate lang bearbeiten dürfen. "Die Idee ist nicht von uns", schränkt Werner Dankesreiter, zweiter Vorstand und Projektleiter, ein. "Es ist eine flächendeckende Bewegung." Immer mehr Menschen hätten den Drang, ihr Essen wieder selbst anzupflanzen und zu ernten. Sei es als Ausgleich zur Büroarbeit, oder um den Kindern zu zeigen, "dass die Pommes nicht von McDonalds kommen."

Das weiß der kleine Johannes Haase längst. Dick eingepackt mit grüner Mütze und Jacke ist er auf dem Arm seiner Oma Hildegard auf dem Feld unterwegs. Die Parzellen 19 und 20 wollen sich Johannes, seine Eltern und seine Großeltern teilen. "Unser Johannes isst so gerne Gemüse", sagt Hildegard Haase als Erklärung für den Wunsch nach einem eigenen Acker. "Rosarote Karotten ... Kartoffeln ... Zucchano", zählt Johannes auf, was er gerne ernten möchte. "Zucchini", korrigiert Mutter Katharina, die in blau gestreiften Gummistiefeln auf dem Feld steht. "Ja. Und Bohnen", ruft Johannes noch und strahlt über das ganze Gesicht.

Das sollte auf den zwei Mal 30 Quadratmetern problemlos möglich sein; auch wenn die einzelnen Parzellen auf den ersten Blick nicht riesig aussehen. "Aber das ist schon Arbeit", betont Landwirt Hans Schimpf, der das Projekt unterstützt. Er hat die Fläche für die 33 Parzellen von der Gemeinde Poing gepachtet und nun an den Gartenbauverein unterverpachtet. Der wiederum macht die einzelnen Nutzungsverträge mit den Krautgärtnern. Sein Arbeitsanteil halte sich in Grenzen. Er hat große Wassertanks aufgestellt und das Feld soweit vorbereitet, dass es bepflanzt werden kann. Bald wird er noch Gras auf einem Saumstreifen um das ganze Feld herum säen, um es von den Äckern nebenan abzugrenzen. Denn während Schimpf, der die Nachbarfelder bestellt, kein Biobauer ist, sollen die Krautgärten ökologisch bepflanzt werden, ohne Spritzmittel.

Ähnliche Projekte liefen sehr gut, sagt Schimpf, der sich bei Kollegen informiert hat. Einige Teilnehmer würden aber vermutlich bald vom Arbeitsaufwand überrascht sein. "Gerade das Unkraut unterschätzen sicherlich einige", sagt der Landwirt. Das alles habe halt noch Versuchscharakter, betont Dankesreiter. Doch der Gartenbauverein wolle den Familien auf jeden Fall unterstützend zur Seite stehen. Schließlich geht mit jedem Nutzungsvertrag auch eine Mitgliedschaft im Verein einher. So will der Verein auch neue Mitglieder akquirieren. Zuerst einmal aber befristet bis Ende dieses Jahres.

Ohnehin könne es keine "Jahrhundertverträge" geben, betont auch Bürgermeister Albert Hingerl (SPD), der Schirmherr der Initiative. "Wir machen es jetzt mal, so lange es geht", sagt er und bittet die Teilnehmer, nicht böse zu sein, falls der Acker doch irgendwann einmal für eine Erweiterung des Sportplatzes herhalten müsse.

Die Krautgärtner schreiten, all der Arbeit, der Unsicherheiten und der Kälte zum Trotz, fröhlich über ihre neuen Äcker. "Wir probieren es jetzt mal mit einer Parzelle, weil wir zuhause keinen Garten haben", sagt Susanne Kuhn. Vor allem für Annika und Juliana sei es sicher toll, etwas anzupflanzen und zu sehen, was dabei rauskommt. Von Mango über Kokosnuss bis hin zur Banane sei alles einmal für den Anbau im Gespräch gewesen, verrät die Mutter und lacht. "Aber jetzt versuchen wir es erst einmal mit Kohlrabi und Karotten."

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