Konzert in Vaterstetten:Beflügelte Bläser

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Klassik auf Abstand: Irene und Franz Draxinger aus Vaterstetten beim Konzert im Seniorenwohnheim. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Irene und Franz Draxinger haben wegen Corona eine "Hof-Musik" gegründet, nun wagen sie sich an ein Herzensprojekt

Von Anja Blum, Vaterstetten

Im Haus der Draxingers in Vaterstetten ist die Musik allgegenwärtig, selbst in Zeiten von Corona. Er, Franz Draxinger, arbeitet als Hornist an der Bayerischen Staatsoper in München, sie, Irene Draxinger, spielt Oboe bei den Bamberger Symphonikern. Und weil die beiden finden, dass die Musik dazugehört zum Leben, haben sie nun gemeinsam mit Kollegen ein Ensemble gegründet, das die Menschen selbst in Corona-Zeiten mit Konzerten beglücken soll. Ganz unkompliziert und auf Spendenbasis. Hof-Musik haben die Initiatoren ihre Truppe genannt, weil sie fortan in Innenhöfen, Gärten und an öffentlichen Plätzen zu spielen gedachten. Am Dienstag, 21. Juli, werden sie in Baldham auftreten, und zwar mit einem echten Highlight der Musikgeschichte: der "Gran Partita" von Wolfgang Amadeus Mozart.

"Nach zweimonatigem Lockdown und etlichen frustrierten Telefonkonferenzen mit Kollegen stand für uns fest: Wir wollen wieder gemeinsam Musik machen!" So erzählt es Franz Draxinger. Schnell sei angesichts geschlossener Bühnen jedoch klar gewesen, dass man selbst aktiv werden müsse, um diesen Wunsch zu verwirklichen. Und so war ein neues Quartett geboren, aus dem Vaterstettener Ehepaar sowie Ruth Gimpel, Fagott, und Stefan Schneider, Klarinette. Man kennt sich vom Münchner Kammerorchester, einem nur aus Streichern bestehenden Ensemble, das die vier Bläser unter normalen Umständen regelmäßig verstärken.

Ihren Anfang nahm die Hof-Musik also als Quartett, man spielte in diversen Altenheimen, um deren Bewohnern Freude und Abwechslung zu bereiten, Ende April zum Beispiel in Vaterstetten. "Wir haben uns da einfach angeboten, und die waren sofort total aufgeschlossen", erinnert sich Franz Draxinger. "Dabei wusste man damals noch gar nicht richtig einzuschätzen, ob Bläser gefährlich sind oder nicht." Doch das Konzert fand mit reichlich Abstand im Garten des Seniorenwohnheims statt, so dass keine Gefahr bestand.

Beflügelt von der großen positiven Resonanz, begannen die Bläser bald, immer mehr Freunde und Kollegen mit einzubeziehen und das Ensemble an die jeweils erlaubten Umstände anzupassen. Getragen ist die Hof-Musik nämlich auch von der Sorge um die Branche. "Wir als Festangestellte haben es gut", sagt Franz Draxinger, "doch es gibt viele freiberufliche Kollegen, bei denen schaut es finanziell ganz anders aus." Schließlich haben viele Orchester und Theater den Betrieb eingestellt, brauchen also auch keine externe Unterstützung, kleinere Engagements wie in der Kirchenmusik sind in den vergangenen Monaten ebenfalls weggebrochen. "Selbst das Unterrichten war lange nicht möglich", ergänzt der Hornist. Deswegen hätten er und seine Mitstreiter von der Hof-Musik schon zu Beginn beschlossen, mit den Spendeneinnahmen vor allem die Kolleginnen und Kollegen ohne feste Anstellung zu unterstützen. Dieses Ziel eint die Draxingers mit Beatrice Menz-Hermann, Kirchenmusikerin in Vaterstetten. Sie hat schon im März ein "Solidaritätskonto" für besonders betroffene freischaffende Musiker und Künstler eingerichtet (Infos auf der Homepage der Gemeinde).

Kein Wunder also, dass es nun zu einer gemeinsamen Aktion kommt, einem großen Konzert der Hof-Musik in Baldham. Die Draxingers und ihre Kollegen nämlich nutzen nun die Gunst der Stunde, in der praktisch alle Musiker unbeschäftigt sind, um sich an ein Herzensprojekt zu wagen, die Aufführung der "Gran Partita", eine Komposition ausschließlich für Bläser. "Das ist eines der schönsten und längsten symphonischen Werke von Mozart", schwärmt Draxinger, allerdings werde es wegen seiner Besetzung selten aufgeführt: Die 1781 komponierte Serenade Nr. 10 in B-Dur ist geschrieben für zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Bassetthörner, vier Waldhörner, zwei Fagotte und Kontrabass. Es werden also zwölf Bläser benötigt.

Das ursprüngliche Quartett hat sich daher für die "Gran Partita" um einige erlesene Musiker aus dem Freundes- und Kollegenkreis erweitert, es musizieren Mitglieder der Staatsoper München, der Staatskapelle Dresden und des Münchner Rundfunkorchesters. Kirchenmusikerin Menz-Hermann spricht von einem "einzigartigen Angebot". Und die Bläser selbst? Freuen sich, endlich mal wieder auftreten und spielen zu dürfen, neben Baldham sind noch sechs weitere Konzerte geplant. "Man muss einfach das Beste draus machen", sagt Franz Draxinger, und man merkt ihm die Vorfreude deutlich an.

"Gran Partita" von Mozart: Konzert der "Hof-Musik" am Dienstag, 21. Juli, um 19 Uhr, Maria Köngin in Baldham, je nach Wetter auf dem Vorplatz oder in der Kirche. Spenden erwünscht.

© SZ vom 16.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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