Konzert in Pliening:Österreichische Zeitreise

Die fünf Musiker von "Austria 4+" begeistern ihr Publikum im Ottersberger Kulturstadl mit Hits von Wolfgang Ambros und Georg Danzer

Von Alexandra Leuthner, Pliening

Von wegen, "ich traue meinen Augen nicht". Falsch. In diesem Fall verträgt die Formulierung eine Modifikation: "Ich traue meinen Ohren nicht", muss es heißen. Bestimmt hat sich das manch einer - oder eine - aus dem Publikum gedacht, das sich am Sonntagabend im Ottersberger Stadl eingefunden hat. Ein, zwei Akkorde auf der Gitarre, die Stimme setzt ein, und dann ist er da, der Ambros. Wie ein großes Reibeisen schrummelt die Stimme im Bass herum, er erscheint lebensgroß vor dem inneren Auge.

Aber nur dort, denn der ungläubige Blick sieht einen jungen Mann mit dunklen Haaren auf der Bühne sitzen, der dem Ambros locker seine 30 Jahre abnimmt - und übrigens auch den vergnügt mitsingenden Gästen. Mitsingen können sie alle, Wort für Wort, denn was der Schauspieler und Musiker Stefan Leonhardsberger und seine vier Mitspieler von Austria 4+ abliefern, haben die meisten von ihnen schon im Radio gehört, als die Songs zum allerersten Mal gespielt wurden. Ambros' Da Hofabua - 1971 wurde der Liedermacher mit dem Lied bekannt - oder Rainhard Fendrichs Macho Macho, mit dem es der Liedermacher 1988 auf Platz 3 der deutschen Charts schaffte, oder Ludwig Hirschs schwarzhumoriges Das Geburtstagsgeschenk, veröffentlicht 1979.

Nicht umsonst haben sich die fünf Musiker, von denen drei aus Österreich, zwei aus Oberbayern stammen, gar nicht die Mühe gemacht, einen originellen Namen für ihre Formation zu finden. Der Wiener Peter Reisser, der Kärntner Richard Putzinger, Martin Schmid aus Augsburg, der in Freising geborene Stefan Pellmaier und Stefan Leonhardsberger spielen genau das, was Fendrich, Ambros und Georg Danzer als Austria 3 gespielt und gesungen haben: Unter dem Titel "Eing'schenkt und aufg'wärmt" bereichert um Coversongs österreichischer Songschreiber wie Hubert von Goisern, STS oder Peter Cornelius.

Stefan Pellmaier ist zuletzt dazu gestoßen. Mit Percussion und Ziach ist er jetzt sozusagen das Plus der Truppe - oder der ruhende Pol. Er und Martin Schmid als musikalischer Kopf des Ensembles bilden in stiller Freude das rhythmische und instrumentelle Rückgrat, während die drei Schauspieler nicht nur gerne singen, sondern auch reden, die "Bappn offen haben", wie der Österreicher sagt. Auch darin erinnern sie an ihre Vorbilder, wie sie sich frotzeln und Pointen zuwerfen, wie Stefan Reisser, eine stimmliche Mischung aus Georg Danzer und Josef Hader, zotige Witze über St. Pöltener Hendl erzählt, oder Leonhardsberger das Publikum bittet, eine Rettungsgasse für den Kollegen Putzinger frei zu halten, weil der bei Ambros' "Du verstehst mi net" immer so emotional werde und Gefahr laufe, zusammen zu brechen.

Optisch ist Putzinger, der mit einer bauchigen Flasche Weißwein die Bühne geentert hat - was wär' ein Heuriger ohne an gscheid'n Wein - Fendrich am nächsten, weshalb seine Version vom "schönsten Liebeslied aller Seiten", Fendrichs Weus'd a Herz hast wia a Bergwerk auch noch jene Damenherzen schmelzen lässt, die allen musikalischen Annäherungsversuchen bisher widerstanden haben. Viele können es nicht gewesen sein. "Du entschuldige i kenn di / bist du net die Klane / die i schon als Bua gern g'habt hab", singt Peter Cornelius alias Richard Putzinger. Da werden Augen hingebungsvoll geschlossen und kurz vergessen, dass man deutlich mehr als 15 Jahre streichen müsste, um alles nachzuholen /als ob dazwischen einfach nix war/.

Was Austria 4+ machen, ist nichts Neues, hier und da mal eine abgewandelte Stimmführung an einer mehrstimmigen Stelle, eine gesunde Portion Ironie, mit der Leonhardsberger den Goiserer noch ein bisschen lauter jodeln lässt und natürlich fundierte Arrangements von Martin Schmid. Aber wie sie es tun, wie sie mal schmettern, dass die Stadlwände wackeln, mal die Töne streicheln, mit Stimme, Gitarre, Bass oder Ziach, ist unglaublich gut. Sie tun das mit einer selbstverständlichen Könnerschaft - und einer Melancholie, die in die Seele schneidet. Manchmal schöner als das Original.

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