Konzert in Edling:Grauer Himmel über Mexiko

Die Band "G.Rag y los Hermanos Patchekos" unternimmt bei ihrem Auftritt am Stoa in Edling eine musikalische Weltreise. Dem regnerischen Wetter trotzt sie mit eingängigen Rhythmen und südamerikanischen Klängen

Von Daniela Weichselgartner, Edling

Lieber keinen Blick nach oben wagen, denn was man dort sieht, verheißt nichts Gutes. Dunkle, graue Wolken, so weit das Auge reicht. Besser, man beobachtet die Bandmitglieder von G.Rag y los Hermanos Patchekos, wie sie mit Hingabe ihren teilweise ungewöhnlichen Instrumenten allerlei Töne entlocken. Der Bassist raucht genussvoll eine Zigarette, während er die Saiten zupft. Der Schlagzeuger ist so in die Musik vertieft, dass es verwundert, wie er mit geschlossenen Augen überhaupt die Trommeln trifft.

Die Band aus München trotzt mit ihrem fröhlich-beschwingten Sound dem wolkenverhangenem Himmel. Die Zuhörer sitzen mit dicken Pullis und in Decken gehüllt auf den Bänken, aber die Lieder entführen nach Mexiko, nach Spanien und sogar in den Wilden Westen. Die Musik ist eine bunte Mischung verschiedener Stile, ein bisschen verrückt, aber unterhaltsam. Polkatakt mischt sich mit südamerikanischen Rhythmen. Ein Lied überrascht mit Assoziationen an Countrymusik.

Konzert am Stoa bei Edling Band: G.Rag y los Hermanos Patchekos

Die Band aus 13 Mitgliedern besticht mit einer Vielfalt an traditionellen und außergewöhnlichen Instrumenten.

(Foto: Daniela Weichselgartner/OH)

Kreativ zeigt sich die Band auch bei der Verwendung außergewöhnlicher Instrumente. Hört man einen neuen Klang, beginnt man nach dem Urheber des Geräusches in dem 13-köpfigen Ensemble Ausschau zu halten. Dort entdeckt man neben Trompeten, Klarinetten und einem Akkordeon manch interessantes Instrument. Einem Guiro, einem länglichen Perkussionsinstrument, werden südamerikanische Rhythmen entlockt, einer der Musiker bläst in eine Melodica, ein Instrument, das einer Klaviatur mit einem Mundstück zum Pusten ähnelt. Ungewohnte Klänge erzeugt ein Bandmitglied dadurch, dass der Musiker seine Hand beschwörend vor der Antenne eines Radios bewegt. Besonders erstaunt, dass nicht nur für die Begrüßung ein Megafon verwendet wird, sondern auch für den Gesang, wodurch die Stimmen der beiden Sänger verzerrt wirken.

Das Publikum genießt die abwechslungsreiche Musik in geselliger Runde. Während man das Lied "Paris, Paris" hört und nebenbei einen äußerst schmackhaft aussehenden Burger verspeist, wähnt man sich beinahe in der französischen Hauptstadt. Aber nein, die Band spielt nicht in der Stadt der Liebe, sondern vor Regen geschützt unter einem Vordach im Freiluftkino am Stoa. Vor dem namensgebenden gewaltigen Findling im Hintergrund ist eine große Leinwand aufgebaut, auf der später der Film "Das brandneue Testament" gezeigt werden soll. Auf den Stufen haben es sich manche mit Picknickdecken gemütlich gemacht. Besonders pfiffige oder Stoa-erfahrene Besucher drapieren einladende Sitzsäcke auf der Wiese. Andere versammeln sich auf den Stühlen und Bänken rund um die Bühne. Lässt man dabei den Blick durchs Publikum schweifen, entdeckt man viele, die vom Rhythmus gefangen scheinen. Auch man selbst ertappt sich dabei, wie man mit dem Fuß im Takt auf den Boden tippt. Ein kleiner Junge im Kindergartenalter trägt zwar riesige Ohrenschützer, aber die scheinen kein Hindernis für das Hörvergnügen zu sein. Ausgelassen tanzt er an den Händen seiner Mutter direkt vor den Musikern und klatscht enthusiastisch Applaus.

Konzert am Stoa bei Edling Band: G.Rag y los Hermanos Patchekos

Auch die Tuba kam beim Konzert zum Einsatz.

(Foto: Daniela Weichselgartner/oh)

Etwas zurückhaltender ist zuerst ein älteres Paar. Von der lebensfrohen Musik mitgerissen, wagt es die ersten Tanzschritte abseits der Blicke. Als die Band aber einen Walzer ankündigt, trauen sich die beiden mit kindlich-aufgeregtem Gesichtsausdruck vor die Bühne und zeigen eine ausdrucksstarke Einlage. Mitunter enden die Figuren in verknoteten Armen oder verkorksten Schrittfolgen, aber die beiden scheinen den Moment in vollen Zügen zu genießen. Als die letzten Töne des Liedes verklingen, fallen die Tänzer erleichtert und glücklich auf ihre Stühle zurück.

Die Band verabschiedet sich mit einem Solo der Sänger. "Goodbye, goodbye," tönt es aus den Megafonen. Letztendlich ist es gelungen, gegen das ungemütliche Wetter anzuspielen. Obwohl der Himmel wolkenverhangen bleibt, fallen die ersten Tropfen erst pünktlich mit den letzten Tönen. Für den folgenden Film flüchten einige Zuschauer unter die Plane, wohingegen die hartgesottenen und mit Regenschirm, Decken und Kapuzen ausgestatteten Besucher vor der Leinwand unter freiem Himmel verweilen. Eine ganze Weile werden sie nicht nach oben schauen.

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