Konzert:Angriff auf die Hörgewohnheit

Konzert: Lange hat Bassist Jacques Bono nach dem richtigen Partner für sein Bach-Projekt gesucht. In der Violinistin Tien-Hsin Cindy Wu hat er ihn gefunden.

Lange hat Bassist Jacques Bono nach dem richtigen Partner für sein Bach-Projekt gesucht. In der Violinistin Tien-Hsin Cindy Wu hat er ihn gefunden.

(Foto: Christian Endt)

Der Bassist Jacques Bono und die Geigerin Tien-Hsin Cindy Wu präsentieren die klassischen Kompositionen Bachs in experimentellem Gewand. Das Publikum im Moosacher Meta-Theater ist begeistert

Von Johanna Feckl, Moosach

Wenn die Kompositionen eines deutschen Tondichters mit Superlativen überhäuft werden, dann handelt die Rede zumeist vom musikalischen Werk Johann Sebastian Bachs. Wenn sich jemand an den Klassiker aber mit einem E-Bass, sogar noch in Kombination mit einer Violine, heranwagt, dann kreisen die Gedanken zunächst nicht unbedingt um Huldigungen, sondern um die Frage: Kann das überhaupt funktionieren? Auf dieses Wagnis hat sich nun der Bassist Jacques Bono mit der Violinistin Tien-Hsin Cindy Wu eingelassen. Unter Titel "Bass'n Violin" präsentierten die beiden Musiker ihr Experiment am Samstag dem Publikum im vollbesetzten Moosacher Meta-Theater. Und die Antwort auf die Frage lautet: Ja, Bach und Bass funktionieren sogar sehr gut zusammen!

Schon das erste 20-minütige Set des Konzerts, als Bono auf seinem schlichten, eichefarbenen E-Bass einige Stücke Bachs alleine spielt, kommentiert das Publikum mit begeisterten "Fantastisch!"-Rufen. Bonos Spiel erzeugt dabei zumeist gar nicht die Klänge, die man typischerweise von einem E-Bass erwartet: keine tiefbrummenden, schweren oder bedrohlich anmutenden Töne; stattdessen eine leichte, beschwingte Melodie, ein Wechsel von langsamer, melancholischer Rhythmik hin zu einer solch schnellen, virtuosen, dass die Finger von Bonos linker Hand nur so über den Hals und die Bünde seines Instruments fliegen.

Als Bonos musikalische Partnerin Wu mit ihrer Violine hinzukommt, beginnt der Höhepunkt des Versuchs, ob diese waghalsige, moderne Interpretation Bachs neue Anhänger findet - mit Erfolg. Das Publikum in Moosach jedenfalls zeigt sich begeistert. Und tatsächlich ist es erstaunlich, wie hervorragend die klassischen, zarten Streichklänge der Violine mit den Tönen der gezupften Saiten des elektronischen Basses harmonieren: Es ist ein Duo, das kategorisch überhaupt nicht zusammenpassen dürfte und daher eher unangenehm wirken müsste - aber genau das Gegenteil trifft zu. Diese Interpretation Bachs ist sicherlich ungewohnt, aber im positiven Sinne. Eine neue Erfahrung, vielleicht vergleichbar mit Apfelstückchen im Blattsalat: Zunächst irritierend, aber nach dem ersten Bissen ist die Neugierde auf jeden Fall geweckt, wenn nicht sogar gute Chancen bestehen, das diese Kombination das neue Lieblingsgericht wird.

Trotz diesem Angriff auf die Hörgewohnheiten, der sehr viel Schönes offenbart, muss man nach dem Konzert aber auch eines feststellen: Ein exzellenter Bassist, wie Bono ohne Zweifel einer ist, kann mit seinem Instrument viel mehr anstellen, als es die Kompositionen Bachs erlauben. Das wird deutlich, als Bono im dritten Set wieder alleine die Bühne einnimmt und seine eigenen Stücke spielt. Denn dabei beweist er, dass Bassspielen nicht unbedingt nur das Zupfen der vier Saiten bedeuten muss: Bono legt das Instrument auf seinem Schoß ab, trommelt auf dem Korpus, schlägt auf die Saiten, auf das Holz, verlagert seine Percussioneinlage auf die Rückseite des Basses; jede Stelle gibt andere Töne von sich. Dann wieder zieht Bono die Saiten am Bund nach oben zusammen und wieder nach unten auseinander, was schleifend und zerrend klingt und beim Zusehen auch ein bisschen weh tut - aber ein Bass ist offenbar nicht so zimperlich, als dass er so eine Behandlung nicht unbeschadet überstehen würde.

Aber solch eine Effekthascherei bei Bach einzubauen - das wäre freilich anmaßend und fatal. Deshalb verzichtet Bono darauf ganz bewusst, wie er nach dem Konzert erzählt. "Bach ist eben Bach, da kann man nichts machen." Und das ist auch gut so. Bei diesem musikalischen Projekt vollzieht sich der Bruch mit den Hörgewohnheiten schließlich schon alleine durch die ungewöhnliche Besetzung. "Bass'n Violin", das ist experimentierfreudig genug. Und dass dieses Duo funktioniert, ist nicht selbstverständlich: Bono musste viele andere Instrumente ausprobieren, bevor er diese Kombination entdeckte und für gut befand. Alle anderen Klänge wollte nicht mit seinem E-Bass harmonieren. Damit die Kunst und Virtuosität von Bono aber vor lauter Bach nicht untergeht, gab es schließlich den letzten Teil des Konzertes. Ein runder Abschluss.

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