Kommunalwahl 2020:Vaterstettener Farbenspiele

Die CSU bringt den parteilosen Robert Winkler als Bürgermeisterkandidaten ins Gespräch, der früher für die Grünen im Gemeinderat saß. Das überrascht die anderen Parteien - und nicht nur die

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Als erste Partei steigt die CSU in den Bürgermeisterwahlkampf ein, und das gleich mit einer Überraschung: Der parteilose Robert Winkler, bis 2011 Mitglied der Grünen-Fraktion im Gemeinderat könnte für die Christsozialen antreten. Allerdings nur, wenn er sich im innerparteilichen Vorwahlkampf gegen den CSU-Gemeinderat Leonhard Spitzauer durchsetzt. Dies gab der CSU-Ortsvorstand am Wochenende bekannt. Durch zwei Kandidaten wolle man "einen breiten Dialog" führen, so der Vorstand in einer Pressemeldung. Tatsächlich geht es aber wohl auch darum, einen drohenden innerparteilichen Konflikt zu verhindern.

Denn die Kandidaten stehen für komplett unterschiedliche Wahlstrategien. Spitzauer (33) könnte man als "klassischen" Bewerber für das Bürgermeisteramt bezeichnen: Langjähriges CSU-Mitglied, Kommandant der Parsdorfer Feuerwehr, am Ort verwurzelt, Gemeinderat. Die letzten beiden Eigenschaften treffen zwar auch auf Winkler (57) zu - nur dass er bis 2011 für die Konkurrenz im Gemeinderat saß und nie einer Partei angehörte. "Das ist ein sehr innovatives Modell", umschreibt er selbst seine mögliche Kandidatur auf dem CSU-Ticket. Winkler ist sich durchaus bewusst, dass seine Unterstützer auch "wahltaktische Planungen" im Sinn haben: Schließlich, so ist sich der Kandidaten-Kandidat sicher, könnte er "breitere Wählerschichten" erschließen, als das einem CSU-Kandidaten möglich wäre.

Dass das nötig werden könnte, zeigt ein Blick auf die Sitzverteilung im Gemeinderat: Zwar hat die CSU dort mit 13 von 30 Sitzen eine große - aber eben nicht die absolute Mehrheit. Würden die Vaterstettener also bei der Bürgermeisterwahl ähnlich abstimmen, könnte diese für die CSU verloren gehen, vorausgesetzt es fände sich ein Bewerber, den alle Nicht-CSU-Wähler unterstützen könnten. Also genau so, wie es bei der Wahl 2013 passierte, als sich Georg Reitsberger in der Stichwahl gegen Bauamtsleiterin Brigitte Littke durchsetzte.

Was auch an der Art und Weise lag, wie sie damals für viele überraschend vom CSU-Ortsvorstand nominiert wurde. Nicht nur Mitglieder in Fraktion und Partei, die sich selbst für die geeigneteren Bewerber gehalten hatten, fühlten sich übergangen. Auch mancher Stammwähler - zum Vergleich: Robert Niedergesäß hatte für seine CSU die Bürgermeisterwahl zuletzt mit Dreiviertelmehrheit gewonnen - schien mit der externen Kandidatin wenig anfangen zu können. Ein Risiko, das auch diesmal im Raum steht. Denn, dass es zwei Vor-Kandidaten gibt, liege auch daran, so Spitzauer, dass es nach Bekanntwerden des Favoriten des Ortsvorstandes "manche in der CSU ein bisschen schade fanden, dass es keiner aus der Partei ist." Darum habe er seinen Hut in den Ring geworfen. Dass der Ortsvorstand dieses Mal Bewerbungen aus der Fraktion nicht unter den Tisch fallen lässt, zeigt, dass man offenbar aus dem Wahldebakel von 2013 gelernt hat.

Bei der Frage, wie es mit dem Vorwahlkampf nun weitergehen soll, geben sich alle Beteiligten betont gelassen. So nannte Ortsvorsitzender Michael Kundler den Dreikampf um den CDU-Vorsitz im vergangenen Jahr als Vorbild, also eine möglichst umfassende Präsentation der Kandidaten. Dazu soll es im Februar Termine bei Junger Union, Frauen-Union und Senioren-Union geben. Und auch für alle übrigen Mitglieder werde es eine Veranstaltung geben, so Spitzauer, auf der er und sein Mitbewerber sich und ihre Agenda vorstellen.

Die im Übrigen gar nicht so verschieden ist, findet Winkler, natürlich gebe es Konflikte, etwa die Umfahrung Parsdorf-Weißenfeld. Hierin sehe er aber kein Problem, sollte er Bürgermeister werden. Denn als solcher habe er die Entscheidungen des Gemeinderates umzusetzen. In anderen Punkten, etwa beim sozialen Wohnungsbau, sei dagegen die Schnittmenge im Gemeinderat ohnehin groß. Ob die Mehrheit der CSU-Mitglieder diese harmonischen Töne teilt, wird sich am 13. Juli auf der Hauptversammlung der Vaterstettener Christsozialen zeigen. Eines hat Winkler jedoch bereits ausgeschlossen: Falls er von der CSU nicht nominiert wird, werde er sich auch nicht von anderen Parteien aufstellen lassen, "das wäre unseriös".

Sogar "undemokratisch" sei das Vorgehen der CSU bereits jetzt, findet Günter Glier, Ortsvorsitzender der Vaterstettener Grünen. Dadurch, dass die Christsozialen die beiden vielversprechendsten Kandidaten in einem internen Vorwahlkampf antreten lassen, "greift man dem Bürger vor". Glier hätte es lieber gesehen, wenn Spitzauer und Winkler für unterschiedliche Parteien in den Bürgermeisterwahlkampf gezogen wären. Dabei verhehlt er nicht, dass auch die Grünen Winkler ein Angebot gemacht haben, "aber er hat nicht reagiert". Trotzdem sei es nicht ausgeschlossen, dass auch die Grünen Winkler im Wahlkampf unterstützen - aber noch nicht entschieden. Über diese Frage müsse man in den kommenden Wochen ausgiebig diskutieren, findet Grünen-Fraktionschef Axel Weingärtner. Persönlich halte er Winkler für das Amt durchaus geeignet, aber auch nicht für ausgeschlossen, dass er noch Konkurrenz aus den Reihen seiner alten Weggefährten bekommt. "Alles ist offen", sagt Glier, "ich will einfach einen gescheiten Bürgermeister haben".

Dass Robert Winkler darauf zumindest "ein guter Aspirant" ist, findet Sepp Mittermeier, SPD-Orts- und Fraktionsvorsitzender. Aber auch die Sozialdemokraten haben die K-Frage noch nicht geklärt. Voraussichtlich auf der Fraktions-Klausur am kommenden Wochenende könnte sich entscheiden, wer für die SPD gegen Winkler antritt. Es gebe schon einige, die dazu geeignet wären, so Mittermeier "aber niemanden, der jetzt nach vorne prescht".

Überhaupt nicht preschen will man bei der Partei des aktuellen Bürgermeisters. Bei den Freien Wählern, "hat sich noch keiner vorgestellt", um Kandidat zu werden, sagt Gemeinderat und stellvertretender Ortsvorsitzender Wolfgang Schermann. Man habe es damit aber auch nicht eilig, der Zeitplan sehe vor, bis zum Sommer darüber zu entscheiden ob man einen Bewerber aufstellt und wer es sein soll. Durch den Coup der CSU fühle man sich nicht gedrängt, so Schermann, "wir werden jetzt nicht auf einmal nächste Woche einen Kandidaten küren".

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