Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Poing:Freuen statt feiern

Poings neuer Bürgermeister heißt Thomas Stark. Der Parteilose holt für die CSU in der Stichwahl 60,2 Prozent der Stimmen

Von Johanna Feckl, Poing

Eines stand bei der Wahl zum Poinger Bürgermeister schon ziemlich früh fest: Der Rathauschef wird ab Mai 2020 nicht mehr Albert Hingerl (SPD) heißen. Im vergangenen Mai gab der 65-jährige Noch-Bürgermeister bekannt, in seinem 20. Jahr auf dem Chefsessel kein weiteres Mal zu kandidieren - denn im Falle eines Sieges mit dann 71 Jahren immer noch im Amt zu sein, "das muss nicht sein", begründete er damals seinen Entschluss. Und seit Sonntagabend ist nun auch der Name seines Nachfolgers klar: Es ist Thomas Stark. Der 55-Jährige trat als parteiloser Kandidat für die CSU gegen Reinhard Tonollo von der SPD an. Am Ende gingen 60,2 Prozent der Stimmen an Stark, 39,8 Prozent an Tonollo, die Wahlbeteiligung lag bei 63,9 Prozent. Somit endet in Poing gleichzeitig mit der Hingerl-Ära auch die der SPD als diejenige Partei, die den Posten des Bürgermeisters besetzt.

Noch vor acht Jahren, als die Poinger zum letzten Mal einen Bürgermeister wählten, holte die damalige Kandidatin der CSU mit 11,8 Prozent das bislang schlechteste Ergebnis aller Zeiten für die Poinger Christsozialen. Dass Stark nun mit 60,2 Prozent in der Stichwahl den Sieg holte, lässt sich daher wohl erst recht als großer Erfolg verbuchen. Vor allem, weil das Ergebnis bei der Wahl vor zwei Wochen ziemlich knapp ausgegangen ist: Auch da lag Stark zwar vorne, aber mit 35,1 Prozent hatte er nur zwei Prozentpunkte mehr als Tonollo, der auf 33,1 Prozent kam.

"Es ist unglaublich", sagte Stark wenige Minuten, nachdem am Sonntag der letzte Briefwahlbezirk ausgezählt war, "ich bin überwältigt." Ein Tag zum Feiern war es für den Bald-Bürgermeister trotzdem nicht, das betonte er mehrmals. Angesichts der Corona-Krise sei das unvorstellbar. Unter anderen Umständen wäre der 55-Jährige mit seinem Team von der CSU beieinander gesessen. Nach der anstrengenden Zeit, die ein Wahlkampf nun einmal so mit sich bringt - klar sei es da schade, nun trotz des Sieges nicht zusammen feiern zu können. Aber das lasse sich ja alles nachholen, so Stark, halb so wild. Erst einmal also keine Feierei, "aber ich freue mich" - und das zu Hause bei einem Glas Sekt zusammen mit seiner Frau Martina.

Es war Ende Mai vergangenen Jahres, als der Poinger Ortsverband der CSU den 55-Jährigen als ihren Mann, der künftig die Geschicke im Rathaus leiten soll, präsentierte. Die CSU-Gemeinderätin und Fraktionssprecherin Eva-Maria Lawes bezeichnete ihn damals als "Wunschkandidaten" ihrer Partei. Knapp vier Wochen später, Ende Juni also, haben die 58 wahlberechtigten Mitglieder ohne Gegenstimme dann Stark auch offiziell zu ihrem Kandidaten nominiert. "Mit Thomas Stark haben wir hervorragende Chancen, das Amt zu übernehmen", sagte Christa Stewens, CSU-Kreisrätin aus Poing sowie ehemalige Landtagsabgeordnete und Staatsministerin, in ihrer Rede auf der Veranstaltung der Mitglieder im Poinger Hof.

Sie hatte wohl Recht. Stark jedoch betonte am Sonntagabend: "Das Ergebnis war angesichts der Corona-Situation für mich null vorhersehbar." Seiner Meinung nach hat die grassierende Pandemie die Prioritäten bei den bevorstehenden Aufgaben der Gemeinde völlig verschoben - das sagte er bereits vor gut einer Woche im Gespräch mit der SZ. Dementsprechend unberechenbar sei für ihn der Ausgang der Stichwahl gewesen.

Etwas anders beurteilte das sein Kontrahent beim Ringen um das Amt des Bürgermeisters, Reinhard Tonollo von der SPD. "Ich war halt alleine", sagte er am Telefon, nachdem der Ausgang der Wahl feststand. "Die Zeichen sind für mich ja deutlich schlechter gestanden." Alle übrigen Fraktionen im Gemeinderat - FWG, Grüne und FDP - hatten im Vorfeld eine Wahlempfehlung für Stark ausgesprochen. Die Poinger Grünen, die als einzige keinen eigenen Bürgermeisterkandidaten ins Rennen geschickt hatten, standen auch im ersten Wahlgang hinter Stark.

Dass er trotzdem knapp 40 Prozent der Stimmen geholt hat und ihn damit fast 3000 von 11 494 Wahlberechtigten als neuen Bürgermeister sehen wollten, beurteilte der 54-jährige Tonollo als "unwahrscheinlich gutes Ergebnis". Er sieht das als Auftrag, sich in seiner Position als SPD-Gemeinderat, die er auch in der bevorstehenden Legislaturperiode innehaben wird, weiterhin zu engagieren. "Thomas Stark bekommt meine volle Unterstützung, das wird eine gute Zusammenarbeit."

Für den bedeutet sein Sieg auch einen Umzug: Von seinem aktuellen Büro in das des Bürgermeisters direkt gegenüber. Seit 2016 arbeitet der 55-Jährige als Geschäftsführer der Gemeinde. Vor gut 30 Jahren begann er seine Karriere im Poinger Rathaus im Bauamt, 1991 wurde er dort der Leiter, 2000 dann Referent des Bürgermeisters und Leiter des Bürgermeisteramtes. Ab Mai nun darf er sich seinen eigenen Nachfolger suchen - schließlich muss dann jemand anderes den Posten des Geschäftsführers übernehmen.

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SZ vom 30.03.2020
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